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Themen / Innere Sicherheit

Brauchen wir den Verfas­sungs­schutz? Nein!

20. September 2013

Gemeinsames Memorandum. Berlin/Norderstedt 2013

Hrsg. von Humanistische Union, vereinigt mit Gustav Heinemann-Initiative, Internationale Liga für Menschenrechte und Bundesarbeitskreis Kritischer Juragruppen.

Brauchen wir den Verfassungsschutz? Nein!

Als Ende 2011 eher zufällig die NSU-Mordserie aufflog, war die Empörung groß: Warum hatte der „Verfassungsschutz“ trotz intensiver Überwachung der „rechtsextremen Szene“, trotz zahlreicher V-Leute im unmittelbaren NSU-Umfeld angeblich weder etwas von der rassistisch motivierten Gewaltbereitschaft, noch den mörderischen Zusammenhängen geahnt? Für viele Beobachter hatte sich die Behörde als untauglich, ja überflüssig erwiesen. Wegen ihrer heillosen Verstrickung in die gewalttätige Neonazi-Szene wird sie zunehmend als gefährlich angesehen.

Das vorliegende Memorandum erinnert an die vergessenen Skandale und Bürgerrechtsverletzungen der Verfassungsschutzbehörden. Dabei wird deutlich: Die Geschichte dieses Geheimdienstes ist eine Geschichte der Rechtsbrüche, des Machtmissbrauchs und der demokratischen Zumutungen. Sein Fortbestehen verdankt er vor allem dem schnellen Vergessen der Öffentlichkeit. Die strukturelle Blindheit gegenüber echten Gefährdungen, die permanente Übertretung gesetzlicher Befugnisse und die Grenzverwischung zwischen vermeintlichen Beschützern und Gefährdern der Demokratie begleiten den Verfassungsschutz von Beginn an.

Das Memorandum hinterfragt, ob ein demokratisches Gemeinwesen überhaupt durch einen Geheimdienst zu schützen sei, der sich Deutungshoheit in den politischen Auseinandersetzungen anmaßt, die Meinungsfreiheit bedroht und mit seiner demokratisch nicht zu kontrollierenden Arbeit im Verborgenen selbst zum rechtsstaatlichen Problemfall wird.

Die Autoren zeigen, wie überflüssig der „Verfassungsschutz“ ist: Sie analysieren seine gesetzlichen Aufgaben und heimlichen Befugnisse. Für zahlreiche Aufgaben sind bereits andere Stellen und Behörden zuständig; bei Gewalt- und Straftaten werden Polizei und Staatsanwaltschaft tätig. Durch einen Wegfall des „Verfassungsschutzes“ entstünden also keine Sicherheitslücken. Seine eigentliche, zentrale Aufgabe eines „demokratieschützenden Frühwarnsystems“ schließlich kann der „Verfassungsschutz“ mit seinen fragwürdigen Mitteln und Methoden gar nicht erfüllen. Dafür erweisen sich jedoch zivilgesellschaftliche Initiativen, Medien und Wissenschaft als weitaus wirksamer.

Das Fazit des Memorandums ist deshalb eindeutig: Wir brauchen keine überflüssigen, teuren und unkontrollierbaren Verfassungsschutzbehörden – die selbst immer wieder zur Gefahr für unsere Grundrechte, für die Verfassung und den demokratischen Rechtsstaat werden. Der „Verfassungsschutz“ ist ersatzlos abzuschaffen.

Inhaltsverzeichnis:

Fünf Thesen (Seite 5)

Einleitende Bemerkungen zum „Verfassungsschutz“ (Seite 7)
     Frage nach der Notwendigkeit von Geheimdiensten
     Gesellschaftliche Vergesslichkeit als Bedingung des Weiterbestehens  des VS

1. Braucht die Demokratie ein politisches Frühwarnsystem gegen „Extremisten“? (Seite 13)
     Was stimmt an dieser Argumentation?
     Das BVerfG 2010: „Extremismus“ ist ein politischer Kampfbegriff

2. Der „Verfassungsschutz“ ist schädlich (Seite 19)
     Die Fluktuation in den Führungsetagen der Ämter …
     Der deutsche Sonderweg: Berufsverbote
     Von der Datensammelwut der „Verfassungsschützer“
     V-Leute
     Einsicht: Fehlanzeige

3. Der „Verfassungsschutz“ ist entbehrlich (Seite 37)
     Mythos: Unverzichtbarkeit
     Aufgabenanalyse im Detail
     Fazit

4. Der „Verfassungsschutz“ ist unkontrollierbar (Seite 55)
     Geheimhaltung verhindert Kontrolle
     Kontrollverbesserungen sind keine Lösung

Fazit: Der „Verfassungsschutz“ ist ersatzlos abzuschaffen (Seite 63)
     Der VS ist kein Frühwarnsystem
     Der VS ist schädlich
     Der VS ist entbehrlich
     Der VS ist unkontrollierbar
     Vergeheimdienstlichung der Polizei durch Abschaffung des VS?
     Die Grundrechte – zu kostbar für den VS!
     „Merken, wenn sich etwas zusammenbraut“
     Verbesserung druch Zentralisierung?
     Der VS – eine abzubauende Großbürokratie
     Es gibt die aktive Zivilgesellschaft

Anhang (Seite 71)
     Texte und Materialien zum Thema
     Parlamentarische Untersuchungsausschüsse
     Beratungsstellen und Initiative
     Informationen zu Rechtsextremismus und Rassismus
     Stellungnahme zur Debatte um „Verfassungsschutz“ und Geheimdienste
     Texte zur Forderung nach Abschaffung des VS
     Forschungseinrichtungen/-initiativen zum Rechtsextremismus
     Stellen und Haushaltsmittel der VS-Behörden
     Abkürzungen

Biblio­gra­phi­sche Angaben

Humanistische Union, Internationale Liga für Menschenrechte und Bundesarbeitskreis Kritischer Juragruppen (Hg.): Brauchen wir den Verfassungsschutz? Nein! Memorandum. 2. Aufl. Berlin/Norderstedt 2013
ISBN: 978-3-930416-30-1

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
Endredaktion und Gestaltung: Sven Lüders

Erarbeitet von einem Arbeitskreis der Humanistischen Union unter Beteiligung von Johann-Albrecht Haupt (Hannover), Dr. Udo Kauß (Freiburg), Dr. Till Müller-Heidelberg (Bingen), Thomas von Zabern (Bremen) unter Mitwirkung von Dr. Rolf Gössner (Bremen, Internationale Liga für Menschenrechte).

Bezugsmöglichkeiten

Das vollständige Memorandum sowie weitere Informationen zum Verfassungsschutz finden Sie in unserem Weblog www.verfassung-schuetzen.de. Eine gedruckte Fassung des Memorandums kann über den Online-Shop der Humanistischen Union oder den Buchhandel (demnächst verfügbar) bezogen werden.

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