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Es ist immer noch Platz - für die Nutzung von leerste­henden Immobilien

08. September 2015

Statt in einem der reichsten Länder der Welt für die Einhaltung verfassungsmäßiger und humanitärer Aufnahme zu sorgen, wird immer noch auf Abschreckung gesetzt und der Bedrohung von in Deutschland angekommenen Flüchtlingen wenig entgegengesetzt. Maßnahmen wie die Einstufung der Balkanstaaten zu sicheren Herkunftsländern, Forderungen nach Abschreckungsmaßnahmen wie Taschengeldkürzungen und die Wiedereinführung des Sachleistungsprinzips sollen die so genannten Flüchtlingsströme begrenzen. Dafür wird der Verstoß gegen das Urteil des Verfassungsgerichts (18.07.2012 zur Höhe der Geldleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes) in Kauf genommen und das Individualrecht auf Asyl für Anragsteller aus „sicheren Herkunftsländern“ entgegen verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben eingeschränkt. (siehe dazu Rechtsgutachten von PRO ASYL)

Bei Parolen wie „Das Boot ist voll“, die die Politik des neuen eisernen Vorhangs noch unterstützt, wird übersehen, dass die deutsche Bevölkerung, trotz eines kurzen Zwischenhochs der Geburtenrate, schrumpft und viele teure Immobilien leer stehen, und dass Deutschland auch in der Vergangenheit Flüchtlingszuzüge größeren Ausmaßes bewältigt hat.

Zumindest vor Ort sollten wir dafür sorgen, dass Flüchtlinge nicht in Turnhallen, Zelten und überbelegten Unterkünften oder gar auf der Straße leben müssen und nach einer langen, zum Teil lebensgefährlichen Flucht oder auch traumatisierenden Erlebnissen durch diese Unterbringung weiterem Stress und Krankheiten ausgesetzt sind.

Zwar gibt es auch aufgrund versäumter Förderung des sozialen Wohnungsbaus immer weniger bezahlbare Wohnungen, aber in allen Städten und Kreisen lassen sich seit Jahren leerstehende Immobilien finden, die auch zu Wohnzwecken genutzt werden könnten.

Wir fordern daher auf, dem guten Beispiel von Sylt, Olpe und anderen Städten zu folgen und geeignete, leerstehende Unterkünfte für Flüchtlinge zwangszubewirtschaften, sofern deren Eigentümer deren Vermietung verweigern.

Juristisch argumentierte die damalige Bürgermeisterin von Sylt im April dieses Jahres mit der notwendigen Gefahrenabwehr: „Wir kriegen vom Kreis im Laufe dieses Jahres noch mindestens 60 Flüchtlinge zugewiesen, und jetzt schon sind alle Unterkünfte belegt“. Da deshalb Obdachlosigkeit drohe, würde diese Situation eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen. 

Auch Tübingens Bürgermeister Palmer drohte kürzlich mit der Enteignung leerstehender Gebäude für einen Zeitraum von sechs Monaten, um Flüchtlinge nicht in Zelten unterbringen zu müssen.
In Lübeck sind die bestehenden Unterkünfte überfüllt. Abgesehen von den neuen Prognosen des Zuzugs, kommen auch jetzt schon viele Flüchtlinge aus den kurdischen Gebieten an, die notdürftig von Bekannten in bereits überbelegten Wohnungen aufgenommen werden, um nach schrecklichen Erlebnissen und/oder beispielsweise als alleinstehende Frau mit Kindern nicht in Massenunterkünften leben zu müssen.

Bürgermeister Bernd Saxe wird daher dringend gebeten, ebenfalls das Mittel der Zwangsbewirtschaftung anzuwenden. Dafür sind u.a. Leerstände wie das ehemalige Bürogebäude der Stadtwerke, jetzt im Besitz der Primetas, das Hotel am Bahnhof und das ehemalige C&A Gebäude zu überprüfen. Dabei sollten auch Mittel für Umbaumaßnahmen aus Gründen des Feuerschutzes bereit gestellt werden.
 
Übrigens: 1998 berichtete der Spiegel über die Verschärfung der Wohnungsnot durch DDR Flüchtlinge und das Mittel der Zwangsbewirtschaftung:

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13497598.html

http://www.shz.de/lokales/sylter-rundschau/sylter-buergermeisterin-beschlagnahmt-klinik-fuer-fluechtlinge-id9586416.html

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