Themen / Informationsfreiheit

Sterben „mit“ oder „an“ Corona, das ist hier die Frage!

20. Mai 2021

Klage gegen Gesundheitsamt Freiburg, das die Herausgabe der konkreten Todesursachen der mit einer COVID-19-Infektion Verstorbenen verweigert.

Täglich in der Printpresse, stündlich im Hörfunk oder in den TV-Nachrichten werden wir über den aktuellen Stand der Gefährlichkeit der Corona-Pandemie unterrichtet. Zentraler Bestandteil ist die Mitteilung der Zahl der Personen, die „im Zusammenhang mit Corona“ oder etwas differenzierend „mit oder an Corona“ verstorben sind. Und als zweite Information erfolgt die Zahl der labormäßig festgestellten Corona-Infektionen. Was im Februar 2020 noch nachvollziehbar war, das hat sich auch heute – über 1 1/4 Jahre später – nicht geändert. Immer noch wird in den offiziellen Verlautbarungen des RKI und der lokalen Gesundheitsbehörden von „im Zusammenhang mit Corona Verstorbenen“ gesprochen und eine täglich steigende Zahl der „im Zusammenhang mit Corona“, oder kurz von „Corona-Toten“ mitgeteilt.

Dabei könnten die Gesundheitsämter Genaueres mitteilen. Diese erhalten im Rahmen der obligatorischen ärztlichen Leichenschau eines jeden Verstorbenen Kenntnis von der „Todesursache/Klinischer Befund“. Penibelst werden diese in den sog. Todesbescheinigungen abgefragt nach der „vermuteten unmittelbaren Todesursache“ bzw. „vorangegangenen Ursachen“ und „Grundleiden“ oder Unfallursachen etc.. Diese Angaben interessieren aber die Gesundheitsämter, auch das Landesgesundheitsamt und erst recht das RKI nicht. Sie werden dort nicht mal ausgewertet. Die Gesundheitsämter geben nur die Angaben an das RKI weiter, die die Ärzte und Krankenhäuser im Rahmen ihrer seit dem 01.02.2020 bestehenden Corona-Meldepflicht formularmäßig gesondert mitteilen: Das Vorliegen einer labormäßig bestätigten COVID-19-Infektion ohne jegliche weitere Differenzierung nach Todesursachen.

Der Freiburger Rechtsanwalt und Vorsitzende der HUMANISTISCHEN UNION in Baden-Württemberg, Dr. Udo Kauß, wollte es genauer wissen. Er hat gestützt auf das seit 2015 geltende Landesinformationsfreiheitsgesetz beim Freiburger Gesundheitsamt beantragt, ihm anonym die jeweilig ärztlich angegebenen Todesursachen der seit dem 01.02.2020 mit einer Corona-Infektion Verstorbenen mitzuteilen. Das wurde ihm verweigert und auch der dagegen beschrittene Weg des einstweiligen Rechtsschutzes durch alle Instanzen half nicht weiter. Auch wenn diese Daten nur anonym gewünscht würden, dann könnte der Rechtsanwalt, was man ihm aber nicht unterstelle, so der VGH Baden-Württemberg, durch Hinzunahme anderer Daten die Identität dieser Verstorbenen herausfinden. Dies vertrage sich nicht mit der Schutzwürdigkeit der Hinterbliebenen, die darüber bekannt werden könnten. Der Bürgerrechtler verfolgt sein Anliegen mit Unterstützung der HUMANISTISCHEN UNION weiter. Er hat beim Verwaltungsgericht Freiburg eine umfänglich begründete Klage eingereicht.

Der Bürgerrechtler kann sich dabei auf die Aussagen des Landesdatenschutzbeauftragten Dr. Brink und des Freiburger Rechtsprofessors und Autors des führenden Kommentars zum Informationsfreiheitsgesetz, Prof. Dr. Schoch, berufen. Beide sehen die Behörden jedenfalls zur Herausgabe anonymer Daten zu den Todesursachen gesetzlich verpflichtet.

Was den Bürgerrechtler dabei umtreibt, ist eine gesellschaftliche Entwicklung: „Solcher Art verheimlichende Informationspolitik staatlicher Stellen befördert die Zweifel an der Begründetheit der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, die wir seit über einem Jahr erleben. Ich fürchte, dass solche handgreiflichen Zweifel und Unsicherheiten die Legitimität bürgerrechtlicher Kritik zu beschränken geeignet sind, weil das rechtsextreme Politikspektrum diese Kritik für seine Zwecke zu instrumentalisieren sucht.“

Dem Bürgerrechtler ist die Umstrittenheit der ärztlichen Ursachenangaben auf den Todesbescheinigungen bekannt. Er erklärt hierzu: „Es darf nicht sein, dass Behörden und Politik weiterhin mit der Zahl von „Corona-Toten“ Gewissheiten von der Gefährlichkeit der Pandemie verbreiten, wo diese so nicht bestehen. Vertrauen kann nur durch die vom Gesetz geforderte vollständige Information geschaffen werden. Nur so kann einer tiefgreifenden Spaltung der Gesellschaft entgegen gewirkt werden.“

Die HUMANISTISCHE UNION fordert daher die Gesundheitsbehörden des Landes auf, das jeder Demokratie innewohnende Wagnis einer informierten Öffentlichkeit einzugehen.

Für den Vorstand der HUMANISTISCHEN UNON, Landesverband Baden-Württemberg

gez. Prof. Dr. Britta Schinzel Walburga Büchel RA Dr. Udo Kauß

Weitere Information (Klagebegründung vom 18.03.2021 etc.) bei RA Dr. Udo Kauß, Gerberau 5A, 79098 Freiburg. Tel. 0761-70.20.93 und ra@rechtsanwalt-kauss.de

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