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Berlin: Volks­be­gehren für mehr Video­über­wa­chung vor Gericht

20. Dezember 2018

Mitteilungen Nr. 237 (3/2018), S. 17

Im Oktober 2018 beschloss der rot-rot-grüne Senat in Berlin den Gesetzesentwurf des sich euphemistisch nennenden „Aktionsbündnis für mehr Videoaufklärung und Datenschutz“ dem Verfassungsgerichtshof zur rechtlichen Prüfung vorzulegen.

In dem Gesetzesentwurf fordert das Bündnis die Ton- und Bildüberwachung an Orten, die gefährlich sind oder potentiell gefährlich sein könnten., an denen Verbrechen vorbereitet werden könnten, die historisch herausgehoben sind und/oder an denen viele Menschen sind. Das träfe, so das Überwachungsbündnis, auf ungefähr fünfzig Orte in Berlin zu, die mit über zweitausend Kameras vollständig überwacht werden sollten. Nach Ansicht der Regierung müsste an allen belebten Orten und Eingangsbereichen von öffentlich zugänglichen Gebäuden eine Ton- und Videoüberwachung installiert werden. Die Aufnahmen sollen einen Monat gespeichert und automatisch ausgewertet werden.

Schnell gründete sich gegen dieses Überwachungsvolksbegehren die „Berliner Allianz für Freiheitsrechte“ (BAfF), ein überparteiliches Bündnis von Organisationen wie Digitalcourage, Deutscher Vereinigung für Datenschutz und dem Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), Einzelpersonen, wie Canan Bayram, Rolf Gössner und Thilo Weichert, und verschiedenen Parteigliederungen, von den Jungen Liberalen über die Piratenpartei bis hin zu Bündnis 90/Die Grünen und der Linken. Die HU Berlin-Brandenburg übernahm große Teile der Organisation. Auf seiner Mitgliederversammlung lehnte der HU-Bundesverband das Ansinnen des Volksbegehrens nahezu einstimmig ab. In zahlreichen Veranstaltungen, Gesprächen, Briefen und Pressemitteilungen erklärten BAfF und HU, warum das Volksbegehren gegen Grundrechte verstößt und in dieser Form nicht akzeptabel ist.

Nachdem das Überwachungsbündnis im Februar die für die erste Stufe eines Volksbegehrens notwendige Zahl der Unterschriften abgegeben hatte, prüfte der Senat den Inhalt des Begehrens ausführlich. Am Ende seiner Prüfung folgerte der Senat, dass mit dem unpräzise formulierten  Gesetzentwurf eine vollständige Überwachung Berlins möglich und gefordert sei, zudem verstoße der Entwurf gegen Grundrechte und führe nicht zu mehr Sicherheit.

Mit der Vorlage des Gesetzentwurfs beim Verfassungsgerichtshof ist eine zentrale Forderung von BAfF und HU erfüllt. Wir sind zuversichtlich, dass das Gericht den von zahlreichen Stellen geäußerten Bedenken folgt und den Gesetzentwurf vollständig ablehnt. Ein Gerichtstermin steht noch nicht fest. Weil das Überwachungsbündnis allerdings schon ankündigte, sein Anliegen weiter zu verfolgen, müssen wir unsere Kritik an der Videoüberwachung weiterhin äußern.

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