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Lagebericht Freistaat Sachsen

17. August 2017

Anmerkungen zur Kriminalitätsfurcht, Polizeipolitik und Ausbildung der Polizei im Freistaat Sachsen, in: vorgänge Nr. 218 (Heft 2/2017), S. 135-147

Kriminalitätspolitik wird häufig mit Blick auf die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) betrieben: sinken die Fallzahlen, ist das ein Beleg für erfolgreiche Polizeiarbeit – so die landläufige Meinung. Welche Missverständnisse und Fehldeutungen es im Umgang mit der PKS gibt, und warum sinkende Fallzahlen auch ein Beleg für weniger bzw. schlechte polizeiliche Aufklärung sein können, erläutert Karlhans Liebl im folgenden Beitrag. Er geht dabei von der sächsischen Polizei aus und berücksichtigt deren schwieriges Umfeld, insbesondere die sozialen Verwerfungen und die defizitäre Ausbildungssituation der Polizist/innen im Freistaat. 

Wenn man die Probleme mit dem Neuaufbau der Polizei im Freistaat Sachsen aufzeigen will, sind zwei Vorbemerkungen wichtig, um die aufgezeigten Problempunkte verstehen zu können. Die erste betrifft die Problematik, dass alle Polizeien in Deutschland – und nicht nur die Polizei im Freistaat Sachen – mit großen Ausstattungsproblemen zu kämpfen haben: Das reicht von der immer noch nicht abgeschlossenen Einführung des Digitalfunks, der schlechten IT-Ausstattung (speziell der Software) über einen unzureichenden Fahrzeugpark und fehlende bzw. mangelhafte Schutzwesten bis hin zu Bewaffnungsdefiziten. Die Ausrüstungsdefizite sind in den Bundesländern zwar unterschiedlich ausgeprägt, jedoch wurden in den letzten 20 Jahren viele finanzielle und personelle Ressourcen gebunden und auch verschwendet.

Die zweite Vorbemerkung bezieht sich auf den Gesichtspunkt der „sozialen Umgebung“, in der die Polizeien handeln und aus denen heraus sie selbst auch handeln. Gegenüber dem Argument, dass die „Polizei auch ein Querschnitt der Bevölkerung“ sei, wird immer wieder der Einwand erhoben, dass gerade die Organisation mit dem Gewaltmonopol im Staat aufgrund ihrer speziellen Ausbildung auch eine „Neutralität“ gegenüber gesellschaftlichen Problemen oder Einflüssen aufweisen müsste. Aber kann man erwarten, dass die Beamtinnen und Beamten mit dem Anlegen der Uniform ihre Lebenserfahrungen und -umwelt gleichsam ablegen und nach einer Metamorphose ihren Dienst als „neutrale gesetzesgebundene Personen“ antreten, die nur den gesetzlichen Grundlagen verpflichtet sind. Eine solche Vorstellung ist absurd, niemand würde eine solche Anforderung z.B. an Richterinnen und Richter stellen. Es kann immer nur eine Annäherung an eine solche Forderung geben. Gerade deshalb darf das soziale Umfeld der Polizei nicht vernachlässigt werden. Der folgende Beitrag widmet sich aus diesem Grund dem Umfeld der sächsischen Polizei.

Krimi­nal­so­zio­lo­gi­sche Bemerkungen zum Umfeld „Sachsen“

Bereits erste Studien stellten nach der Wiedervereinigung in Sachsen fest, dass die Bevölkerung in großer Sorge um ihre materielle und situative Zukunft war.[1] Diese Situation schwächte sich zwar in den letzten Jahren ab, dagegen nahm die Sorge um die „gesellschaftliche Zukunft“ zu. Auch wenn diese Untersuchungen wenig Resonanz in den Medien fanden, so stellen sie die Entwicklung des Freistaates Sachsen noch in einem vergleichsweise positiven Licht dar, wenn dort nur die Erfolge herausgehoben werden und sie ein eher verfälschendes „Durchschnittslagebild“ abbilden. Dabei ist nicht wegzudiskutieren, dass Leipzig eine prosperierende Metropole und Dresden sowie das Elbtal trotz Aberkennung des Weltkulturerbe-Status‘ touristische Aushängeschilder geworden sind. Die wirtschaftliche Entwicklung ist – ungeachtet zahlreicher wirtschaftskrimineller „Rückschläge“[2] – positiv und führte zu einer Rückwanderung von jüngeren Menschen. Andererseits war der Bevölkerungsrückgang in zahlreichen Gebieten Sachsens so stark – bis über 30 % der Wohnbevölkerung, insbesondere bei den jüngeren Jahrgängen -, dass dieser auf absehbare Zeit in vielen Regionen des Freistaates nicht so schnell rückgängig gemacht werden kann. Insoweit dämmern Regionen in Westsachsen, etwa die Mulde-Täler, sowie der gesamte Osten Sachsens einer – wirtschaftlich gesehen – eher uninteressanten Zukunft entgegen. Der oftmals angesprochene „Zuzug“ von Rentnern z.B. nach Görlitz führt eher dazu, dass die betroffenen Gebiete noch mehr zu regionalen „Altersheimen“ werden als dass es zu einem kulturellen Aufschwung in diesen Regionen käme. Andererseits wird diese Tatsache immer wieder als Begründung für eine Verminderung der Polizeistärke angeführt.

Weiterhin wird in den Untersuchungen beklagt, dass der Tourismus auch in den attraktiven Landschaften nur Tagesgäste oder Fahrradfahrer anziehen würde, was weder finanzielle Nachhaltigkeit noch absehbare Prosperität zur Folge hat. Gleichfalls darf bei einer Analyse von Sachsen nicht vergessen werden, dass noch immer „trostlose Zustände“ den Alltag bestimmen, so wenn bestimmte Krebsbehandlungen für Menschen in Ostsachsen nur im 150km entfernten Dresden möglich sind. Dazu gehören auch Dorfstrukturen, die durch leerstehende Häuser bestimmt werden oder ein öffentlicher Nahverkehr, der z.B. in den Regionen um Görlitz in den vergangenen 10 Jahren um z.T. 80 % reduziert wurde. Diese Entwicklung fördert bei der Bevölkerung die eher negativen Zukunftsaussichten.

Auch in Untersuchungen zur Sicherheitslage finden sich solche Beispiele, mit denen die negative Einstellung begründet wird. Zugleich wird – bezogen auf den Tourismusaspekt – auch immer wieder darauf verwiesen, dass die „im Westen“ sich ja nicht für die die östlichen Bundesländer interessierten. „Ja, nach Dresden oder der Moritzburg da fährt man hin. Wer kommt aber schon in die Königshainer Berge, nach Zittau oder in’s Naturschutzgebiet Niederspree?“ [3] So weisen die Beurteilungen der Parteien und der Regierung, des Journalismus und der Sicherheitsorgane seit 1998 einen dramatischen Vertrauensverlust in diese Institutionen auf, wobei interessanterweise die Parteien neuerdings wieder ein wenig besser beurteilt werden. Letzteres könnte an dem Auftauchen der AfD liegen. Gleichfalls zeichnen die Zahlen auch die Entstehung der Pegida-Bewegung nach: fehlendes Vertrauen in die normalen demokratischen Institutionen korrespondiert mit der Einstellung, dass nur „der Bürger“ selbst die Sicherheit in diesem Lande übernehmen könne. Insbesondere der starke Vertrauensverlust bezüglich der Presseorgane, die am schlechtesten abschneiden, fällt ins Auge.

Die Beschreibung der Lebenssituation muss an dieser Stelle so holzschnittartig bleiben, da für weitere Erörterungen hier nicht der Platz ist und sich die Situation im Erzgebirge, der Sächsischen Schweiz oder dem Vogtland noch durch andere strukturelle Gegebenheiten unterscheidet. Trotzdem zeigte die Einstellung der Befragten in den durchgeführten Untersuchungen ein nur wenig voneinander abweichendes Bild auf, nämlich das einer von Zukunftssorgen geplagten Bevölkerung, die um ihre Sicherheit fürchtet.

Abbildung 1: Bewertung verschiedener demokratischer Gewalten in Sachsen. Werte 1 bis 6 als Schulnoten: 1 = beste Beurteilung 6 = ungenügend. Das Schaubild stellt keinen Verlauf dar, es handelt sich um vier Befragungen zu verschiedenen Zeitpunkten.

Statis­ti­sche, berichtete und profak­ti­sche „Sicherheit“ Sachsens

In der Sicherheitsdebatte wird zumeist auf die Daten der „Polizeilichen Kriminalstatistik“ (PKS) zurückgegriffen, die von der Polizei erstellt wird und die polizeilich bekannt gewordenen Fälle dokumentiert.[4] Auch im Freistaat Sachsen wird jedes Frühjahr anhand der PKS die Sicherheitslage beschrieben. So lautete z.B. die Presseerklärung des Landeskriminalamtes Sachsen zur sächsischen PKS für das Jahr 2015[5]:

Innenminister Markus Ulbig und der Präsident des Landeskriminalamtes Sachsen, Dr. Jörg Michaelis, haben heute die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2015 vorgestellt. Demnach wurden im Freistaat Sachsen im vergangenen Jahr 314.861 Straftaten registriert, 12.335 weniger als im Jahr 2014. Die Aufklärungsquote ist im Vergleich zum Vorjahr auf 55,7 Prozent gestiegen (2014: 54,8 Prozent). Die Entwicklung der Gesamtkriminalität in Sachsen wird durch den Rückgang der Eigentumskriminalität bestimmt.“ (Auszug aus der Pressemitteilung zur Polizeilichen Kriminalstatistik 2015)

In diesen Presseerklärungen wird zumeist auf den Rückgang der Kriminalität[6] oder auf den Anstieg der Aufklärungsquote als Kriterium für die Arbeitsqualität der Polizei hingewiesen.[7] Daneben wird auf einen besonderen Schwerpunkt in der Kriminalitätsdiskussion eingegangen, wobei auch hier wiederum eine positive Entwicklung hervorgehoben wird. Bemerkenswert ist – und dies trifft auf alle derartigen Veröffentlichungen in den Ländern und im Bund zu – dass dabei über alle Problempunkte der PKS hinweggegangen wird und kritische Gesichtspunkte einfach ausgeklammert werden. Beispiele sind:

  • Die erfassten „Delikte“ stellen nur den Verdacht einer strafbaren Handlung dar. Es kann sich nachträglich herausstellen, dass z.B. das Auto nicht gestohlen wurde, sondern in einem anderen Parkhaus abgestellt wurde, als vermutet.[8]
  • Fälle, in denen Polizei/Staatsanwaltschaft von einem Verdacht ausgehen, der sich jedoch im Rahmen des Gerichtsverfahrens als falsch herausstellt und es zu einem Freispruch kommt. Die „Tat“ wird dann in der PKS weiterhin ausgewiesen.
  • Erst durch eine Anzeige werden die notwendigen Voraussetzungen für die Begehung einer Straftat geschaffen. Das ist z.B. beim Versicherungsbetrug häufig der Fall, bei der der eigentliche Betrug auf einer (fingierten) Schadensanzeige (z.B. den vorgetäuschten Diebstahl eines Kraftfahrzeugs) beruht.
  • Es müssen völlig unsinnige Anzeigen aufgenommen werden – z.B. Übergriffe von Außerirdischen (wie aus Sachsen bekannt[9]) – da den Polizeibeamt*innen keine Entscheidungsfreiheit nach dem „Opportunitätsprinzip“ zugebilligt wird.
  • Der Zeitpunkt der Erfassung stimmt nicht unbedingt mit dem Tatjahr überein, so dass es zu falschen „Jahresbelastungszahlen“ kommt (z.B. der Fall des Auffindens mehrerer Babyleichen, die jedoch Jahre zuvor getötet wurden).[10]
  • Die Begriffe „Tateinheit“ und „Tatmehrheit“ bieten so viele Möglichkeiten der „Interpretation“ der polizeilichen Arbeit, dass man bei zahlreichen Tatbeständen die PKS nur als „Mogelpackung“ bezeichnen kann;[11] so z.B., wenn bei Körperverletzungen oder Tötungsdelikten mit einem Messer auch noch eine „Sachbeschädigung“ erfasst wird, da auch die Kleidung des Opfers beschädigt wurde (wie dies in Sachsen vorkam).[12]
  • Untersuchungen zur Aussagekraft der PKS weisen darauf hin, dass „Cybercrime“-Fälle häufig als „Auslandsstraftaten“ geführt wurden, was für Deutschland dann zu einem Rückgang bei der Internet-Kriminalität führte.[13]

Aufgegriffen werden soll an dieser Stelle noch ein Aspekt, der in diesem Zusammenhang nie angeführt oder angesprochen wird, nämlich dass in der Darstellung zur jährlichen Kriminalitätsentwicklung nicht zwischen den sog. Bring- (oder Anzeige-) und Hol- (oder Kontroll-)Delikten unterschieden wird. Um was handelt es sich hierbei? Bei der ersten Gruppe – darunter fallen Massendelikte wie Diebstahl, Beleidigung, Einbruch, Raub oder Sachbeschädigung – hat die Polizeistärke keinerlei Einfluss auf die Feststellung der Delikte[14], da diese von den Opfern angezeigt werden. Die Fallzahlen sind hier direkt von der Anzeigequote abhängig. Bei den Kontrolldelikten dagegen ist die Personalstärke der Polizei von erheblichem Einfluss auf die „Kriminalitätsentwicklung“: Je mehr Möglichkeiten der Kontrolle bestehen, z.B. beim organisierten Drogenhandel[15], umso mehr werden die Fallzahlen ansteigen – auch mit der entsprechenden Auswirkung auf die Aufklärungsquote.[16]Folglich hat die Kontrolltätigkeit der Polizei einen maßgeblichen Einfluss auf die Kriminalitätszahlen eines jeden Jahres. Deshalb ist es unredlich, bei den Kontrolldelikten von einer Kriminalitätsentwicklung nach der PKS zu sprechen ohne eine Aussage darüber, inwieweit sich die Kontrolltätigkeit der Polizei im betreffenden Zeitraum verändert hat.

Dieser Aspekt berührt auch den Freistaat Sachsen, wenn die Personalstärke der Polizei dort wie bei der sog. „Polizeireform 2020“ vorgesehen reduziert worden wäre (wobei die Kürzungsüberlegungen aufgrund neuerer Überlegungen wieder zurückgenommen wurden). Die Reduzierung der Personalstärke hätte sofort auf die Statistik „durchgeschlagen“: Da weniger Kriminalitätskontrollen durchgeführt werden können, hätte die PKS im nächsten Jahr einen Rückgang der Kriminalität ausgewiesen, was zugleich als Erfolg für die Kürzungsmaßnahmen bewertet worden wäre.

Um diese „Ungenauigkeiten“ der PKS zu beheben, werden in vielen Staaten sogenannte Dunkelfeldforschungen durchgeführt. Dabei soll durch eine repräsentative Befragung von Bürger*innen herausgefunden werden, wie hoch die tatsächliche Kriminalitätsbelastung ist, aber auch warum diese Delikte nur zum Teil den Strafverfolgungsorganen bekannt gegeben wurden.[17] Auch im Freistaat Sachsen regte das Landeskriminalamt eine solche Untersuchung an, die dann 2010 vom Verfasser durchgeführt werden konnte. In der Zwischenzeit liegt eine weitere Untersuchung für Sachsen aus dem Jahre 2014 vor, welche ein einmaliges Bild über die Entwicklung der Kriminalität im Dunkelfeld in einem Flächenbundesland darstellt.[18] Die Untersuchungen, auf deren Ergebnisse hier im Einzelnen nicht eingegangen werden kann, zeigten jedoch, dass insbesondere bei der Eigentumskriminalität bis zu 75 % der Vorkommnisse nicht den Strafverfolgungsorganen gemeldet werden und dieser Anteil für das Jahr 2013 teilweise erheblich zugenommen hat. Hier liegt also ein Kriminalitätsaufkommen vor, das im Dunkelfeld bleibt. Warum wurden nun diese Fälle nicht den Strafverfolgungsorganen bekannt gemacht? Am häufigsten gaben die Befragten an, dass man keinen Sinn in einer Anzeige bei der Polizei sehe, da diese den Fall sowieso nicht aufklären könne und sie demnach auch den Geschädigten nichts nützen würde.[19]

Die Ergebnisse der Dunkelfeldforschung korrespondieren auch mit der „gefühlten“ oder „profaktischen Sicherheit“ in Sachsen. In beiden Untersuchungen wurde nach der Wahrnehmung der Kriminalität gefragt. Die Sicherheitslage im Freistaat wurde von 2010 auf 2014 wesentlich schlechter eingestuft und hatte bei nicht wenigen Bewohnern auch eine Veränderung des Freizeitverhaltens – besonders in den Abendstunden – zur Folge.[20] Ein kriminologisches Projekt im Bereich Ostsachsen brachte beängstigende Ergebnisse zu Tage: In der nur dünn besiedelten, dörflich geprägten Region fühlten sich 47 % der Bewohner nach Einbruch der Dunkelheit „sehr bzw. ziemlich unsicher“. Am Tage traf dies noch auf 1/5 der Bewohner zu, wobei interessanterweise auf Fragen nach der Betroffenheit durch kriminelle Handlungen fast keiner der Einwohner eine eigene Opferwerdung berichten konnte.[21] Die Analyse, die durch die Kommunen angeregt wurde, sollte[22] eine wissenschaftliche Begründung dafür liefern, dass sogenannte „Bürgerwehren“ zur Hebung des Sicherheitsgefühls eingeführt werden können. Aufgrund der gewonnenen Ergebnisse und aus kriminologischer Sicht wurde dies jedoch nicht befürwortet, worauf die Zusammenarbeit durch die Gemeinden abgebrochen und „Bürgerwehren“ durch die örtlichen Feuerwehren aufgestellt wurden. Da in Ostsachsen bekanntermaßen zahlreiche Mitglieder dieser Einrichtung eine rechtsgerichtete Einstellung haben, kann man sich dem Verdacht nicht verschließen, dass von vornherein die Absicht bestand, solche „Bürgerwehren“ wissenschaftlich abgesichert zu institutionalisieren.

Polizei­aus­bil­dung in Sachsen in der Nachwen­de­zeit

Über den Umfang der rechtsextremistischen Straftaten im Freistaat Sachsen wurde seit den Ausschreitungen in Hoyerswerda 1991 viel berichtet. Es ist nicht der Sinn dieses Beitrages, dies alles nachzuerzählen. Bemerkenswert sind jedoch einige Tatsachen, die bisher wenig problematisiert wurden und die bei der Beantwortung der Frage helfen können, warum die Polizeibehörden bei ihren Ermittlungen gegen Rechte scheinbar wenig erfolgreich waren. Dabei wird nicht auf die Arbeit der Gerichte, die solche Taten zum Teil (z.B. bei den Skinheads Sächsische Schweiz, SSS) nur zögerlich aburteilten, oder die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaften eingegangen, da sich dies einer Analyse bisher völlig entzieht.


Abbildung 2: Plakat aus dem Leipziger Raum

Wenn man den Rechtsradikalismus im Freistaat Sachsen anspricht, dann sollte man nicht vergessen, dass in Reaktion auf die Vorfälle in Hoyerswerda bereits im Jahre 1991 auf Initiative des damaligen Innenministers Heinz Eggert die sogenannte „Soko Rex“ gegründet wurde, die sich mit Rechtsradikalismus befasste. Auch heute besteht diese Abteilung der Kriminalpolizei weiterhin, sie untersteht jetzt dem „Operativen Abwehrzentrum (OAZ)“. Zum Arbeitsaufkommen dieser Ermittlungseinheit berichtete ein ehemaliger Leiter, dass pro Jahr fast 600 Fälle mit einer Aufklärungsquote von ca. 90 % bearbeitet wurden.[23] Da die Fälle bisher keiner wissenschaftlichen Begleitforschung unterlagen, kann nur darüber spekuliert werden, ob es sich dabei um die Aufdeckung von rassistischen Schmierereien, Beleidigungen von Personen mit Migrationshintergrund oder um schwere Körperverletzungen, Bedrohungen oder Brandstiftungen handelte. Auch die Aufklärungsquote sagt wenig aus, wie oben erläutert. Letztendlich stehen dem OAZ in fünf regionalen Ermittlungsabschnitten insgesamt nur 65 Beamtinnen und Beamte zur Verfügung, was im Polizeialltag höchstens dafür reicht, um Ermittlungen „vom Schreibtisch aus“ zu führen und bei mehrmaligem Nichterscheinen einer beschuldigten Person den Vorgang wegen Fristablauf zur weiteren Entscheidung der Staatsanwaltschaft zu übergeben.[24] Die „Erfolge“ solcher Unterbesetzung und dadurch eingeschränkter Ermittlungstätigkeit kann man sich leicht vorstellen.[25]

Wie die bescheidene personelle Ausstattung dieser Ermittlungseinheit, so waren auch die verschiedenen Aktivitäten des Innenministeriums zur Aufarbeitung von fremdenfeindlichen Einstellungen innerhalb des Polizeiapparates und der Implementierung eines Programms zur Förderung der interkulturellen Kompetenz von wenig Ausdauer geprägt. Dies soll anhand einiger Beispiele kurz beleuchtet werden: Eine vom Bundeskriminalamt (BKA) [26] geförderte Studie zum Thema „Polizei und Fremde“ von Bornewasser u.a. untersuchte „jene strukturelle(n) Faktoren, die die Entwicklung und Emotionen sowie die Genese von Übergriffen und illegalem Polizeihandeln bedingen oder doch begünstigen.“ Die Studie kam u.a. zu dem Ergebnis, dass es sich bei den fremdenfeindlichen Einstellungen und Handlungsweisen „weder um ‚bloße Einzelfälle‘ noch um ein ‚systematisches Verhaltensmuster der Polizei‘ handelt, sondern dass die Kumulation von Belastungen in Ballungszentren mit hoher illegaler Einwanderung und Kriminalität sowie bei Großeinsätzen gegen verbotene Demonstrationen manche Beamte überfordert“[27]. Die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und die Polizei Rheinland-Pfalz kam im gleichen Zeitraum zu ähnlichen Ergebnissen – auch wenn dies oftmals den Erfahrungsberichten Betroffener widersprach.[28]

Aufgrund dieser Forschungsergebnisse sollte auf Anregung des Arbeitskreises Kripo der Innenministerkonferenz in ausgewählten Bundesländern, darunter auch für den Freistaat Sachsen, Leitlinien zur Aus- und Fortbildung der Polizei im Umgang und den besonderen Stresssituationen mit Personen mit Migrationshintergrund erarbeitet werden. Der Autor gehörte einer durch das Sächsische Staatsministerium des Innern (SMI) eingerichteten Arbeitsgruppe an, die die vorliegenden Forschungsergebnisse umsetzen, ihre Relevanz für den Freistaat Sachsen prüfen und die erarbeiteten Maßnahmen für die Aus- und Fortbildung nutzen sollte. Aus Vorerhebungen war bekannt, dass sich die sächsische Landespolizei vorher nicht mit dem Thema beschäftigt hatte. Die Arbeitsgruppe stellte schnell fest, dass es keine sinnvolle Vorgehensweise wäre, dieses Thema im Rahmen der sogenannten „Kleinen Fortbildung“ auf den Polizeirevieren durch den Revierleiter aufzugreifen. Vielmehr könnte eine angemessene Beschäftigung mit dem Thema „Polizei und Fremde“ nur im Rahmen einer besonderen Aus- und Fortbildung erfolgen. Mit diesem Zwischenergebnis wurde die Arbeitsgruppe in einen „ruhenden Zustand“ versetzt, bis neue Leitgedanken von Seiten SMI erarbeitet sein sollten. Dieses „Ruhen“ dauert bis heute an. Keine der vorgeschlagenen Maßnahmen wurden in der Ausbildung der sächsischen Polizei umgesetzt; auch Fortbildungsmaßnahmen in diesem Bereich sind nicht bekannt. So muss man den Eindruck gewinnen, dass das Thema „Polizei und Fremde“ im Freistaat Sachsen kein Problem darstellt. Es fanden noch zwei größere Tagungen auch unter Einbeziehung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochschule der Sächsischen Polizei statt, die explizit die Aktivitäten der rechtsradikalen Gruppierungen im Freistaat Sachsen zum Gegenstand hatten. Diese Tagungen kamen in verschiedenen Arbeitsgruppen zu dem Schluss, dass auf Grund der vorgestellten Arbeitsergebnisse es weiterführender Diskussionen und auch wissenschaftlicher Unterstützung durch die Hochschule(n) bedarf, um mögliche Maßnahmen zu erarbeiten. Auch diese Arbeitsgruppen „ruhen“ seither. In diesem Zusammenhang ist abschließend ein von der Präventionsabteilung der Polizeidirektion Görlitz angeregtes Schulprojekt zu nennen, das in Ostsachsen den Einfluss rechtsradikaler Gruppen auf die Freizeitgestaltung der Schülerinnen und Schüler, aber auch deren Einfluss innerhalb der Schulen (z.B. durch Propaganda auf den Schulhöfen) untersuchen sollte. Die wissenschaftliche Begleitung sollte durch die Hochschule der Sächsischen Polizei erfolgen. Das wegweisende Projektdesign hätte jedoch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Hochschule benötigt, die trotz vorhandener finanzieller Mittel nicht eingestellt wurden. Aus diesem Grunde zog der Landespräventionsrat die Projektbegleitung an sich und seither „ruht“ auch dieses vielversprechende Präventionsprojekt. [29]

In den letzteren Ausführungen wurde immer wieder die Ausbildungssituation der Polizei im Freistaat Sachsen angesprochen. Dabei ist zu bedenken, dass die Polizei in Sachsen noch eine dreigeteilte Laufbahn aufweist, d. h. dass es Polizeischulen für den sogenannten mittleren Dienst und die Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) für den gehobenen und höheren Dienst gibt. [30] Auch wenn an dieser Stelle keine Aussagen über die Inhalte der gesamten Ausbildungen gegeben und keine Bewertung des gesamten Inhalts der Lehrveranstaltungen vorgenommen werden können, sollen dennoch Problempunkte der Ausbildungssituation der sächsischen Polizei angesprochen werden.

Liegen die Polizeischulen für die Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes noch an Standorten der Bereitschaftspolizei nahe den städtischen Zentren, so wurde die Hochschule der Sächsischen Polizei zur Förderung des strukturschwachen Raumes in Ostsachen, in Rothenburg/Oberlausitz, in einer ursprünglichen Fliegerkaserne der Nationalen Volksarmee der DDR eingerichtet. Der Standort weist strukturelle Mängel auf, die die Ausbildung wesentlich beeinträchtigen: So fehlt eine Anbindung an andere wissenschaftliche Einrichtungen im Freistaat, die nächsten Wissenschaftsstandorte (in Zittau/Görlitz, Dresden oder Cottbus sind 1 Autofahrstunde oder weiter entfernt ist; in der Bibliothek der Hochschule stehen Bücher und Zeitschriften nur im beschränkten Umfang zur Verfügung … Wissenschaftliche Diskussionen kommen daher nur schwer in Gang. Ein akademischer Mittelbau, der Kleingruppen betreuen oder die gesetzlich vorgesehenen Forschungsleistungen unterstützen könnte, wurde in den 20 Jahren ihrer Existenz nicht eingerichtet und scheint nicht erwünscht zu sein. Hinzu kam, dass über ein Jahrzehnt die Stelle des Rektors oder Pro-Rektors vakant war und die Hochschule von einem Fachbereichsleiter vertretungsweise geleitet wurde. [31] Grundsätzliche Neuerungen oder eine Entwicklung des Ausbildungskonzeptes konnten in diesem Zeitraum weder verwirklicht noch beim SMI durchgesetzt werden. [32]

Die mangelhafte Infrastruktur der Hochschule schlägt sich auch in der Ausbildung nieder: Diese findet nicht in Seminaren, sondern meist frontal statt, die von 8 h morgens bis ca. 17 h nachmittags mit kurzen Unterbrechungen dauern. Um den Anfahrtsaufwand z.B. von Lehrbeauftragen zu vermindern, umfassen manchen Seminarvorlesungen einen Zeitraum von 4 oder 6 Lehrstunden, oder aber ein Studieninhalt wird bereits am nächsten Tag fortgesetzt, sodass den Studierenden keine Möglichkeit zur Nach- oder Vorbereitung bleibt.[33]

Dazu kommt, dass die Bachelor-Ausbildung im letzten Jahr nochmals verkürzt wurde und heute nur noch 2 Jahre für die Vermittlung von „Wissen“ verbleiben (während in den meisten anderen Bundesländern eine dreijährige Ausbildung vorgesehen ist). Die Reduzierung traf vor allem die sogenannten „Wahlfächer“, bei denen die Studierenden noch aus einem Angebot interessierender Seminare wählen konnten. Insoweit haben auch Themen wie „Polizei und Fremde“ keinen Platz innerhalb der Ausbildungsstruktur. Auch die Themen Nationalsozialismus und nationalsozialistische Bewegung in Sachsen wird nach dem Lehrplan in wenigen Stunden eher politikwissenschaftlich-historisch abgearbeitet, als dass sie einen Schwerpunkt in der Ausbildung des gehobenen Polizeivollzugsdienstes darstellen.[34] Insoweit finden auch Unterrichtseinheiten zur interkulturellen Kompetenz – wie dies an anderen Polizeihochschulen schon seit Jahren der Fall ist [35] – keinen Raum, die Ausbildung ist nur auf einen „Generalisten“ der Polizeiarbeit auf niedrigster Ausbildungsstufe ausgerichtet. Bei einer Studiendauer von nur noch 2 Jahren bleibt kein Raum für Spezialisierungen z.B. im Bereich der kriminalpolizeilichen Tätigkeit, der Vermittlung von speziellen Kenntnissen der Korruptionskriminalität, der Wirtschafts- oder Internetkriminalität, der Organisierten Kriminalität …; es nur die allgemeinen Grundlagen vermittelt werden. [36]

Von 1992 bis 2015 gab es keine Abstimmung zwischen dem Fortbildungsinstitut der sächsischen Polizei, das in Bautzen angesiedelt ist, und der Hochschule der Sächsischen Polizei, die für die Ausbildung zuständig ist. Mittlerweile wurde das Aus- und Fortbildungsinstitut in die Hochschule der Sächsischen Polizei eingegliedert. Bisher ist jedoch noch keine sinnvolle Verzahnung zwischen Aus- und Fortbildung zu erkennen,  die Fortbildung beschränkt sich überwiegend auf Sprachkurse, als dass tatsächlich auf Probleme im Freistaat Sachsen eingegangen wird. [37]

Abschließend ist auch noch auf die „Wissenschaftsfeindlichkeit“ des sächsischen Innenministeriums abzuheben. Dort wurden die Ergebnisse der oben beschriebenen Dunkelfeldforschung schlicht nicht zur Kenntnis genommen, angesetzte Presseerklärungen oder Präsentationen der Ergebnisse jeweils kurzfristig abgesagt. Die Resultate der Untersuchung wurden erst nach einer „Kleinen Anfrage“ im Sächsischen Landtag von der Hochschule abgerufen. Dazu passt, dass die Hochschule der Sächsischen Polizei seit zwanzig Jahren über keine eigenen Forschungsmittel verfügt, weshalb es im Freistaat Sachsen auch keine polizeiwissenschaftliche Forschung gibt.

Epilog

Zusammenfassend kann man sagen, die Ausbildung der Landespolizei Sachsen beschränkt sich auf die fachlich reduzierteste Art einer Qualifikation für die mittlere Führungsebene (also „Kommissare“ bis „Erste Hauptkommissare“). [38] Als wichtigster Grund für diese eingeschränkte Ausbildung wird der Einspareffekt genannt. Zur Bestätigung dieser Argumentation wird auf die statistischen Erfolge in der jährlichen PKS verwiesen, die die gute Arbeit der Landespolizei und damit die Formel unterstreiche: einfach – billig – gut.

Keinesfalls sollen meine Ausführungen als umfassende Bewertung der Ausbildung der sächsischen Polizei verstanden werden. Bei einer kritischen Betrachtung ist immer auch zu bedenken, dass die sächsische Polizei sicherlich nicht (viel) mehr Polizistinnen und Polizisten mit nationaler Einstellung hat als andere Länderpolizeien. Auch die Einwohner dürften nicht rechtsextremistischer eingestellt sein, als dies in anderen Bundesländern der Fall ist. Die Konzentration der Berichterstattung über Pegida-Demonstrationen auf den Freistaat Sachsen [39] zeigt eigentlich nur, dass die Medien und andere gesellschaftliche Organisationen auf einem Auge blind sind oder es gut finden, dass es eben (nur) in Sachsen solche Ausschreitungen gibt. Dabei wird vergessen, dass die Pegida-Teilnehmer nicht nur aus Dresden, Freital oder Ostsachsen stammen, sondern auch aus anderen Bundesländern anreisen. Wer spricht aber schon über die jeden Samstag stattfindenden rechten Aufmärsche oder Treffen im südlichen Brandenburg, im Mansfelder Land oder Westmecklenburg? Nicht zu vergessen die Aktionen von Neo-Nazis in Dortmund oder Mühlheim bzw. anderen nordrheinwestfälischen Städten, über die man– wenn überhaupt – nur sporadisch irgendeinen Hinweis in den Medien findet. Deutschland müsste daher den Blick weg von „Sachsen“ finden und sich eher der Frage stellen: „Warum ist der Schoß noch so fruchtbar?“ Dafür bedarf es im Wesentlichen zwei Voraussetzungen: Einmal muss es zu einer Spezialisierung der Polizei kommen, es können nicht weiterhin „Generalisten“ ausgebildet werden, die heute den Verkehr umleiten und morgen die Ermittlungen im Bereich der Wirtschaftskriminalität führen. Zum anderen muss sich die Polizei wieder verstärkt der Sicherheitsforschung zuwenden. Die Sicherheitslage sollte auch in Zeiten des Terrors erforscht, aber auch die Einstellungen und die Defizite im Umgang mit den verschiedenen Kulturen in einer vernetzten und globalisierten Welt in den eigenen Reihen untersucht werden. Das Versäumnis der deutschen Sicherheitsforschung zeigt sich paradigmatisch an den Sicherheitsberichten, die federführend vom BKA erstellt wurden: Der aktuellste Bericht stammt aus dem Jahre 2006.

KARLHANS LIEBL   Prof. für Kriminologie, Dr. phil., geb. 1951, 1976 – 1992 Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Forschungsgruppe Kriminologie; 1992 – 1996 Forschungsprojekte zu kriminologischen und soziologischen Themen; 1995 – 2016 Professur an der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH), Rothenburg/OL und Mitbegründer des Arbeitskreises „Empirische Polizeiforschung“; z.Zt. Forschungsprojekt im Rahmen der Sicherheitsforschung des BMBF. Jüngste Veröffentlichungen: Kriminalitätsbelastung und Viktimisierungen im Zeitlauf, Untersuchungen zum Dunkelfeld im Freistaat Sachsen 2010 und 2013 Baden-Baden (Nomos) 2016; Empirische Polizeiforschung XX: Polizei und Minderheiten, Frankfurt (Verlag für Polizeiwissenschaft) 2017; Arzneimittelkriminalität in Deutschland, Rothenburg (Hochschulverlag) 2017.

Anmerkungen:

1 Vgl. dazu die Veröffentlichungen, Sterbling, Anton, unter: www.polizei.sachsen.de/de/dokumente/PolFH/TitellisteXBd80.pdf zu Hoyerswerda und Görlitz.

2 Hier seien beispielhaft nur die Subventionsproblematiken in Ostsachsen im Zusammenhang mit Flugplätzen und Industrieansiedlungen im Holzverarbeitenden Gewerbe angeführt sowie die letztendlich noch immer nicht aufgeklärten Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Autobahnbau (z.B. A 72/A 4) oder der Olympiabewerbung.

3 Interviewzitate aus einer Untersuchung zum Sicherheitsgefühl, vgl. Liebl, Karlhans (Hg.), Subjektive Sicherheit in einem Grenzland, Rothenburg 2015.

4 S. dazu ausführlich Liebl, Karlhans, Kriminalität, Kriminalitätserfassung und Fragen des Dunkelfeldes, Frankfurt 2013.

5 Unter www.polizei.sachsen.de/de/dokumente/LKA/PolizeilicheKriminalstatistikX2015.pdf (vom 7.11.2016).

6 Sollte sich doch in einem Jahr einmal ein Anstieg ergeben haben, so wird dieser oftmals „positiv“ begründet oder relativiert.

7 Die Aufklärungsquote hatte bei ihrer Einführung tatsächlich die Bedeutung, dass sie auf Ermittlungsschwierigkeiten hinwies. Heute wird jedoch die Aufklärungsquote von den Innenministern als Qualitätsaussage für die Arbeit der Polizei verfremdet. Insoweit wird jedes Jahr ein erheblicher Aufwand betrieben, die Aufklärungsquote erfolgsorientiert zu errechnen.

8 Im Jahre 2012 wurde der Straftaten- und Merkmalskatalog im Zusammenhang mit der Einzeldatensatzlieferung an das BKA erweitert. Damit sollen weitere Analysemöglichkeiten verbunden sein. Die Frage bleibt jedoch, inwieweit diese Möglichkeiten tatsächlich genutzt werden können, da aufgrund der Detaillierung mit zunehmenden Einordnungsproblemen zu rechnen ist. Vgl. z.B. eine erste Auswertung durch Guzy zu Körperverletzungsdelikten (vgl. Guzy, Nathalie, Neue Analysemöglichkeiten der Polizeilichen Kriminalstatistik, in: Kriminalistik 10, 2012: 581-587).

9 S. eine „Kleine Anfrage des Sächsischen Landtages“ von 2004.

10 Vgl. dazu u. a. Spiegel-Online vom 1.12.2008 unter www.spiegel-online/panorama/Justiz/babyleichen_in_tiefkuehltruhe (17.12.2012).

11 Bis hin zu tatsächlichen Fälschungen, wenn bestimmte Fälle nicht mehr in die laufende Jahresstatistik aufgenommen werden.

12 Aufgegriffen von „Der Honigmann sagt: Karlhans Liebl und wie die Polizei-Statistik Verbrechen verheimlicht“, unter http://archive.is/IdRxN (vom 17.7.2017).

13 Vgl. dazu gleichfalls http: //www.heise.de/newsticker/meldung/Internet-Kriminalitaet-Trau-keiner-Statistik-1581797.html vom 16.7.2012).

14 Die Bearbeitungszeit soll hier außer Acht bleiben.

15 Weitere Kontrolldelikte sind z.B. der gesamte Leistungsbetrug oder die Mehrzahl der Verkehrsdelikte.

16 Da Kontrolldelikte immer eine fast 100 %ige Aufklärungsquote aufweisen – der Täter oder die Täterin wurde ja bei der Handlung festgestellt -, kann damit die Gesamtstatistik auf ein besseres Niveau gehoben werden.

17 Vgl. dazu ausführlich Liebl, Karlhans, Viktimisierung, Kriminalitätsfurcht und Anzeigeverhalten im Freistaat Sachsen, Frankfurt 2014.

18 Vgl. Liebl 2014 a.a.O.; Liebl, Karlhans, Kriminalitätsbelastung und Viktimisierungen im Zeitlauf, Baden-Baden 2016.

19 Vgl. ausführlich Liebl 2016 a.a.O., S. 147ff.

20 Vgl. Liebl 2016 a.a.O., S. 45ff.

21 Vgl. dazu Liebl 2015 a.a.O.

22 So z.B. Alexander Kempf in der Sächsischen Zeitung vom 8.1.2014.

23 Unter www.tagesschau.de/multimedia/politikimradio/audio103262.html (vom 15.11.2016).
24 Man bedenke nur die großen Einzugsgebiete, in denen der Rechtsextremismus sich verfestigt hat, so im Leipziger Umland, die Gebiete um Wurzen, Torgau, der Region Colditz – Waldheim – Wechselburg–Mittweida, Zwickauer Land, östliche Erzgebirge mit Freital und die Sächsische Schweiz oder Ostsachsen. Dazu kommen die Großstädte wie Dresden und Leipzig, sodass es fast leichter fällt, nicht problematische Gebiete für Sachsen aufzuzählen.

25 Wie eines der wenigen öffentlich bekannten Beispiele dieser Ermittlungseinheit zeigt: Anhand eines Überfalls auf Fußball-Fans berichtete Spiegel-Online schon 2009 über die Probleme der Ermittlungsarbeit gegen Rechts. An in diesem Fall sollen 16 Ermittler beschäftigt gewesen sein, deren langwierige Ermittlungen jedoch zu keinem Erfolg führten (vgl. Spiegel-Online v. 6.11.2009).

26 Bornewasser, Manfred/Eckert, Roland, Belastungen und Gefährdungen von Polizeibeamtinnen und -beamten im alltäglichen Umgang mit Fremden, Abschlussbericht zum Projekt „Polizei und Fremde“, Münster/Trier 1995.

27 Zitate aus der Untersuchung von Bornewasser/Eckert, a.a.O.

28 Vgl. Murck, Manfred/Schacht, Konrad, Hilflos gegen Rechtsextremismus?, Köln 1995; vgl. dazu auch Wagner, Ulrich/van Dick, Rolf/Christ, Oliver, Möglichkeiten der präventiven Einwirkung auf
Fremdenfeindlichkeit, Gutachten der Stadt Düsseldorf, 2001.

29 Dies aufgrund der Annahme, dass auch der Internetauftritt nicht mehr aufrufbar ist.

30 Jetzt zumeist mit dem Abschluss Bachelor für den gehobenen Polizeivollzugsdienst (Kommissar bis Erster Polizeihauptkommissar) und Master für den höheren Dienst (ab Polizeirat). Das zweite Studienjahr des Masterstudiums wird an der Hochschule der Deutschen Polizei in Münster durchgeführt, die auch die Verantwortung für die Studiengestaltung hat.

31 Vgl. dazu die Ausführungen in: Thewes, Wilfried/Sterbling, Anton/Burgheim, Joachim, Der Aufbruch Europas ins 21. Jahrhundert und die Hochschulausbildung der Polizei, Festschrift für Wolfgang
Geierhos zum 60. Geburtstag, Rothenburg 2000.

32 Die Nicht-Besetzung stand auch im Zusammenhang mit der jahrzehntelangen Diskussion darüber, ob die beiden internen Fachhochschulen (Hochschule der Polizei und Verwaltungshochschule Meißen) nicht am Standort Meißen zusammengelegt werden sollten, um z.B. Dozentenstellen einzusparen. Diese Diskussion hatte einen planerischen und organisatorischen Stillstand an der Hochschule der Polizei zur Folge, der erst in den letzten Jahren mit einer Entscheidung für den bisherigen Standort und der Berufung eines Rektors beendet wurde.

33 Vgl. dazu mit weiteren Nachweisen: Frevel, Bernhard/Liebl, Karlhans, Stand und Perspektiven der Polizeiausbildung, Frankfurt (Empirische Polizeiforschung IX) 2007.

34 Ein Grund lag auch darin, dass die Stelle mit einem Historiker besetzt wurde, der dann auch noch vertretungsweise für mehrere Jahre die nicht besetzte Rektorstelle betreuen musste. Die zur Aufrechterhaltung der Lehre beschäftigen Lehrbeauftragen mussten einen zeitlich abgekürzten Studienplan umsetzen.

35 Vgl. dazu z.B. Ausländerbeauftragte des Landes Brandenburg, Dokumentation „Interkulturelle Kompetenz in der Polizeiausbildung“, Potsdam 2004 – und Folgeveranstaltungen (an der keine Vertreter/
innen aus dem Freistaat Sachsen teilnahmen) oder für die europäischen Polizeibehörden: Council of Europe, Police training concerning migrants and ethnic relations, Brüssel 1994.

36 So bereits ausführlich dargestellt in: Liebl, Karlhans, Notwendigkeit einer Polizeiwissenschaft vor dem Hintergrund von Defiziten in der polizeilichen Aus- und Fortbildung, in: Polizei-Führungsakademie,
Polizeiliche Handlungslehre – Polizeiwissenschaft, Münster/Lübeck 2000, S. 83-99.

37 Probleme eines „inneren Widerstandes“ der Fortbildungsabteilungen können hier nur erwähnt, jedoch nicht analysiert werden.

38 Dabei darf nicht vergessen werden, dass gerade diese „mittlere Führungsebene“ eine wichtige Vorbildfunktion in der Polizei hat.

39 So z.B. Zeit-Online vom 17.9.2015 unter www.zeit.de/2015/36/sachsen-rechtsextremismus-fremdenfeindlichkeit
(Aufruf vom 1.11.2016).

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