Themen / Datenschutz

Verwal­tungs­mo­der­ni­sie­rung und Datenschutz sind kein Widerspruch

06. April 2021

Umstrittenes Registermodernisierungsgesetz tritt in Kraft

Das höchst umstrittene Registermodernisierungsgesetz (RegMoG) ist vom Bundespräsidenten ausgefertigt worden und tritt nun schrittweise in Kraft. Wesentlicher Bestandteil des RegMoG ist das Identifikationsnummerngesetz. Darin ist eine Umwandlung der 2007 eingeführten Steuer-ID in eine allgemeine Identifikationsnummer vorgesehen. Damit sollen Daten zwischen den 56 wichtigsten öffentlichen Registern mittels der Steuer-ID ausgetauscht, abgeglichen und verknüpft werden.

Vordergründig wirkt das RegMoG wie ein entscheidender Schritt hin zur Modernisierung des verstaubten Verwaltungsapparats. Die datenschutzrechtlichen Konsequenzen sind jedoch gravierend. Die Zuordnung einer eindeutigen Kennung zu den Daten in den Registern verschiedener Behörden ermöglicht die Verknüpfung unterschiedlichster sensibler Daten der Bürger*innen. Daten wie die über Verwandtschaftsverhältnisse, Gesundheit oder Hartz-IV-Bezüge könnten zusammengeführt werden. „Somit können detaillierte Persönlichkeitsprofile über jede*n Bürger*in erstellt werden“, befürchtet Prof. Dr. Rosemarie Will, Mitglied im Bundesvorstand der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union (HU).

Eine umfassende Registrierung und Katalogisierung von Personen ist unvereinbar mit der Menschenwürde (vgl. BVerfGE 27, 1 [6]). Aus diesem Grund hat das Bundesverfassungsgericht die Einführung eines Personenkennzeichens (PKZ) für unzulässig erklärt (vgl. BVerfGE 65, 1 [53]). Zudem missachtet das RegMoG das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, das seit dem Volkszählungsurteil von 1983 durch das Bundesverfassungsgericht anerkannt ist. Jede Person hat das Recht darauf, selbst zu entscheiden, welche Daten über sie gesammelt und zu welchem Zweck sie benutzt werden. Somit stellt das RegMoG eine weitere Etappe hin zum Gläsernen Menschen dar und ignoriert verfassungsrechtliche Grundsätze.

Die Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung sind geprägt von großen Versäumnissen. Eine Sanierung der digitalen staatlichen Infrastruktur ist notwendig und dringend. Allerdings sind Datenschutz und Verwaltungsmodernisierung kein Widerspruch in sich, wie es mit der Einführung des RegMoG unterstellt wird, sondern müssen Hand in Hand gehen. Statt Effizienz und Einfachheit der Verwaltung gegen Bürgerrechte zu stellen, müssen datenschutzkonforme Alternativen gefunden werden, die die Würde des Menschen achten.

Schon bei der Einführung der Steuer-ID 2007 machte die HU auf die Gefahr aufmerksam, dass mithilfe der Steuer-ID der Grundstein für ein einheitliches PKZ gelegt sei. Diese Befürchtung realisiert sich nun mit der durch das RegMoG eingeführten allgemeinen Identifikationsnummer. Wie viele andere Stimmen, wurden auch die Zweifel der HU am RegMoG im Gesetzgebungsprozess nicht berücksichtigt.

Prof. Dr. Rosemarie Will: „Der Versuch, die versäumte Verwaltungsmodernisierung um jeden Preis nachzuholen, kann nicht auf Kosten der Bürger*innen geschehen.“ Um verfassungsmäßige Grundrechte zu schützen, wird die HU diese Rechte durch eine Verfassungsbeschwerde verteidigen.

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