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Diskri­mi­nie­rungs­verbot gilt auch für Kirchen!

20. Februar 2019

Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union begrüßt die heutige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zugunsten eines Chefarztes, der von seinem kirchlichen Arbeitgeber gekündigt worden war.

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die verletzte Loyalitätspflicht nur für die katholischen Mitarbeiter*innen des Krankenhauses gelte, für alle anderen jedoch nicht. Darin liegt laut BAG eine diskriminierende Ungleichbehandlung. Eine Ungleichbehandlung nach Religionszugehörigkeit bleibt zwar weiter erlaubt, aber nur, wenn es im Hinblick auf die konkrete berufliche Tätigkeit eine „wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte Anforderung“ darstellt.

Im Jahr 2009 kündigte das katholische Krankenhaus seinem Chefarzt, als es erfuhr, dass dieser nach Scheidung seiner ersten Ehe seine neue Lebenspartnerin standesamtlich geheiratet hatte. Das BAG hatte zunächst zugunsten des Arztes entschieden. Allerdings entschied der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts, dass der Arzt durch das Eingehen seiner zweiten Ehe eine Pflicht aus seinem Arbeitsvertrag verletzt habe. „Das Verbot des Lebens in kirchlich ungültiger Ehe“ sei Inhalt des Arbeitsvertrages mit dem katholischen Träger des Krankenhauses. Eine solche vertragliche Loyalitätspflicht in kirchlichen Arbeitsverhältnissen dürfe von staatlichen Gerichten nur eingeschränkt überprüft werden. Bei der Abwägung der Rechte des Krankenhauses mit den Rechten des Chefarztes sei das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen stärker zu berücksichtigen. Daraufhin legte das BAG den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor, der entschied dass der Arbeitnehmer durch die Bestimmung im Arbeitsvertrag rechtswidrig diskriminiert worden sei. Denn das Verbot des Lebens in kirchlich ungültiger Ehe beträfe lediglich die katholischen Angestellten des Krankenhauses, nicht aber jene, die anderer oder gar keiner Konfession seien.

Seit ihrer Gründung kritisiert die Humanistische Union das Sonderarbeitsrecht der Kirche scharf. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen kann nicht so weit reichen, dass für die Kirchen eine Ausnahme vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gemacht wird. „Von kirchlichen Trägern, die staatliche Leistungen erhalten, muss erwartet werden können, dass sie sich auch an staatliches Arbeitsrecht halten, das gilt umso mehr, als weiterhin ca. 1,3 Millionen  Arbeitnehmer*innen in kirchlichen Einrichtungen beschäftigt sind und keineswegs alle sich den kirchlichen Werten verpflichtet fühlen“, so Dr. Kirsten Wiese, Vorstandsmitglied der Humanistischen Union.

Insofern beschreitet das BAG mit seinem heutigen Urteil nach der Entscheidung im Fall Egenberger vom Oktober letzten Jahres weiter den arbeitnehmerfreundlichen Weg. Schon dort hatte der EuGH entschieden, dass die Kirchen bei der Auswahl von Arbeitnehmer*innen nicht ohne Weiteres mit Verweis auf ihr Selbstbestimmungsrecht festlegen können, dass diese einer bestimmten Konfession angehören müssen. Die geforderte Religionszugehörigkeit muss für die zu besetzende Stelle auch nach der Art der auszuübenden Tätigkeit relevant sein. Infolgedessen sah das BAG in der Nichteinstellung der konfessionslosen Vera Egenberger bei der Diakonie einen Verstoß gegen das AGG.

Bei Rückfragen wenden Sie sich an die
Bundesgeschäftsstelle der Humanistischen Union unter 030 – 2045 0256 oder an
Dr. Kirsten Wiese unter 0163 – 268 4615.

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