Pressemeldungen / Coronakrise und Grundrechte

Grundrechte sind keine Schön­wet­ter­rechte, sondern Grundlage unserer Gesell­schaft - Keine Grund­rechts­po­litik mit bloßen Verord­nungen!

Seit einem Jahr wird alle drei bis vier Wochen in informellen Runden bei der Kanzlerin und anschließend durch bloße Verordnungen der Landesregierungen über die Geltung der Grundrechte entschieden. Der AK Corona-Krise und Grundrechte in der Humanistischen Union (HU) fordert, diese Praxis durch ein transparentes Verfahren im Parlament zu ersetzen und die fundamentale Bedeutung der Grundrechte anzuerkennen.

Zum Jahrestag des ersten Lockdowns am 22. März 2020 bezieht der AK Corona-Krise und Grundrechte in der HU Stellung zu den massiven Einschränkungen der Grundrechte und kritisiert das anhaltende Regieren mittels intransparenter Beschlussverfahren und durch Verordnungen. Mit den Ministerpräsidentenrunden bei der Kanzlerin und anschließenden Landesverordnungen wurde in der Corona-Krise eine Vorgehensweise etabliert, die im Grundgesetz nicht vorgesehen ist und der Demokratie schadet.

Grundrechtseinschränkungen sind keine direkte Folge der Pandemie, sondern eine Folge politischer Abwägungen und Entscheidungen. Alle Grundrechtseinschränkungen verlangen eine gründliche Beratung und Abwägung der Vor- und Nachteile und parlamentarische Beschlüsse. Zu diesem Zweck müssen die negativen Auswirkungen von Lockdowns, insbesondere solche die zu Lasten der verletzlichen Gruppen in der Gesellschaft gehen, in das Zentrum der Aufmerksamkeit der Politik und der Debatte gerückt werden. So wichtig ein schnelles Handeln in Krisensituationen zunächst sein kann, so sehr muss dieses Handeln so schnell wie möglich anhand transparenter Kriterien parlamentarisch überprüft werden.

Der Schutz der vulnerablen Gruppen in der Pandemie, z.B. von Menschen in Altenheimen, ist häufig nicht gelungen. Zugleich wurden in Altenheimen elementar wichtige menschliche Kontakte untersagt oder stark eingeschränkt. Auch wenn es notwendig ist, die Menschen vor gefährlichen Krankheiten und Tod zu schützen, so müssen doch besonders die verletzlichsten Mitglieder der Gesellschaft vor den negativen Folgen der Maßnahmen geschützt werden. Dies wurde sträflich vernachlässigt. Insbesondere Kinder und betagte Menschen, psychisch Kranke, Obdachlose und Menschen mit geringem Besitz und Einkommen leiden übermäßig unter den Maßnahmen. Der verstärkten Zunahme der sozialen Ungleichheit in der Gesellschaft muss entschieden entgegengewirkt werden.

Der AK Corona-Krise und Grundrechte in der HU fordert, dass alle Einschränkungen von Grundrechten, wie z.B. die Kontaktbeschränkungen, laufend auf die Verhältnismäßigkeit überprüft werden und spätestens zum Ende der Krise wieder zurückgenommen werden. Zwingend notwendig sind die Aufarbeitung des Umgangs mit der Krise und die Evaluierung aller Maßnahmen. In einer ergebnisoffenen Diskussion müssen alle relevanten gesellschaftlichen Bereiche fachlich repräsentiert und ein demokratischerer Umgang mit kommenden Krisen vorbereitet werden. Die Aufarbeitung des Nutzens und der Kollateralschäden der Lockdowns muss jetzt beginnen.

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