Pressemeldungen

G20: Aufklären statt Aussitzen

01. August 2017

Humanistische Union fordert die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union hat sich drei Wochen nach dem G20-Gipfel mit einem dreiseitigen Fragenkatalog an die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft gewandt. Denn auch mehrere Wochen nach dem G20-Gipfel ist eine Aufklärung der zahlreichen Vorwürfe rechtswidrigen staatlichen Handelns nicht in Sicht. Die Humanistische Union fordert daher dringend die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der die Fragen zu klären hat, die während und nach dem G20-Gipfel aufgetreten sind.

Den von den Hamburger Regierungsfraktionen geplanten Sonderausschuss, der sich erst am 31. August 2017 konstituieren soll, hält die Humanistische Union für ungeeignet, um Umstände und Hintergründe der Ereignisse aufzuklären. Denn ein Sonderausschuss verfügt – anders als ein Untersuchungsausschuss – über keinerlei Ermittlungsbefugnisse. Weder können Akten eingesehen noch Zeugen verbindlich geladen werden.

Anja Heinrich, Mitglied des Bundesvorstands der Humanistischen Union und Mitverfasserin des Fragenkatalogs, erklärt: „Der Sonderausschuss ist nicht mehr als eine Beruhigungspille für aufgebrachte Bürger/innen. Denn er kann schon aufgrund seiner rechtlichen Ausgestaltung zu keiner ernsthaften Aufklärung beitragen. Eine intensive Aufklärung und Ursachenforschung ist aber zwingend notwendig. Andernfalls stellt sich der demokratische Rechtsstaat in Frage.“

In ihrem umfangreichen Fragenkatalog will die Humanistische Union zum Beispiel wissen, welche Maßnahmen während der Einsätze gegen einzelne Versammlungsteilnehmer/innen ergriffen worden sind, um die Versammlungsfreiheit anderer Versammlungsteilnehmer/innen, juristisch sogenannte Nichtstörer, zu schützen. Zudem solle der Untersuchungsausschuss ermitteln, ob in Anweisungen der Einsatzleitung die vom Bundesverfassungsgericht im Brokdorf-Beschluss aufgestellte Verpflichtung der Polizei zum versammlungsfreundlichen und deeskalierenden Vorgehen Berücksichtigung gefunden hat. Untersucht werden soll auch, ab wann der Innenbehörde bekannt war, dass die personellen Ressourcen bei der Polizei nicht ausreichen und ob gegebenenfalls festgestelltes rechtswidriges Polizeihandeln auch auf eine massive Überbelastung der Polizeikräfte zurückzuführen ist.

Anja Heinrich hierzu: „Uns geht es auch um eine ehrliche Fehleranalyse und darum, dass sich mögliche Fehler bei kommenden Großeinsätzen nicht wiederholen. Wir wollen zudem wissen, wie im Nachgang mit ihnen umgegangen wird; zum Beispiel wie eine unabhängige Aufklärung von Vorwürfen rechtswidriger Polizeigewalt gewährleistet wird.“ Die Humanistische Union verweist an dieser Stelle auf den Staatenbericht des Menschenrechtskommissars des Europarates von 2017, wonach die deutschen Strukturen zur unabhängigen Aufklärung mutmaßlich ausgeübter rechtswidriger Polizeigewalt defizitär sind.

Unabhängig davon bedürften natürlich auch die Ursachen der Gewaltexzesse an der Schanze einer intensiven und ehrlichen Aufklärung. Als Bürgerrechtsorganisation konzentriere sich die Humanistische Union aber auf die im Raum stehenden Fragen der Einhaltung rechtsstaatlicher und grundrechtlicher Standards.

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