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OVG Berlin-­Bran­den­burg bestätigt: Verbot der Mitnahme gefähr­li­cher Werkzeuge durch die Bundes­po­lizei war rechts­widrig

06. März 2019

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat in seiner gestern bekannt gegebenen Entscheidung vom 28.02.2019 die erstinstanzliche Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts inhaltlich bestätigt: Die Allgemeinverfügung der Bundespolizei, die das Mitführen von „gefährlichen Werkzeugen“ auf den Bahnhöfen und in der S-Bahn zwischen S Zoologischer Garten und S Lichtenberg verboten hatte, war rechtswidrig.

Die Entscheidung ist im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens ergangen, das ein Berliner S-Bahnfahrer in Gang gesetzt hatte. Unterstützt wurde er von den Bürgerrechtsorganisationen Humanistische Union (HU) und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Anja Heinrich, Bundesvorstandsmitglied der HU und Rechtsanwältin in dem Verfahren, erklärt: „Auf der Grundlage des Verbots hat die Bundespolizei drei Monate lang an den Wochenenden tausende friedliche Menschen kontrolliert. Die Bundespolizei hat ihre Befugnisse bei dem Verbot weit überschritten. Die Allgemeinverfügung war eklatant rechtswidrig.“

So hat es auch das Oberverwaltungsgericht gesehen und das Verbot daher aus gleich mehreren Gründen für rechtswidrig erklärt. Unter anderem, weil der Begriff des „gefährlichen Werkzeugs“ nicht bestimmt genug sei. Das Verbot könne auch zahlreiche Alltagsgegenstände erfassen wie Schraubendreher, Korkenzieher, Nagelscheren etc. Für die betroffenen S-Bahnfahrer sei dabei nicht erkennbar, welche Gegenstände sie bei sich führen dürfen und welche nicht.  Zudem habe es an einer konkreten Gefahr gefehlt. Ein bloßer Gefahrenverdacht oder eine beabsichtigte Gefahrenvorsorge reiche für das polizeiliche Verbot nicht aus. Von Personen, die solche Gegenstände lediglich mit sich führen, gehe per se erst einmal keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus.  Daher wäre für das Verbot sogar eine qualifizierte Gefahr erforderlich gewesen. Diese sei aber nicht gegeben gewesen.

Aus den gleichen Gründen hatte bereits am 11.01.2019 das Verwaltungsgericht Berlin in erster Instanz das polizeiliche Verbot für rechtswidrig erklärt. Die Polizei hatte das Verbot trotzdem weiter umgesetzt. Heinrich erklärt dazu: „Das Verbot war so weit gefasst, dass es willkürlichen polizeilichen Maßnahmen Tür und Tor geöffnet hat. Zudem war es völlig unverhältnismäßig. Es fanden massenhaft Identitätskontrollen und Taschendurchsuchungen statt. Dabei wurden auch Alltagsgegenstände wie Schraubendreher beschlagnahmt. Das sind völlig unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe gegenüber friedlichen Menschen. Das Verbot war zudem so weit gefasst, dass es willkürlichen Maßnahmen Tür und Tor geöffnet hat.“

Die Allgemeinverfügung hatte die Bundespolizei am 16.10.2019 erlassen. Sie galt vom 01. November 2018 bis zum 31. Januar 2019 jeweils in den Nächten von Freitag zu Samstag und von Samstag zu Sonntag in der Zeit von 20:00 bis 06:00 Uhr. Da sich der Rechtsstreit mit dem Auslaufen der Allgemeinverfügung erledigt hatte, musste das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg formal nur noch über die Kosten des Verfahrens entscheiden. Dabei prüfte es aber inzident auch die Frage der Rechtmäßigkeit der Verfügung.

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Die Geschäftsstelle der Humanistischen Union, Tel:  030 / 2045 0256
Anja Heinrich, Tel.: 030 / 8147 5758

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