Themen / Innere Sicherheit

Abhör­be­fug­nisse in Polizei­ge­setzen verstoßen gegen das Grund­ge­setz. Polizei in Thüringen soll eigene Abhör­be­fug­nisse erhalten

29. Mai 2002

Stellungnahme der Humanistischen Union an die Thüringer Innen- und Justizminister

In einer Stellungnahme an den Thüringer Innen- und Justizminister sowie an die zuständigen parlamentarischen Gremien hat sich die Bürgerrechtsorganisation HUMANISTISCHE UNION (HU) zur beabsichtigten Änderung des Polizeiaufgabengesetzes in Thüringen geäußert. In der detaillierten Stellungnahme wird geltend gemacht, dass das Land keine Befugnisse zum Eingriff in das Fernmeldegeheimnis nach Artikel 10 des Grundgesetzes habe. Der Gesetzesentwurf sei verfassungswidrig, weil der Bund nach Artikel 73 Nr. 7 des Grundgesetzes die alleinige Gesetzgebungsbefugnis über die Telekommunikation habe.

Problematisch sei der Gesetzesentwurf auch deshalb, weil durch ihn die klare Trennung zwischen geheimdienstlicher Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) und der TK § zur Strafverfolgung verwischt würde.

Inhaltlich eröffnet der Gesetzesentwurf eine völlig neue Dimension der TKÜ. Erstmals soll in einem Landespolizeigesetz die TK § auch für präventivpolizeiliche Zwecke gestattet werden. Diese Form der TK § richtet sich nicht gegen Verdächtige einer Straftat, sondern bereits gegen Personen, die bestimmte Straftaten begehen könnten sowie gegen deren Kontakt- und Begleitpersonen.

Der Gesetzesentwurf sei auch in zahlreichen Einzelfragen nicht entscheidungsreif. Er sollte daher zurückgestellt werden, bis das Ergebnis eines vom Bundesjustizministerium erteilten Forschungsauftrags zur „Rechtswirklichkeit und Effizienz der TKÜ“ vorliegt.

Der Innenausschuss des Thüringer Landtags wird sich am 30. Mai 2002 abschließend mit dem Gesetzentwurf befassen. Der Thüringer Gesetzesentwurf hat offenbar eine Pilotfunktion. Auch in Baden-Württemberg und Hamburg gibt es ähnliche Bestrebungen.

Die Stellungnahme der HUMANISTISCHEN UNION kann bei der Bundesgeschäftsstelle der HU angefordert werden.

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