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Anti-Ter­ror-­Ge­setze mit schwer­wie­genden Mängeln

06. November 2006

Humanistische Union verweist auf verfassungsrechtliche Probleme in Gesetzentwürfen zur Terrorbekämpfung

Die am Montag (6.11.2006) bei einer Anhörung des Bundestags-Innenausschusses zur Debatte stehenden Gesetzentwürfe zur Anti-Terror-Datei und zur Terrorismusbekämpfung weist die Humanistische Union wegen verfassungsrechtlicher Mängel zurück.

Dr. Fredrik Roggan, stellvertretender Bundesvorsitzender der Bürgerrechtsorganisation und Sachverständiger in der Anhörung, erklärt dazu: „Die mit der Anti-Terror-Datei geplante Zusammenarbeit zwischen Polizeibehörden und Geheimdiensten verstößt gegen das verfassungsrechtliche Trennungsgebot. Der Gesetzgeber will unter anderem Dienste und Polizei ‚projektbezogen‘ zusammenarbeiten lassen. Was das genau heißt, bleibt im Entwurf völlig unklar. Eine derartige Zusammenarbeit verbietet sich umso mehr, als dass im Geheimdienstrecht keine dem § 136a der Strafprozessordnung vergleichbaren Verwertungsverbote für unrechtmäßig erlangte Informationen vorgesehen sind. Deutsche Geheimdienste hatten in der Vergangenheit keine Skrupel, sich ‚zurechtgefolterte‘ Gefangene in Guantánamo und anderen rechtsfreien Orten vorführen zu lassen und zu befragen – obwohl die Verwertung derartiger Informationen durch das absolute Folterverbot grundsätzlich ausgeschlossen ist. Im Gesetzentwurf zur Anti-Terror-Datei fehlt jedoch eine Regelung, die vorschreibt, dass die zu speichernden Daten rechtmäßig erlangt worden sind.“

Die Anti-Terror-Datei verletzt auch in mehrfacher Hinsicht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der gespeicherten Personen. „Weder der Kreis der zu erfassenden Personen noch der Zugriff und die Verwendung der gespeicherten Daten durch die Behörden oder deren fristgerechte Löschung sind in dem Gesetzentwurf angemessen und nachvollziehbar geregelt“, so Roggan weiter. „Offensichtlich grundrechtswidrig ist die Regelung zur Erfassung der Kontaktpersonen. Hierbei führen Mutmaßungen über andere Mutmaßungen zu einer Erfassung in der Anti-Terror-Datei. Dadurch wird nicht nur der Kreis der erfassten Personen zunehmend erweitert, auch die Unsicherheit, selbst in der Anti-Terror-Datei erfasst zu werden, nimmt stark zu.“

Als völlig verunglückt bezeichnet Roggan den Entwurf zum so genannten Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG): „Die geplanten Auskunftsbefugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz sind so unklar formuliert, dass vermutlich nicht einmal der Bundespräsident verstehen wird, wer eigentlich unter welchen Voraussetzungen überwacht werden soll. Mit Terrorbekämpfung hat der Entwurf zudem nichts mehr zu tun.“ Scharf kritisiert die Humanistische Union auch die bislang versäumte unabhängige Evaluation der bisherigen Anti-Terror-Gesetze. Das Gesetz schreibt eine solche Überprüfung vor, verfassungsrechtlich ist diese geboten.

Eine ausführliche Zusammenfassung der Kritik an den beiden Gesetzentwürfen finden Sie hier. Die ausführliche Stellungnahme der Humanistischen Union zur Anhörung des Bundestages erreichen Sie über den untenstehenden Dateiverweis.

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