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Stellung­nahme zur Berliner Schüler­datei

18. Februar 2009

Stellungnahme der Humanistischen Union Berlin-Brandenburg zum Gesetzentwurf einer Änderung des Berliner Schulgesetzes, mit dem eine zentrale Schülerdatei in Berlin eingeführt werden soll

Die Berliner Koalition plant eine zentrale Schülerdatei. Mit ihr will sie zwei Ziele erreichen: Die Planung der Lehrerstellen an den Schulen verbessern, gleichzeitig „Schulschwänzer“ durch die Polizei in ihre Schule befördern. Das eine hat mit dem anderen wenig zu tun – deshalb ist die Schülerdatei größer, als eigentlich nötig. Aus Sicht der Humanistischen Union überwiegen die Risiken des Datenmissbrauchs, Berlin sollte auf die Schülerdatei verzichten.

In einer ausführlichen Stellungnahme kritisiert die Humanistische Union die geplante Einführung einer automatisierten Schülerdatei (Drs. 16/1931 und 16/2081). Der Gesetzentwurf sieht neben der zentralen Speicherung von Schüler-Stammdaten (Name, Geburtsdaten, Anschriften und Erreichbarkeit der Erziehungsberechtigten) auch eine dezentrale Speicherung sensibler Informationen wie der Schulversäumnisse, der Herkunftssprache oder der elterlichen Einkommensverhältnisse an der jeweiligen Schule vor. Als Ordnungsmerkmal für die Daten ist eine eindeutige Schülernummer vorgesehen.

Die Humanistische Union anerkennt die Bemühungen nach einer Begrenzung der automatisierten Schülerdatei, wie sie im von der Koalition vorgelegten Änderungsantrag (Drs. 16/2081) zu erkennen sind. Die Unterscheidung zwischen zentral erfassten Stammdaten und dezentral zu speichernden Daten über die persönliche Lebenssituation der Schülerinnen und Schüler; der ausgeschlossene Zugriff der Ausländer- und Meldebehörden auf die Schülerdaten – dies sind aus bürgerrechtlicher Sicht begrüßenswerte Begrenzungen der Schülerdatei.

Trotz aller erkennbaren Bemühungen um eine möglichst datenschutzkonforme Regelung sieht die Humanistische Union im vorliegenden Gesetzentwurf schwerwiegende Mängel:

  • Der Gesetzentwurf vermischt schulorganisatorische und polizeiliche Zielsetzungen. Dies erschwert einen konsistenten Datenschutz für die Schülerdatei, widerspricht dem Prinzip der Datensparsamkeit und birgt so die Gefahr einer späteren (gesetzlichen) Umwidmung der Schülerdaten.
  • Das an den Berliner Schulen vorhandene Niveau des Systemdatenschutzes reicht nicht aus, um den besonderen Missbrauchsgefahren einer so sensiblen Datensammlung wie der Schülerdatei vorzubeugen. Vor der Einführung der Schülerdatei sollten die organisatorischen und technischen Voraussetzungen für einen hinreichenden Schutz der Schülerdaten geschaffen werden.
  • Die vorgeschlagene Evaluation des Gesetzes ist nicht geeignet, um möglichen datenschutzrechtlichen oder anderen Problemen in der Anwendung der Schülerdatei wirksam zu begegnen.

Die ausführliche Stellungnahme zum Gesetzentwurf entnehmen Sie bitte der angehängten Datei.

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