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Trennung von Kirche und Staat, Gott und EU

26. Oktober 2000

HU-Verbandstag fordert Ablösung der Kirchensteuer durch eine „Kultur- und Sozialsteuer“ sowie religiöse Neutralität in der EU-Verfassung

Die Humanistische Union (HU) fordert die Abschaffung des Kirchensteuereinzugs durch den Staat. Ein Ersatz der Kirchensteuer durch eine „Kultur- und Sozialsteuer“ diene nicht der Aufhebung der Verquickung von Staat und Kirche, sie berge vielmehr eine Reihe noch nicht ausdiskutierter Probleme für die künftige Finanzierung kultureller und sozialer Einrichtungen.

Auf ihrem Verbandstag am 23. und 24. September sprach sich Deutschlands größte Bürgerrechtsorganisation deshalb gegen Überlegungen aus, wonach Bürgerinnen und Bürger künftig selbst entscheiden könnten, ob ein vom Staat festgelegter Anteil ihres Steueraufkommens an eine Kirche oder eine frei gewählte gemeinnützige Organisation fließen soll. Die Trennung von Kirche und Staat ist seit Gründung der HU im Jahr 1961 ein wesentliches Ziel der in Berlin ansässigen Bürgerrechtsorganisation.

Ablehnend äußerte sich der Verbandstag deswegen auch zu dem Ansinnen katholischer Frauenverbände, Gott in der Präambel zur Europäischen Grundrechte-Charta zu erwähnen. Die knapp 50 anwesenden Mitglieder beauftragten den HU-Bundesvorstand, in einem Schreiben an den Präsidenten des Grundrechte-Konvents – den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Prof. Dr. Roman Herzog – auf eine religions- und konfessions-unabhängige Formulierung der Charta zu dringen. Das unter Herzogs Leitung ausgearbeitete Papier soll im Dezember auf dem Treffen der EU-Ministerpräsidenten in Nizza verabschiedet werden. Angesichts der weltanschaulichen Pluralität in allen EU-Mitgliedsstaaten lehnt die HU eine Verankerung einzelner religiöser Anschauungen in der Charta ab.

Ausserdem sprach sich der Verbandstag gegen ein Verbot der NPD aus. Dies sei nicht nur ein ungeeignetes Mittel, um rechtsradikalen Gesinnungen entgegenzutreten, sondern biete Vertretern derartiger Positionen vielmehr noch Gelegenheit, sich – beispielsweise in einem dann stattfindenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe – als politische Märtyrer darzustellen. Rassistischen und fremdenfeindlichen Gedanken muss man nach Überzeugung der HU mit Argumenten entgegentreten. Rassistische Gewalttaten, die die HU entschieden verurteilt, könnten durch ein Parteiverbot nicht unterbunden werden.

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