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Bürger­rechtler diskutieren mit BKA-Chef über Online-­Durch­su­chung

22. September 2007

Heise Online vom 22.9.2007

Zum Auftakt der Jahreskonferenz der Humanistischen Union diskutierten die Bürgerrechtler in einem Hörsaal der Universität Hannover mit Jörg Ziercke, dem Chef des Bundeskriminalamtes über die umstrittene heimliche Online-Durchsuchung. Dabei prallten juristische und polizeitaktische Argumente ziemlich unvermittelt aufeinander.

… Als Gegenpart von Jörg Ziercke agierte Fredrik Roggan, Vizepräsident der Humanistischen Union. Er ist der Rechtsanwalt, der mit der Verfassungsbeschwerde gegen das Land NRW befasst ist, das die heimliche Online-Durchsuchung für den Verfassungsschutz einführen will. Von der anstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes – das BVG verhandelt am 10. Oktober, die Entscheidung wird im Frühjahr 2008 erwartet – macht ein Teil der SPD-Politiker die Zustimmung zu einem BKA-Gesetz mit eingebauter Online-Durchsuchung abhängig. Roggan schilderte zunächst die Online-Durchsuchung als Brute-Force-Methode, bei der das BKA in die Wohnung eindringt, den Computer analysiert und dann ein Schnüffelprogramm entwickelt, das später heimlich auf dem Computer installiert wird.

… Auf der anderen Seite war Roggan im Besitz eines neueren Referentenentwurfes zum BKA-Gesetz, den selbst der BKA-Chef Ziercke nach eigener Aussage nicht kannte. Roggan bemängelte die unklare Unterscheidung zwischen der Gefahrenabwehr einer dringenden Gefahr und der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung, wie sie bei der Verfolgung eines Netzwerkes potenzieller Terroristen zum Tragen kommt. An diesem Punkt der juristischen Unterscheidung zwischen potenzieller Gefahr, drohender Gefahr und konkreter Gefahr entzündete sich im Verlauf des Abends eine Diskussion, die gerade von den juristisch versierten älteren Herrschaften der Humanistischen Union mit Ausdauer geführt wurde. Wiederholt versuchte Ziercke, die Online-Durchsuchung als Teil eines breiten Bündels von Ermittlungsmaßnahmen angesichts einer „konkreten Gefahr“ zu definieren, die als Gefahr ebenso breit gefasst sein müsse.

… In Anspielung auf den Bundesinnenminister Schäuble, der unlängst in einem Interview dazu aufrief, sich die verbleibende Zeit bis zu einem Atomangriff der Terroristen nicht verderben zu lassen, wurde die Versammlung mit der Empfehlung von Roggan beendet, die verbleibende Zeit zu genießen, in der das Grundgesetz noch funktioniert.

Detlef Borchers

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