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Lizenz zur Grausam­keit. Der Hamburger Kriminologe Fritz Sack über die "neue Straflust der Gesell­schaft"

23. Juli 2007

Heise vom 23.07.2007

Mit Sorge betrachtet der Hamburger Kriminologe Prof. Dr. Dr. h.c. Fritz Sack die zunehmende repressive Strafgesetzgebung in der BRD. Seiner Ansicht nach ist das eine logische Konsequenz des Neoliberalismus – Raubtierkapitalismus angewandt auf die Strafgesetzgebung. Dazu gibt es laut Sack, einem Vertreter der kritischen Kriminologie, eine Alternative: soziale Sicherung statt Wegsperren.

„Im Vordergrund der Strafgesetzgebung steht nicht mehr der Täter und dessen Wiedereingliederung in die Gesellschaft, sondern die Sicherheit der Allgemeinheit. In dem Entwurf wird die Nachrangigkeit der Resozialisierung festgeschrieben, das ist die Annullierung des bisherigen Selbstverständnisses des Strafrechts, in dem die Resozialisierung absoluten Vorrang hatte.“

… „Ich sagte eingangs, ich beziehe mich auf die zunehmend repressive Strafgesetzgebung und das steigende Sicherheitsbedürfnis in der Gesellschaft. Angeblich lauert in jeder Ecke eine Gefahr, vor der die Bürgerinnen und Bürger nur geschützt werden können, indem reale und potentielle Straftäter weggesperrt werden. Die Gesetze werden immer mehr darauf ausgerichtet und von der Gesellschaft wird das so nicht nur akzeptiert, sondern scheinbar so gewollt: schärfere Gesetze, als Strafe und zur Abschreckung, mehr Polizeipräsenz, verstärkter Einsatz von privaten Sicherheitsdiensten, Videoüberwachung, usw.“

„Und um dieses Bedürfnis zu befriedigen, soll nicht nur das Strafrecht verschärft werden, sondern für Strafgefangene soll der Datenschutz außer Kraft gesetzt werden. Geplant ist die Verlängerung der Speicherfrist erhobener Daten auf fünf statt bisher zwei Jahre, Opfer sollen einfacher Zugang zu Informationen über Entlassungstermin und die Entlassungsanschrift von Tätern erhalten, Opfer von Sexualverbrechen können zudem Auskunft über Vollzugslockerungen des Gefangenen bekommen. Da wird der Gesellschaft ganz konkret der Schuldige für das Grundübel unserer Zeit – die Kriminalität – präsentiert.“

… „Da brauchen wir gar nicht in der Mottenkiste des Marxismus zu graben, obwohl Marx u. a. laut SPIEGEL gerade eine enorme Renaissance erfährt, und dafür wird es wohl Gründe geben. Aber selbst bürgerliche Juristen wie der der berühmte Strafrechtler Franz von Liszt, Vetter des ebenso berühmten namensgleichen Komponisten, erkannte bereits vor mehr als 100 Jahren, dass die beste Kriminalpolitik eine gute Sozialpolitik sei.“

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