Themen / Innere Sicherheit

Telefon­über­wa­chungen schon wieder gestiegen

01. Dezember 2000

Pressemitteilung von Hans-Christian Ströbele, MdB vom 27. September 2000

Mitteilung Nr. 172, S. 91

1999 haben die Strafverfolgungsbehörden wiederum deutlich häufiger als im Vorjahr Telekommunikationsverkehr überwacht. Aus den jetzt vom Bundesjustizministerium vorgelegten Zahlen ergibt sich, daß der Generalbundesanwalt und die Staatsanwaltschaften der Länder in 3066 Strafverfahren (1998: 3034) die Telefone und Faxgeräte von insgesamt 6646 Anschlußinhabern (1998: 6443) überwachen ließen. Weit höher ist die (nicht mitgeteilte) Zahl der betroffenen Einzelanschlüsse sowie der überwachten Beteiligten und Kommunikationseinheiten. Auch öffentliche Fernsprecher wie Telefonzellen wurden abgehört. Rund 40% der Abhörmaßnahmen, deren Dauer ebenfalls stieg, richteten sich gegen unverdächtige Anschlußinhaber.
Bundeskriminalamt und Zoll führten knapp 2000 Abhöranordnungen aus sowie weitere, auf andere Rechtsgrundlagen gestützte Kontrollen der Telekommunikation. Außerdem kontrollieren die Geheimdienste den Post- und Fernmeldeverkehr aufgrund des sogenannten G10-Gesetzes.
In den nächsten Wochen werden die – nach anderen Kriterien erfaßten – weit höheren Überwachungszahlen der durchführenden Telekommunikationsgesellschaften veröffentlicht; diese nannten schon für 1998 knapp 10.000 ausgeführte Abhöranordnungen gegen knapp 14.000 Anschlüsse.
Damit ist Deutschland weiterhin „Weltmeister im Abhören“. Angesichts dieser anhaltenden besorgniserregenden Entwicklung müssen die Begleitumstände der Überwachung genauer als bisher (nach Grund, Umfang der Betroffenen / v.a. Nichtverdächtigen und „Erfolge“, zum Beispiel Verurteilungen) erfaßt und analysiert werden. Eine Verschärfung der Abhör-Voraussetzungen und strikte Kontroll-mechanismen sind geboten.

Hans-Christian Ströbele

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