Themen / Innere Sicherheit / Bundeskriminalamt

Betrifft: Fahndungs­spiel­film, Fahndungs­pla­kate

31. Oktober 1979

Schreiben der HU an den Präsidenten des Bundeskriminalamtes. Aus: Mitteilungen Nr. 88 (Heft 3/Oktober 1979), S. 1

Mitglieder unserer Bürgerrechtsorganisation sind besorgt über den Spielfilm des Bundeskriminalamtes, der am 3. Juli 1979 im Anschluß an die Tagesschau und das Heute Journal ausgestrahlt wurde. Angesichts der Gefahren des Terrorismus ist es gerechtfertigt, wenn die zuständigen Instanzen der Verbrechensverfolgung auch in der Form eines Spielfilms Aufmerksamkeit zu erzielen versuchen, um eine Mitwirkung der Bevölkerung zu erreichen.

Von den Mitgliedern der Humanistischen Union, die diese Sendung gesehen haben, wurde jedoch darauf hingewiesen, daß die spezifische Form der Sendung geeignet ist, die Bevölkerung unabhängig von der Terroristenbekämpfung gegen bestimmte Minderheiten in eine Vorurteilsstruktur zu bringen. Nach dieser Sendung dürfte es insbesondere für alleinstehende Frauen noch erheblich schwieriger sein, eine Wohnung mieten zu können.

Ich wäre dankbar, wenn Sie darauf achten würden, daß solche Nebenwirkungen bei Fahndungsfilmen in Zukunft vermieden werden.

Ferner bittet die Humanistische Union, dafür Sorge zu tragen, daß auf Fahndungsplakaten und ähnlichen öffentlichen Kundbarmachungen, die Gesuchte betreffen, gegen die noch keine rechtskräftige Verurteilung vorliegt, die Verdächtigten deutlich als mutmaßliche Täter charakterisiert werden. Eine die Gerichtsentscheidung vorwegnehmende Kennzeichnung ohne diese Einschränkung ist, wie Sie mir beipflichten werden, rechtsstaatswidrig. Die bedauerliche, unüberlegte Praxis bedarf der unverzüglichen Korrektur, – übrigens auch unter dem realistischen Aspekt der Gefahr einer späteren Inanspruchnahme der öffentlichen Hand durch Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes.

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