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Die Privilegien der Kirchen und das Grundgesetz

Mitteilungen20712/2009Seite 19

4. Berliner Gespräche zum Verhältnis von Staat, Religion und Weltanschauungen am 22./23. Januar 2010. Aus: Mitteilungen Nr. 207 (Heft 4/2009), S.19

(Red.) Am 22. Januar 2010 ist es endlich so weit: Die Reihe der Berliner Gespräche zum Verhältnis von Staat, Religion und Weltanschauungen wird fortgesetzt. Auf dem Programm stehen diesmal die kirchlichen Privilegien – der staatliche Kirchensteuereinzug, die jährlichen Staatskirchenleistungen und die weiteren Vergünstigungen, zu denen sich der Staat in den Kirchenverträgen bzw. Konkordaten verpflichtet. Die 4. Berliner Gespräche finden erstmalig in Kooperation mit der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit statt.
Mit den Berliner Gesprächen schuf die Humanistische Union vor sieben Jahren ein Forum für die Auseinandersetzung über das Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften. Sie verstehen sich als Gegenentwurf zu den von den Kirchen organisierten Essener Gesprächen. Die Berliner Gespräche sollen dazu beitragen, die religionspolitischen Ziele der Humanistischen Union einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen: Wir treten seit unserer Gründung im Jahre 1961 für eine strikte Trennung von Staat und Kirchen ein. Zugleich soll der Staat allen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften die uneingeschränkte Freiheit zum Bekenntnis und zur Ausübung ihres Glaubens in gleicher Weise gewähren. Gläubige aller Religionen sollen ebenso wie Religionsfreie ihre geistigen und geistlichen Kräfte frei entfalten und ungehindert nach ihren eigenen Vorstellungen und Regeln leben können. Der Staat schützt diese Freiheiten. Er darf einzelne Religionsgemeinschaften nicht privilegieren. Seine Macht darf er nicht mit ihnen teilen.
Das Thema
Unser Grundgesetz gewährleistet allen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland in gleicher Weise die Freiheit und den Schutz ihrer religiösen Überzeugungen. In der Staatspraxis und nach der herrschenden Meinung des Staatskirchenrechts werden  jedoch der christliche Mehrheitsglauben und seine Institutionen in besonderer Weise  geschützt und gefördert. Staatsleistungen der Länder, die Förderung und Finanzierung des Religionsunterrichts, der theologischen Fakultäten an den staatlichen Universitäten und der Militärseelsorge, der staatliche Einzug der Kirchensteuern – all dies kam und kommt immer noch vor allem den beiden großen christlichen Kirchen zugute, obwohl diese inzwischen nur noch jeweils etwa 30 % der Bürger zu ihren Mitgliedern zählen. Mit ihnen hat der Staat zudem exklusiv unkündbare Kirchenverträge (Konkordate) in großer Zahl über alle denkbaren Materien geschlossen, welche die Rechte und Vorrechte der Kirchen festschreiben. Ist die faktische Vorzugsbehandlung rechtlich zulässig? Wird der Staat dem Gebot der Gleichbehandlung aller Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gerecht? Könnte und sollte diese Gleichbehandlung gesetzlich gewährleistet werden, ggf. wie? Die  zunehmende Präsenz islamischer Gemeinschaften, anderer Glaubensrichtungen sowie konfessionsfreier und atheistischer Verbände bezeugen den religiös-weltanschaulichen Pluralismus in unserem Land. Das bestehende Staatskirchenrecht kennt  bisher keine zureichenden Antworten auf diese Entwicklung. Ist die Ausweitung steuerlicher Begünstigungen und finanzieller Transferleistungen auf alle Gemeinschaften wünschenswert und leistbar? Welche Grenzen für die staatliche Förderung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ergeben sich aus der negativen Religionsfreiheit? Welche Alternativen zu den bestehenden Konkordaten und Staatskirchenverträgen gibt es? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der 4. Berliner Gespräche.
Organisation
Der genaue Veranstaltungsort stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest. Er wird jedoch bis Ende des Jahres via Internet bekannt gebeben, die schriftlichen Einladungen zu den Berliner Gesprächen werden in der ersten Januarwoche versandt. Sobald der Veranstaltungsort feststeht, kann bei der Bundesgeschäftsstelle auch eine Liste von preisgünstigen Hotels in dessen näherer Umgebung abgerufen werden.

Programm der 4. Berliner Gespräche
Freitag, 22. Januar 2010
20 Uhr Begrüßung und Öffentliches Streitgespräch
Podienteilnehmer/innen:
Prälat Karl Jüsten (Kathol. Büro Berlin, angefr.)
Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann (EKD Ratsvorsitzende, angefr.)
Riem Spielhaus (Centre for European Islamic Thought, Universität Kopenhagen)
Johann-Albrecht Haupt (Humanistische Union)
Patrick Meinhardt („Christen in der FDP“)
Samstag, 23. Januar 2010
9 – 16 Uhr Fachvorträge mit anschließender Diskussion

Kirchensteuer: Staatliche Einziehung?
(Prof. Dr. Stefan Korioth – Dr. Johannes Wasmuth)

Staatsleistungen: Ewige Rente?
(Prof. Dr. Heinrich de Wall – Dr. Carsten Frerk)

Kirchenverträge: Undemokratische Vorzugsbehandlung? (Prof. Dr. Dirk Ehlers – Dr. Gerhard Czermak)
Resumé

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