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Kalen­der­blatt für Dienstag, den 30. Juni 1998. 30. Todestag von Fritz Bauer

Der folgende Beitrag wurde vom Hessischen Rundfunk (hr4) in der täglichen Sendereihe „Kalenderblatt“, am 30. Juni 1998 gesendet, zusammen mit einer knapp einminütigen Orginalaufzeichnung von Fritz Bauer.

aus: Mitteilungen Nr. 163, S. 71

Groß war die Bestürzung am Frankfurter Oberlandesgericht, als man dort, heute vor genau 30 Jahren, vom Tod des hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer erfuhr. Hessens oberster Ankläger war in der Badewanne einem Herzversagen erlegen. Nicht ganz 65 Jahre alt war der gebürtige Stuttgarter Fritz Bauer bei seinem Tod – zeitlebens ein unerschrockener und unbequemer Streiter für Fortschritt und Aufklärung in der deutschen Strafjustiz, ein leidenschaftlicher Vorkämpfer für mehr Menschlichkeit im Strafrecht und Strafvollzug, ein Jurist, der sich nach den Jahren des Unrechts in Deutschland um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sorgte und als einer der ersten in der Bundesrepublik Ernst machte mit der gerichtlichen Ermittlung und Verfolgung von NS-Mördern. Ein Jahr nach seinem Tod stiftete die Humanistische Union zum Gedenken an ihren Mitbegründer den Fritz-Bauer-Preis. Bauers Wahlspruch hieß: „Die Würde des Menschen zu achten ist Aufgabe aller Staatlichen Gewalt“. Den Mißbrauch staatlicher Gewalt hatte Bauer – einst Deutschlands jüngster Amtsrichter – in der NS-Zeit am eigenen Leibe erfahren: Mit seinem Freund, dem Sozialdemokraten Kurt Schumacher, verbüßte er eine KZ-Haft wegen antinazistischer Haltung. 1936 emigrierte er nach Dänemark und Schweden, kehrte 1949 zurück, wurde Generalstaatsanwalt in Braunschweig und 1956 dann Generalstaatsanwalt in Hessen. Fritz Bauer plädierte immer wieder für eine zeitgemäße Strafrechtsreform. Er wollte das traditionelle Vergeltungsstrafrecht ersetzen durch die sozialtherapeutische Behandlung und – wenn möglich – durch die Wiedereingliederung des Straffälligen in die Gesellschaft.

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