Themen / Innere Sicherheit

Verpo­li­zei­li­chung kontra Bürger­rechte

01. September 2000

HU-Tagungsberichte und -hinweise

Mitteilung Nr. 171, S. 71

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie lädt vom 15. bis 17. September 2000 in Kooperation mit der Evangelischen Akademie Arnoldshain zu einer Tagung ein, im Martin-Niemöller-Haus der Evangelischen Akademie Arnoldshain: „Verpolizeilichung der Bundesrepublik Deutschland“ Polizei und Bürgerrechte in den Städten.

Die Polizei ist eine Alltagserscheinung: von der Verkehrskontrolle bis zur Kriminalitätsbekämpfung und nicht zuletzt der Kontrolle allen potentiell abweichenden Verhaltens. Die Änderungen, die die Polizeien in den letzten Jahrzehnten erlebt haben, sind beträchtlich. Fast durchgehend gehen sie zu Lasten bürgerlicher Sicherheit, gerade auch der vor Eingriffen in die eigene Freiheit, zu Lasten der Grund- und Menschenrechte allgemein. Jede Bürgerin und jeden Bürger geht polizeiliches Handeln an, selbst und gerade dann, wenn sie dem Anschein nach nie mit der Polizei in Konflikt geraten. Eine enorme Ausdehnung der rechtlichen Kompetenzen der Polizeien ist festzustellen, die immer erneut fragen läßt, vor welchen Gefahren die Bürgerinnen und Bürger eigentlich geschützt werden sollen. Eine gleichfalls enorme Ausweitung der technischen Mittel ist festzustellen, vor allem im informationstechnologischen Bereich. Deren Einsatz ist rechtlich schon gar nicht mehr zu hegen. Nicht umsonst trifft man nun auf Gesetze, die vor allem polizeilichen Handeln Tür und Tor öffnen. Die Gründe, sich grund- und menschen-rechtlich mit den Polizeien und ihren kommunalen Strategien zu befassen, sind so zahlreich, daß man von ihrer Fülle schier erdrückt wird.
Die Tagung zielt darauf, das Thema Polizei und Menschenrechte wieder stärker ins bürgerrechtliche Visier zu nehmen. Dazu sind kompetente und erfahrene ReferentInnen eingeladen, die in die Tagung einführen und die Arbeitsgruppen begleiten.

Tagungsprogramm

Drei Ziele sollten nach Vorstellung der Veranstaltenden mit der Tagung verfolgt werden: Zum ersten sollte ein polizeilicher Bereich genauer durchforstet werden. Als solcher Bereich wurde der Umgang der Polizei mit den Bürgerinnen und Bürgern „vor Ort“ gewählt. Als Bürgerinnen und Bürger zählen selbstverständlich auch alle nicht „staats“-bürgerlichen Menschen, die in der Bundesrepublik Deutschland leben (auch diejenigen, die unmittelbar davon abgehalten werden, in dieselbe zu gelangen). Zum zweiten sollte es im Verlauf der Tagung möglichst gelingen, eine Arbeitsgruppe aus der Taufe zu heben, die sich vornimmt, das viel zu große Polizei-Menschenrechte-Thema Scheibchen für Scheibchen für die nächsten Jahre zu bearbeiten. Diese AG sollte nach Vorstellung der Veranstaltenden im Rahmen des Komitees arbeiten (möglicherweise kommen auch weitere Bürgerrechtsgruppen hinzu). Drittens sollte sich – unbeschadet unterschiedlicher Akzentgebungen im einzelnen – aus dem Diskussionsverlauf und der gemeinsamen (bürger)rechtlichen Sorge so viel Schwung ergeben, daß die Tagung zu einer gemeinsamen Erklärung führt, die Perspektiven für die weitere Arbeit liefert.

Freitag, den 15. September 2000

Anreise bis 18.30 Uhr

19.30 Uhr: Prof. Dr. Roland Roth, Berlin (Komitee): Begrüßung

20.00 Uhr: Prof. Dr. Fritz Sack, Hamburg (HU): Prävention als staatliches Sicherheitsversprechen – Wandlungen des Gewaltmonopols in Deutschland

Samstag, den 16. September 2000

Arbeitsgruppen von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr

AG 1: Neue polizeiliche Befugnisse in der Praxis: (Prof. Dr. Martin Kutscha, Berlin (HU); Martin Herrnkind, BAG Kritische Polizisten)

AG 2: Gemeinde als Ordnungsraum: Kommunale Satzungen und die Verdrängung von Randgruppen (Prof. Dr. Wolfgang Hecker, Wiesbaden; Stephan Lanz, spacelab, Berlin/Frankfurt/M.)

AG 3: Lokale Sicherheitsstrategien zwischen Prävention und Repression (Christine Hohmeyer, Martina Kant, PD Dr. Norbert Pütter, Institut für Bürgerrechte/CILIP, Berlin)

Arbeitsgruppen von 14.30 Uhr bis 17.30 Uhr

AG 4: Privatisierung öffentlicher Räume (Dr. Hubert Beste, Frankfurt)

AG 5: Kontrolltechnologien im öffentlichen Raum, insbes. Videoüberwachung (Dr. Detlef Nogala, Freiburg)

AG 6: Kontrolle der Polizei durch die BürgerInnen (Polizeidirektor Udo Behrendes/ Mani Stenner, Bonner Forum Bürger und Polizei; Danja Schönhöfer, Antirassismusbüro Bremen)

ab 17.30 Uhr bis 18.30 Uhr Plenumsdiskussion: übergeordnete Fragestellungen, bürgerrechtliche Perspektiven

ab 20.00 Uhr: ggf. Fortsetzung Plenumsdiskussion

ab 21.00 Uhr: Themenbezogenes Kabarett (angefragt)

Sonntag, den 17. September 2000

8.15 Uhr: Frühstück

9.00 Uhr: N.N., Lokale Sicherheit im Kontext vielfältiger Entgrenzungen

10.00 Uhr Aussprache, Plenum und Vorhaben (Erklärung, Arbeitsgruppe)

13.00 Uhr Mittagessen und Tagungsende

Anmeldungen und Rückfragen bitte an das Komitee für Grundrechte und Demokratie, Sekretariat, Köln, Aquinostr. 7-11, 50670 Köln (Tel. 0221-97269-30, Fax: -31, e-Mail: Grundrechtekomitee@t-online.de). Rechtzeitig vor der Tagung werden weitere Informationen versendet.

Die Teilnahmekosten betragen incl. Übernachtung und Vollverpfle-gung für zwei Tage 150,- DM (DZ) / 180,- DM (EZ). StudentInnen, Arbeitslose und SozialhilfeempfängerInnen bezahlen einen reduzierten Beitrag von 80,- DM (Der ermäßigte Beitrag wird aus einem Fonds der „Gesellschaft Ev. Akademie Arnoldshain e.V.“, ausgeglichen. Spenden für diesen Fonds werden erbeten auf das Konto 41 00 522 bei der Ev. Kreditgenossenschaft eG Frankfurt (BLZ 500 605 00) unter dem Stichwort „Fonds der Gesellschaft“.

Nach Pressemeldung des Komitees für Grundrechte und Demokratie  e.V. (Prof. Dr. Wolf-Dieter Narr, Prof. Dr. Roland Roth, Dirk Vogelskamp)

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