Publikationen / Mitteilungen / Mitteilungen Nr. 177

Vorge­stellt: Stiftung ZURÜCKGEBEN

Mitteilungen17703/2002Seite 19

Mitteilungen Nr. 177, S.19

Seit einigen Wochen ist die Stiftung Zurückgeben zur Förderung jüdischer Frauen in Gestalt der Geschäftsführenden Karin Wieckhorst in einem Winkel des Berliner HU-Büros untergekommen. Auf Anregung der stellvertretenden HU-Bundesvorsitzenden Ingeborg Rürup wurde so die Arbeitsfähigkeit der Stiftung erreicht, die als Initiative einiger engagierter Frauen, unter anderen der früheren Berliner Senatorin Hilde Schramm entstanden war. Zu den Beirätinnen zählen die Psychoanalytikerin Dr. Margarete Mitscherlich-
Nielsen, die frühere Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main Trude Simonsohn, die Kulturwissenschaftlerin Prof. Dr. Christina von Braun und die Psychologin Prof. Dr. Birgit Rommelspacher. Unsere Büronachbarin stellt sich an dieser Stelle selbst vor:
Die Stiftung Zurückgeben möchte Menschen anregen, die Vorteilsnahmen nicht-jüdischer Deutscher aus der Entrechtung,
Enteignung, Vertreibung und Ermordung von Bürgern jüdischer
Herkunft und jüdischen Glaubens auf sich oder ihre Familienge-schichte zu beziehen.
Hausrat und Wohnungseinrichtungen der Verfolgten wurden auf Aktionen öffentlich versteigert. Anderes wurde von den Nachbarn geplündert. Wertvolle Gegenstände wie Antiquitäten oder Bilder ließ der NS-Staat über den Handel verkaufen. In der Regel sind die ehemaligen Eigentümer nicht mehr zu finden.
Nicht wenige profitierten von der „Arisierung“ jüdischen Besitzes oder zogen Vorteile aus den Berufsverboten und gaben die im NS-Staat verbreiteten und unspektakulären Vorteilsnahmen an die Nachgeborenen weiter.
Die Stifterinnen haben durch Zurückgeben eine der möglichen
Konsequenzen aus diesem gesellschaftlichen und persönlichen Erbe gezogen. Die Stiftung Zurückgeben, die 1994 in Berlin gegründet wurde, fördert Arbeitsvorhaben von Künstlerinnen und Wissen-schaftlerinnen jüdischer Herkunft oder jüdischen Glaubens durch Projektzuschüsse und Jahresstipendien, im Wissen um die Zerstörung der Arbeitsmöglichkeiten von jüdischen Frauen und Männern unter nationalsozialistischer Herrschaft.
Die Stiftung wurde bisher unterstützt durch:
– Verkauf von Bildern, die während des Nationalsozialismus unter Wert erworben wurden
– Verkauf von Möbeln, die der NS-Staat aus Beständen konfiszierten,
jüdischen Eigentums Ausgebombten zur Verfügung gestellt hatte
– Spenden als geschätzten Wertausgleich für Teppiche und eine Vase, die nach dem Hörensagen um 1940 auf Versteigerungen
erworben wurden
– Verkauf des Teils der elterlichen Aussteuer, der jüdischen Bürgern gehört hatte
– Spenden wegen der Tätigkeit des Vaters während der NS-Zeit als Industrieller
– Spenden, obwohl in der Herkunftsfamilie keine direkte Vorteilsnahme bekannt ist

nach oben