Themen / Lebensweisen / Pluralismus

Kunst­pro­jekt "Durchbruch" im Knast

20. Juni 2002

Mitteilungen Nr. 178, S.35-36

Kunst und Knast schließen sich nicht aus: Immer wieder setzen sich aktive Leute in der HU im Sinne dieser inzwischener probten Rehabilitationschance für Strafgefangene ein. Unter Beteiligung der Künstlerin Eva Wal findet derzeit eine im Wortsinne exklusive Ausstellung in Köln-Ossendorf statt – leider unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Somit bleibt nur die schriftliche Dokumentation des modellhaften Projekts, das seit März zusammen mit Frauen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Ossendorf erfolgreich installiert wurde. Für das HU-Mitglied Eva Wal bedeutet dies eine weitere Arbeitsstation im Sinne ihrer bewussten Schwerpunktsetzung zum Thema Frauen in der Gesellschaft. Eine Stele, Stein auf Stein gemauert, fast drei Meter hoch, als gäbe es nicht schon genug Mauern im Knast. Doch an zwei der Wände aus Ytong-Steinen hängen Keramikkacheln mit ausdrucksvollen Motiven, an den beiden anderen Wänden sind Saiteninstrumente aus Holz mit individuell gestalteten Rosetten angebracht. Durch ein Fenster in jeder Seitenwand fällt Licht, die Mauern sind durchbrochen. „Durchbruch“, so heißt dieses Kooperationsprojekt der JVA Köln-Ossendorf mit dem Frauen Museum in Bonn. Anlass war die Ausstellung zum neuen Opferschutzgesetz „Eva hat das Leiden satt“, initiiert vom Arbeitskreis „Frauen gegen Gewalt“ der Opferschutzstelle der Bonner Polizei. Die Künstlerinnen Eva Wal und Sabine Heinen, beide bis dato in der Museumspädagogik des Frauen Museums tätig, begaben sich hinter die Kulissen des Justizvollzugs. In jeweils einer Projektwoche arbeiteten sie mit inhaftierten Frauen in der JVA. In der ersten Woche entstanden die Keramikkacheln mit Sabine Heinen, die zudem gelernte Kunsttherapeutin ist, in der zweiten Woche wurden die Musikinstrumente mit Eva Wal gebaut, die hierbei auf eine Geigenbauerausbildung zurückgreifen kann. Dann bauten die beiden Gruppen gemeinsam die Stele zusammen, montierten die Kacheln und Instrumente, sägten die Durchbrüche. Betreut wurde das Projekt von Klaus Heilmann, Kunsttherapeut an der JVA im Frauenbereich. Die fertige Stele wurde am 23. Mai 2002 in der Kirche der JVA präsentiert. Zu der nicht öffentlichen Vernissage kamen die inhaftierten Frauen und geladene Gäste von außen sowie Mitarbeiterinnen des Frauen Museums. Danach soll die Stele einen Platz finden, an dem sie der Öffentlichkeit zugänglich ist. Möglicherweise ist dieser Platz das neue Gerichtsgebäude in Bonn. „Durchbruch“ ist ein Kommunikationsprojekt. Die Durchbrüche symbolisieren das gewünschte Durchbrechen einer Zwangssituation, dazu gehört auch das Durchbrechen der Mauern zwischen „Knackis“ und Gesellschaft. An der Stele sind zusätzlich Briefkästen angebracht, durch die mit Briefen kommuniziert werden kann. Von drinnen nach draußen und von draußen nach drinnen. Die gefangenen Frauen haben den Anfang gemacht, sie haben Briefe nach draußen in die Briefkästen geworfen. Die Texte liegen bei der Präsentation aus.                                                               Kunstprojekt „Durchbruch“ im Knast                                      Zusätzlich soll eine Dokumentation über das Projekt erscheinen. Die Texte der inhaftierten Frauen, persönliche Erfahrungen der Künstlerinnen und Fallbeispiele sollen in Zusammenhang gesetzt werden, mit einer Ausführung über die kunsttherapeutische Arbeit an der JVA. Abgerundet wird die Dokumentation mit Fotos der Werkstücke und „Handportraits“der Fotografin Cynthia Rühmekorf. Nach einer Information des Frauen Museum Bonn.

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