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Diskussion: Pro & Contra Präim­plan­ta­ti­ons­dia­gno­stik

Aus: Mitteilungen Nr. 214 (3/2011), S. 31-33

(Red.) Die Begründung eines PID-Verbotes von Anke Pörksen in der letzten Ausgabe der HU-Mitteilungen („Es gibt kein Recht auf ein gesundes Kind“ – Ein Plädoyer gegen die Freigabe der Präimplantationsdiagnostik, in: Mitteilungen Nr. 213, S. 11-13) hat manche Zustimmung erfahren, aber auch viele kritische Stellungnahmen provoziert. Obwohl die Debatte um die PID im Bundestag vorerst abgeschlossen ist, setzen wir die Diskussion an dieser Stelle fort – die Fragen über den Umgang mit menschlichen Eingriffen in das werdende Leben kommen ja wieder.

Die falsche Leid-Kultur

Jedes Kind wünscht sich liebevolle verantwortungsbewusste Eltern, die mit seiner Pflege und Erziehung nicht überfordert sind, die auf seine Gesundheit achten und darauf, dass es nicht zu Schaden kommt. – Leider erfüllen bei weitem nicht alle Eltern diese berechtigten Anforderungen.

Viele Eltern rauchen während der Schwangerschaft, und es gibt werdende Mütter, die Alkohol trinken. Liebevolle Eltern dagegen werden versuchen, alles zu tun, damit ihr Kind gute Startchancen hat. Dazu gehört eben in bestimmten Fällen auch, schwere Erbkrankheiten durch PID zu verhindern. Es ist leicht, dies in Sonntagsreden mit ethischen oder theologischen Erwägungen abzulehnen, aber unendlich schwer, im Alltag mit entsprechenden Erbschäden zu leben.

Ich persönlich kann mit meiner schicksalhaften Behinderung (Tetraspastik) gut leben; vor allem auch deshalb, weil meine Eltern alles getan haben, mir trotzdem exzellente Startbedingungen zu verschaffen. Mit einer Behinderung, die sich leicht durch entsprechende Diagnostik hätte verhindern lassen, käme ich dagegen nicht so gut zurecht. Mit eindeutig geregelter und durch transparente Verfahren gut abgesicherter PID lassen sich viel Leid – auch in Gestalt späterer Schwangerschaftsabbrüche – verhindern, und die Gesellschaft kann ihre moralische Kompetenz unter Beweis stellen, indem sie sich mit umso mehr Zuwendung um die kümmert, die mit einer Behinderung klarkommen müssen.

Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof bereits in den frühen 1950er Jahren entschieden, dass jedes Kind ein Recht auf einen gesunden Körper hat und deshalb auch schon präkonzeptive Handlungen, die zu einer Schädigung führen, rechtswidrig sind. (BGH II ZR 141/51, BGHZ 8243 v. 20.12.1952). Im Wege der Rechtsfortbildung ließe sich sagen, dass eine definierte Gruppe von Embryonen das Recht auf Wahl eines gesunden Embryos für die Einpflanzung in die Gebärmutter hat. Etwas zugespitzt: Das Unterlassen von künstlicher Befruchtung und PID bei vollem Wissen um das Risiko schwerer Erbschäden ist eine Art „russisches Roulette“ zu Lasten des gewünschten Kindes.

Darüber hinaus verschweigen die Gegner dieser Selektion schamhaft, dass die überzähligen Embryonen, ob erblich belastet oder nicht, in aller Regel keine Chance haben. Zunächst bleiben sie eingefroren – sicher, um aber irgendwann, wenn andere Dinge wichtiger sind, vergessen und damit vernichtet zu werden.

Auch die historische Belastung durch Euthanasieprogramm und Rassenwahn der Nazis ist kein Grund für eine andere Sichtweise. Selbstverständlich hat die PID nichts mit der Rassenhygiene auf Grund der Nürnberger Gesetze des Hitler-Regimes zu tun, wie z.B. Dr. Peter Radtke befürchtet. Während der NS-Zeit wurden zweimal Olympische Spiele für Propagandazwecke missbraucht. Die Olympischen Spiele in München waren dagegen bis zu dem schrecklichen Terroranschlag ein wunderbarer Gegenentwurf mit Transparenz und spielerischer Leichtigkeit. So geht es auch bei der PID nicht um menschenverachtende Auslese, sondern um Menschenfreundlichkeit und Empathie.

Und dann gibt es ja noch das Argument, Behinderte seien besonders wertvoll für die Gemeinschaft und man dürfe sich nicht, wie ein früherer Landesbischof meinte, „am Leid vorbeimogeln“. Da werde ich dann vollends wütend. Wer würde denn beispielsweise auf eine Bypass-OP oder eine Spenderniere verzichten, um das mit der Krankheit verbundene Leid weiter „auszukosten“ und damit vielleicht ein besserer Mensch zu sein? Aber dem aufgrund einer Erbkrankheit Schwerstbehinderten darf man später sagen, er sei nur deshalb nicht gesund, weil man aus moralischen Gründen auf eine PID verzichtet habe.

Aber zurück zur Sachlichkeit. Ein letztes Argument ist die Einheit der Rechtsordnung, die durch die Entscheidung des Bundestages gewahrt wird. Der künftigen Mutter, die schon jetzt weiß, dass sie kein durch Erbkrankheit behindertes Kind (mehr) will, bleibt durch die Möglichkeit der PID eine im Fall des Falles rechtlich mögliche Abtreibung erspart.

Helmut Knett (Regensburg)

Humanismus ist machbar – und soll gemacht werden

Der Artikel von Frau Pörksen ist polemisch zugespitzt, und er scheint mir an diesem Thema eine eigene Agenda zu verfolgen. Im Folgenden werde ich für die völlige Freigabe mit definierten Ausnahmen argumentieren, und ich werde versuchen, diese christliche Agenda ansatzweise zu benennen.

Schon hinter dem Titel steht die Unterstellung, dass in Frage stünde, es gäbe ein Recht auf ein gesundes Kind. Aber niemand hat meines Wissens diese Behauptung in der PID-Debatte je ernsthaft aufgestellt. Es geht gar nicht um ein Recht auf irgendetwas, sondern in einem freien und demokratischen Rechtsstaat geht es bei Strafgesetzgebung immer darum, ein Verbot zu begründen, also die Einschränkung des allgemeinen Rechtes auf freie Entscheidung, wie man handeln will. In diesem Fall geht es um die Freiheit, alle verfügbaren Mittel zu nutzen, um ein gesundes Kind zu bekommen, besonders, wenn man eine bekannte erbliche Vorbelastung hat. Hier hat der Staat die Autonomie der Menschen so weit zu garantieren, wie die Freiheit des einen mit der des anderen zu vereinbaren ist, ohne Leid oder Schaden für die unmittelbar Betroffenen, für andere oder für die gesamte Gesellschaft zu verursachen. Der Mensch soll autonom sein, nicht allein Mittel zum Zweck anderer Menschen. Der Ansatz dieses Artikels erweist ihn schon als polemisch.

Kann man also mit guten Gründen vertreten, dass die PID verboten werden sollte, ganz oder teilweise oder unter bestimmten Umständen? Wenn die Freiheit aller Rechtssubjekte das zentrale Thema ist, dann ist natürlich die erste Frage: Über wen reden wir hier? Oder: Wer oder was ist ein Mensch? Das ist eine Frage, über die keineswegs, wie Frau Pörksen uns glauben machen will, schon weitgehend Einigkeit besteht: „Weitgehend unumstritten ist unter Juristinnen und Juristen, dass das werdende Leben im Mutterleib Träger des Grundrechts auf Leben ist.“ Selbst wenn das unter Juristen so wäre – unter Philosophen ist das keineswegs Konsens! Und hier geht es nicht um eine juristische Fachfrage allein, sondern um die gesellschaftlich relevante Frage, wie wir uns als Menschen sehen. Die umkämpften Unterschiede liegen hier auf einem Spektrum zwischen den folgenden beiden Gegenpositionen:

1. Schon einer befruchteten Eizelle, jedenfalls aber einer Blastozyste von wenigen hundert Zellen, kommt eine menschliche Qualität zu, die Schutzrechte begründet, auch wenn es keine Voraussetzung für irgendeine aktuelle Empfindungsfähigkeit gibt; diese Position wird in der Regel aus einem religiösen Glauben oder aus einer spontanen emotionalen Haltung heraus vertreten. Zur Stützung dient die Berufung auf die Menschenwürde, vgl. dazu Birnbacher, Pinker.   
2. In so frühem Stadium liegt nur eine Ansammlung von Zellen vor, die noch nicht im entferntesten leidensfähig, geschweige denn bewusstseinsfähig ist, und damit noch nichts Menschliches an sich hat. Dem Fötus wächst erst im Prozess der Reifung allmählich menschliche Qualität zu, und erst mit der Geburt wird er vollends zum Rechtssubjekt. In der Zeit zwischen Befruchtung und Geburt durchläuft der Fötus ein Kontinuum, in dem die Abwägung seiner Rechte mit der weiteren Reifung immer schwerer wiegt.

Was kann in dieser Situation Maßstab der Gesetzgebung sein? Die vage bestimmte Menschenwürde und eine keineswegs mehr allgemein anerkannte theologische Tradition? Je nach Wunsch kann man damit sehr viel begründen. – Die biologischen Tatsachen können nicht vorschreiben, wie etwas rechtlich zu handhaben ist, aber sie können helfen, den Rahmen des Sachgerechten abzustecken:

· Die befruchtete Eizelle teilt sich unablässig und entwickelt nach der Einnistung ein Zentralnervensystem, das Grundvoraussetzung ist für Empfindungs- und Leidensfähigkeit.
· In der Hälfte der Fälle geht die Blastozyste ohne Einnistung ab.
· Vor der Einnistung kann sich noch eine Zwillingsbildung ergeben; das heißt, es nisten sich zwei Blastozysten ein.

Deshalb würde ich die Einnistung für eine passende und nachvollziehbare Zäsur halten, das Menschsein beginnen zu lassen. Diese Zäsur liegt immer noch viel früher als die bisherige Frist für Abtreibung, wäre also auch durch die Abwägung der Rechte der Mutter gegenüber dem noch nicht sehr weit entwickelten Fötus bereits gedeckt und allein deshalb schon analog straffrei zu stellen. Wenn man der noch nicht eingenisteten Blastozyste noch kein eigentliches Lebensrecht zuspräche, würde das keine dramatischen Folgen für unsere rechtlichen Vorstellungen mit sich bringen, würde aber erlauben, per PID legal eingreifen zu können. Die Wahl dieses Zeitpunktes als Beginn menschlichen Lebens wäre plausibel und keineswegs willkürlicher als die Wahl des Zeitpunktes der Befruchtung.

Ein erfreulicher Nebeneffekt wäre, dass analog auch endlich die Stammzellenforschung freizugeben wäre. Hier werden seit mehr als einem Jahrzehnt medizinische Möglichkeiten verschenkt, einzig weil es Pressure Groups gibt für ein christliches Menschenbild, („Leid bringt näher zu Gott. Dem Menschen ist sein eigenes Leben nicht verfügbar.“). Das ist aber nicht mehr konsensfähig, insbesondere wird es das nicht mehr sein, wenn in anderen Ländern die daraus abzuleitenden Möglichkeiten zu haben sein werden.
Letztlich scheint mir diese Diskussion darum, ob sich bei den befruchteten Eizellen schon um einen Menschen handelt, nicht den Punkt zu treffen, den die PID-Gegner eigentlich meinen. So hebt Frau Pörksen hervor, dass doch das Leben ärmer würde, wenn es keine Behinderten mehr gäbe, von deren Lebensfreude man doch viel lernen könnte. Also wäre sie auch gegen jede Methode, die schon vor der Befruchtung eine Behinderung ausschlösse. Mag sein, dass es einmal möglich würde, die schadhaften Spermien auszusondern vor der Befruchtung – das fände sie sicher auch schlimm.

Sicher kann das Leben mit Behinderten uns Aspekte zeigen, die wir sonst nicht sähen. Ebenso wie man von der Tapferkeit Krebskranker lernen kann – und doch wird an der Behandlung von Krebs ganz zurecht massiv geforscht. Die Vorstellung, dass Behinderte sich durch PID und deren Auswahl-Kriterien verletzt fühlen müssten, ist für mich vielleicht psychologisch, nicht aber rational nachvollziehbar. Aber hat dieses Gefühl mehr Berechtigung als die Eifersucht gegenüber einem völlig treuen Partner? Gefühle können schlicht unangemessen sein.

Darf man die Freiheit und Autonomie von Eltern allein deshalb einschränken, weil sich jemand dabei unbehaglich fühlt? Ich denke, es ist für eine Einschränkung nötig, dass ein Schaden entsteht, nicht bloß Unbehagen. Diejenigen, die sich hier verfolgt fühlen, haben – ganz im Gegensatz zu einer Blastozyste – ein berechtigtes aktuelles Interesse an ihrem Leben, das fraglos wie jedes andere Interesse zu respektieren ist. Behinderte haben von der Gesellschaft und unserem Rechtssystem die klare Zusicherung, dass sie ungleich behandelt werden: Dass ihnen nämlich aufgrund ihrer Konstitution mehr Hilfe zu leisten ist als anderen. Ihre Interessen sollen gleichrangig berücksichtigt werden, und diese Interessen müssen aufgrund ihrer Lebenssituation andere sein, als die eines Nicht-Behinderten.

Die Realität der Genforschung ist schon kurz davor, de facto „PID“ während der Schwangerschaft umzusetzen: Wie wir in der ZEIT vom 18. August 2011 lesen können, kann man schon aus einer Blutprobe der Mutter die Fragmente der DNA des Kindes extrahieren und per Computer rekonstruieren. Damit kann man die codierende Kindes-DNA bestimmen und Erbschäden feststellen – in der 10. Schwangerschaftswoche, noch innerhalb der legalen Abtreibungsfrist. Man sieht hier, dass es auf die Dauer eine konstruktivere Antwort braucht: Wir werden wählen können. Und das soll mit der Autonomie, der Freiheit auch der jetzt Behinderten verträglich bleiben. Sie sollen alle Unterstützung bekommen – aber sie können nicht verlangen, dass unsere Gesellschaft absichtlich auf Mittel verzichtet, die unerwünschte Behinderungen verhindern könnten. Wenn es diese Mittel gibt, werden sie genutzt werden – hier oder in anderen westlichen Rechtsstaaten, und dort dann völlig legal.

Der Mensch ist das Maß aller Dinge. – Das ist ein Satz, der Fromme erschaudern lässt, und doch ist er in den aufgeklärten westlichen Gesellschaften mehrheitsfähig. Wer sonst könnte auch das Maß sein? Der Gott, der lange in Europa als Maß galt, ist – Nietzsche hat da völlig recht – faktisch tot. Auch in den Köpfen vieler Kirchenmitglieder. Und das ist gut so. Die Menschen sind durch ihn nicht besser geworden, ganz im Gegenteil, über die ganzen zwei Jahrtausende nicht. Wir leben besser als alle Generationen vor uns – nicht allein wirtschaftlich, auch moralisch stehen wir unseren Vorfahren nicht nach. Gerade die säkularsten Demokratien, z.B. Schweden, Kanada, sind die menschenfreundlichsten.

Heute sind die meisten Menschen in westlichen Demokratien sich bewusst, dass wir die Maßstäbe selber machen müssen. Wir wollen in einer guten Welt leben? Dann müssen wir sie gestalten. Dazu gehört auch PID, genauso wie alle andern Methoden, die im Laufe der Geschichte ersonnen wurden, um Krankheiten zu heilen und vorzubeugen, Mühsal zu erleichtern, vor Gefahren zu schützen – auch wenn die Menschen, die ein mühseliges Leben hatten, sicher auch gern das einzige Leben gelebt haben, das sie hatten. Jeder Mensch liebt das Leben, das er hat. Das taten unser Vorfahren, das tun Behinderte, das tun wir alle.

Frau Pörksen spricht die schiefe Ebene an, den Slippery Slope, auf den wir geraten, wenn die PID auch nur eingeschränkt zugelassen wird. Was kann da Schlimmes passieren? Bald würde nicht mehr allein negativ ausgewählt, um Krankheiten zu eliminieren, sondern die „Horror“-Vorstellung des Designer-Babys könnte Wahrheit werden. 

Zum einen: Von einem genetischen Bauplan des Lebens sind wir noch weit entfernt. Und selbst wenn es irgendwann möglich sein wird: Was ist denn gegen ein Verfahren einzuwenden, das den Eltern einige Wahlmöglichkeiten böte? Welche schlimmen Konsequenzen wären zu erwarten? Es gibt Gefahren: In Asien wurden, seit es durch Ultraschallgeräte möglich ist, das Geschlecht des Fötus frühzeitig zu erkennen, vorzugsweise Mädchen abgetrieben, weil sie eine teure Mitgift kosten. Heute gibt es in Asien ein Defizit von ca. 160 Millionen Frauen. Das sind Erfahrungen, die sicher, wie in diesem konkreten Fall, eine Intervention durch Aufklärung oder im Notfall auch gesetzliche Verbote angezeigt erscheinen lassen. Hier wirken sich Traditionen übel aus – aber die Menschen können daraus lernen, sofern diese Traditionen nicht absichtlich vernünftiger Diskussion entzogen werden, indem sie einen metaphysischen Status bekommen, der pragmatische Vernunftgründe wirkungslos macht.

Selektion gibt es seit mehr als 3 Mrd. Jahren auf diesem Planeten durch „Mutter Natur“. Das Entscheidende für den Humanisten ist dabei: Mutter Natur selektiert auf brutal gleichgültige Art, was die Leiden der Betroffenen angeht. Wer dem Leben nicht gewachsen ist, wird zugrunde gehen. Das ist wohl kaum wünschenswert, oder?  Die jetzt verfügbaren und absehbaren Verfahren, solches Leid zu vermeiden, sind in meinen Augen eine echte humane Errungenschaft, für die sich die Wissenschaft rühmen kann, und sicher nicht entschuldigen muss. – Hier kann der Humanismus eintreten für ein gutes Leben, für die Vermeidung von Leid. Die einzigen, die hier das Leid bemessen und so eine Entscheidung treffen können, sind natürlich die (evtl. auch nur zukünftig) Leidenden, die Eltern – das sind die einzigen, die das angeht. Nun haben sie neue Mittel, sich zu helfen.

Gegen eine derartige Selbstgestaltung des menschlichen Lebens gibt es viele Bedenken, und niemand darf Bedenkenträgern verbieten, sich ihren Bedenken entsprechend zu verhalten und sie in öffentlicher Diskussion nachdrücklich zu vertreten. Aber sie haben nicht das Recht, anderen ihre Vorstellungen per Gesetz aufzuzwingen, ohne Gründe zu liefern, die den Betroffenen einleuchten – Glaube hat keine Relevanz für Ungläubige.

Mit der kürzlich im Parlament getroffenen Entscheidung ist ein bescheidener Anfang gemacht: Die verfügbaren Optionen waren schon im Vorfeld um die wesentlichste beschnitten: Kein Politiker hat sich getraut, offen die PID-Freigabe zu befürworten – ein dubioser Erfolg der frommen Lobby der beiden Großkirchen. Ich hoffe nachdrücklichst, dass PID und andere Verfahren mit gleicher Zielrichtung bald freigegeben und nur in wohlbegründete Ausnahmen verboten werden.

Roland Pardon
ist promovierter Physiker und Philosoph aus der Überzeugung, dass ein gutes Leben „von Vernunft geleitet und von Liebe durchwärmt sei“ (Bertrand Russell). Er ist derzeit tätig in der IT-Industrie.

Literaturempfehlungen (nur in der Online-Ausgabe verfügbar):

Gute Analyse der Befürchtungen von Behinderten:
http://evidentist.wordpress.com/2011/06/07/peter-singer-und-der-kampf-um-anerkennung

Dieter Birnbacher: Mehrdeutigkeiten im Begriff der Menschenwürde, http://www.gkpn.de/singer2.htm.

Steven Pinker: Der Begriff ist überholt,
http://www.tagesspiegel.de/wissen/die-menschenwuerde-ist-antastbar/1247070.html

Christiane Nüsslein-Volhard, Das Werden des Lebens, dtv, 2004

Bernhard Schlink: Die Würde in vitro. Zur Debatte des Bundestags um die Präimplantationsdiagnostik, in: Der Spiegel 25/2011, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-79051505.html.

Thomas Hummitzsch: Ich finde diesen Paternalismus dreist [Kommentar zu Schlink], in:  diesseits 02/2011, http://www.diesseits.de/aktuelles-heft/ich-finde-diesen-paternalismus-dreist

Giordano-Bruno-Stiftung: Für eine Zulassung der Präimplantationsdiagnostik in erweiterten Grenzen. Stellungnahme der Ethikkommission der GBS, http://www.giordano-bruno-stiftung.de/files/pid.pdf

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