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Neuer Vereinsname – warum erfor­der­lich?

Mitteilungen22005/2013Seite 18-21

Mitteilungen Nr. 220 (1/2013), S. 18-21

Erfreulicherweise hat in den HU-Mitteilungen eine verbandsinterne Diskussion über den Vereinsnamen begonnen. Zum Beitrag von Theodor Ebert „Eine neue Namensdiskussion? Nicht schon wieder!“ (Mitteilungen 218/219, S. 24f.) bemerkte ich folgendes: Bei der Namensfrage kommt es nicht darauf an, ob und was der Gustav Heinemann-Initiative bei den Verhandlungen über den Verschmelzungsvertrag zugesagt wurde (hierzu habe ich mich überhaupt nicht geäußert), sondern auf den Vertragstext. Der sieht im §5 vor: „Bis zu einer Entscheidung über einen neuen Namen fügt die HU ihrem Namen den Untertitel bei ‚Vereinigt mit der Gustav Heinemann-Initiative’“. Bei der folgenden Urabstimmung wurde auf dem Stimmzettel alternativ zur Abstimmung gestellt der vorgeschlagene Name „Gesellschaft für Bürgerrechte“ und – ich zitiere wörtlich: „Ich lehne die Änderung des Vereinsnamens ab. Es bleibt bei der Bezeichnung ‚Humanistische Union, vereinigt mit Gustav Heinemann-Initiative’“. Es trifft daher nicht zu, wenn Theodor Ebert meint, dass es nach der Urabstimmung beim Namen Humanistische Union bleibt. Der aktuelle Vereinsnamen lautet vielmehr „Humanistische Union, vereinigt mit der Gustav Heinemann-Initiative“.

Ausgangspunkt meiner Überlegungen war, ob denn ein Verband auf nicht absehbare Zeit mit einem solchen „Bandwurmnamen“ – ergänzt noch um die nicht zum Vereinsnamen gehörende Erläuterung „Bürgerrechtsorganisation“ – erfolgreich in der Öffentlichkeit wirken kann. Ich hatte daher für die HU-Mitteilungen (Nr. 213, S. 22) den Beitrag „Nach der Urabstimmung: Vereinsname – was nun?“ geschrieben und meine Überlegungen dann in den HU-Mitteilungen 214, S. 25, mit dem Antrag „Neuer Vereinsname“ konkretisiert. Dieser Antrag wurde von der 22. Delegiertenkonferenz in Berlin unverändert angenommen. In dem Antrag ist von Vorschlägen für einen neuen Vereinsnamen die Rede, nicht – wie Theodor Ebert schreibt – von Vorschlägen für einen Zusatz zum Namen Humanistische Union. Soviel zum Formalen. Wichtiger erscheint mir das Bemühen um einen zukunftsfähigen Vereinsnamen.

Neuer Name oder Namens­zu­satz?

In dem Beitrag „’Humanistische Union‘ – ein Markenzeichen für Bürgerrechtsarbeit?“ (Mitteilungen 217, S. 26f.) hatte ich den bisherigen Vereinsnamen bereits kritisch beleuchtet. Im folgenden beschränke ich mich daher auf die Beiträge zur Namensdiskussion in den beiden letzten Ausgaben der HU-Mitteilungen (Nr. 217 und 218/219).

Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung heißt seit einigen Jahren „Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit“. Mir ist nicht bekannt, dass die Medien den Zusatz „für die Freiheit“ übernommen haben. Warum sollte das bei „Humanistische Union für Bürgerrechte“ anders sein? Das Komitee für Grundrechte und Demokratie wird in den Medien kurz als Grundrechtekomitee bezeichnet. Bei dieser Verkürzung bleiben die Verbandsziele wenigstens noch im Ansatz erhalten. In letzter Zeit wurde der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung in den Medien viel öfter erwähnt als die HU. Hier ist bereits aus dem Namen ersichtlich, worum es geht. Aus diesen Beispielen geht hervor, dass bei der Namenswahl auch die Gepflogenheiten der Medien – kurze treffende Wortwahl – zu berücksichtigen sind.

Das breite Spektrum der HU-Arbeit kann nach meiner Ansicht am besten unter dem Oberbegriff „Bürgerrechte“ zusammengefasst werden, der daher auch Namensbestandteil sein sollte. Das Wort „humanistisch“ ist kein Synonym für Bürgerrechte. Nachdem uns schon die Formulierung „Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union“ in Pressemitteilungen usw. keinen größeren Bekanntheitsgrad gebracht hat, ist nicht ersichtlich, warum das durch einen Namenszusatz – „Humanistische Union für Bürgerrechte“ oder ähnlich – gelingen sollte.

Gleichwohl sind die Überlegungen von Thomas Schuster (Mitteilungen 218/219, S. 25f.) in dem Beitrag „Bürgerrechtsunion – ergänzt um Namenszusätze“ bedenkenswert. Als Namensbestandteil würden diese Zusätze zwar den neuen Vereinsnamen für die Medien nicht handhabbar machen. Man könnte die Vorschläge aber bei der grafischen Neugestaltung des Briefkopfs und der Pressemitteilung aufgreifen. Der Beirat könnte zum Beispiel an den Rand des Briefbogens rücken, so dass im Briefkopf Platz für die Benennung der Arbeitsschwerpunkte wäre – oder umgekehrt. Deutlich hervortreten müsste jedoch der neue Vereinsname. Wie das bei der Neugestaltung der Briefbögen usw. am besten umzusetzen wäre, dafür bedürfte es professioneller Hilfe.

Theodor Ebert (Mitteilungen 218/219, S. 25) befürchtet bei einem Vereinsnamen Bürgerrechtsunion eine sprachliche Nähe zur CDU/CSU, sieht eine solche Nähe bei Humanistische Union aber nicht. Nach meiner Kenntnis stehen sowohl die Christlich Demokratische als auch die Christlich-Soziale Union nicht gerade im Ruf, Bürgerrechtsparteien zu seien. Eine Nähe zu den beiden Unionsparteien sehe ich weder bei Humanistische Union noch bei Bürgerrechtsunion. Die Verwechslungsgefahr mit dem Humanistischen Verband Deutschlands und ähnlichen Verbandsnamen besteht allerdings nur bei Humanistische Union.

Man kann natürlich – so argumentiert insbesondere Peter Menne (Mitteilungen 218/219, S. 26f.) – einen weiten Bogen spannen von den geistesgeschichtlichen Epochen der Aufklärung und des Humanismus zur Humanistischen Union unserer Tage. Nur – bei einer Nachrichtenagentur oder in den Nachrichtenredaktionen einer Tageszeitung hat die Redakteurin oder der Redakteur gar keine Zeit, solche Überlegungen anzustellen. Für sie muss bei der Hektik der täglichen Redaktionsarbeit mit einer Vielzahl von Pressemitteilungen bereits aus dem Vereinsnamen ersichtlich sein, dass die Pressemitteilung ein bürgerrechtliches Thema – im weitesten Sinne – zum Inhalt hat.

Bei der ersten Urabstimmung stimmten 72,9 Prozent der teilnehmenden Mitglieder für einen neuen Vereinsnamen. Kein Zweifel, das nach der Satzung erforderliche Quorum wurde damit nicht erreicht. Dass sich 72,9 Prozent sehr wohl einen neuen Vereinsnamen vorstellen konnten, wird aber bei der laufenden Namensdiskussion ganz ausgeblendet. Ein neuer Vereinsname beeinträchtigt nicht die aufklärerische Arbeit der HU, sondern würde sie besser in die Öffentlichkeit transportieren.

Medien­prä­senz der HU?

Wolfgang Hoog (Mitteilungen 218/219, S. 28) schreibt: „Manche sollten zur Kenntnis nehmen, dass die HU ein Markenzeichen ist. Wer die Presse verfolgt, sollte das mitbekommen haben.“ Ich habe neben der regionalen Hannoverschen Allgemeinen Zeitung alle überregionalen Tageszeitungen sowie zwei Sonntagszeitungen abonniert (Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt, Frankfurter Rundschau, taz. die tageszeitung, Neues Deutschland, Junge Welt, Welt am Sonntag, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung). Wenn ich eine Pressemitteilung von der Bundesgeschäftsstelle der HU erhalte und am nächsten Tag meine Zeitungen durchsehe, dann ist das Ergebnis meistens sehr ernüchternd. Bei besonders wichtigen Pressemitteilungen schaue ich noch in die in den hannoverschen Bibliotheken vorhandener Regionalzeitungen, kaufe manchmal  auch einige Regionalzeitungen am Kiosk hinzu. Insgesamt sind das dann um die zwanzig Regionalzeitungen, die ich zusätzlich auswerte. Als Ergebnis kann ich der Bundesgeschäftsstelle der HU wenig Zeitungsausschnitte zusenden.

In dem bereits erwähnten Beitrag in den Mitteilungen Nr. 217, S. 26f. hatte ich auf die verdienstvolle Arbeit der Orts- und Regionalverbände der HU und deren Öffentlichkeitsarbeit hingewiesen. Die publizistische Reichweite dieser Öffentlichkeitsarbeit ist leider im allgemeinen auf das Verbreitungsgebiet der lokalen oder regionalen Tageszeitung beschränkt. Überregionale Tageszeitungen erscheinen nur in Berlin, München und Frankfurt und sind wenig geneigt, Berichte über örtliche oder regionale Aktivitäten überregional zu verbreiten. Die Rhein-Main-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist außerhalb dieses Gebiets gar nicht erhältlich. Ob die Frankfurter Rundschau auch in Zukunft eine Rolle als überregionale Tageszeitung spielen kann, steht beim Schreiben dieses Textes noch nicht fest.

Leider ist auch die Zahl der aktiven Orts – und Regionalverbände der HU mit entsprechender Öffentlichkeitsarbeit begrenzt. In Deutschland gibt es als Tageszeitungen aber 130 sogenannte „Publizistische Einheiten“ mit 1.532 Ausgaben (näheres hierzu: Walter J. Schütz, Deutsche Tagespresse 2012, Media Perspektiven Nr. 11/2012 , S. 570ff.).

So wertvoll die unterstützende Arbeit der Orts- und Regionalverbände der HU ist – die überregionale und die ganze Themenbreite umfassende HU-Arbeit muss vom Bundesvorstand und der Geschäftsführung geleistet und von der Bundesgeschäftsstelle den Medien vermittelt werden. Bei der Öffentlichkeitsarbeit ist die Bundesgeschäftsstelle auf Nachrichtenagenturen, die wichtigsten Tages- und Wochenzeitungen sowie auf Kontakte zu einzelnen Journalistinnen und Journalisten angewiesen. Ein aussagekräftiger Vereinsname würde die Öffentlichkeitsarbeit auf Bundesebene erleichtern.

Bedeu­tungs­ver­lust durch einen neuen Vereins­na­men?

Nicht begründet erscheinen mir die von einigen Mitgliedern bei der Namensdiskussion geäußerten Befürchtungen. Nach einer Namensänderung blieben die in der Satzung festgelegten Vereinsziele unverändert. Der organisatorische Aufwand wäre überschaubar. Auch in der Vergangenheit mussten Informationsmaterial, Briefbogen usw. sowie der Internetauftritt der HU von Zeit zu Zeit aktualisiert werden. Selbstverständlich wäre die Öffentlichkeit über eine Namensänderung zu informieren. Was soll daran so schwer sein? Andere Verbände waren mutiger. Einige Beispiele:

Ingo Jürgensmann (Mitteilungen 218/219, S. 27) nennt als abschreckendes Beispiel die Namensdiskussion beim Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (Foebud) und den Namensvorschlag „Data Movement“. Inzwischen hat sich Foebud in „Digitalcourage“ umbenannt. Im Neuen Deutschland vom 21.11.2012 erschien ein fünfspaltiger Bericht mit der Überschrift „Digitale Zivilcourage“ und dem Untertitel „Der Datenschutzverein Foebud hat sich zum 25. Geburtstag einen neuen Namen gegeben.“ In dem Bericht heißt es u.a.: „Er (Foebud) heißt nun ‚Digitalcourage‘. Der Name erinnert nicht zufällig an Zivilcourage, denn um eine lebenswerte Gesellschaft zu gestalten, sei diese auch im Netz notwendig.“ Vorstandsmitglied Padeluun wird mit den Worten zitiert: „Unser Name war immer erklärungsbedürftig, außerdem zu lang und nicht einprägsam.“ Hier wurde also die Information über die Namensänderung zur Darstellung der Arbeitsweise des Verbandes genutzt. Als Digitalcourage (ehemals Foebud) im April 2013 den diesjährigen Big Brother-Award verlieh, war der neue Vereinsname schon so bekannt, dass Der Spiegel (Nr. 16 vom 15.4.2013, S. 139) ein Kurzinterview mit Vorstandsmitglied Rena Tangens brachte. Überregional erschienen Berichte im Neuen Deutschland und in der Jungen Welt vom 13.4.2013. Allein in Niedersachsen hatten drei große Regionalzeitungen die dpa-Berichterstattung aufgegriffen. Wer es noch nicht wusste, erfuhr aus diesen Berichten auch, dass Foebud jetzt Digitalcourage heißt. Trauen wir uns eine ähnliche Strategie bei der Einführung eines neuen Vereinsnamens nicht zu?

Die traditionsreiche Freireligiöse Landesgemeinschaft Niedersachsen hatte sich Ende der achtziger Jahre in Freie Humanisten Niedersachsen umbenannt. Danach gab es die ersten Verwechslungen mit der Humanistischen Union in Niedersachsen. Nach Gründung des Humanistischen Verbands Deutschlands änderte der Verband seinen Namen in Humanistischer Verband Niedersachsen. Hier hat ein Verband innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums seinen Namen zweimal geändert.

An anderer Stelle (Mitteilungen 209, S. 20f.) hatte ich bereits den Zusammenschluss von PDS und WASG zur Partei „Die Linke“ und von fünf Einzelgewerkschaften zur „Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di)“ hingewiesen. In beiden Fällen war der Zusammenschluss mit der Aufgabe des bisherigen Namens und der – erfolgreichen – Etablierung eines neuen Namens verbunden. Warum sollte uns das nicht auch gelingen? Ich wäre bereit, dabei mitzuhelfen.

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