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Neuer Arbeits­kreis „Beweis­ver­wer­tungs­verbot" – Wer macht mit?

Mitteilungen215/21606/2012Seite 28
von Aufruf

Striktes Beweisverwertungsverbot bei rechtswidrigen Handlungen der Sicherheitsbehörden. Mitteilungen Nr. 215/216 (Heft 1/2012), S. 28

Seit dem RAF-Terrorismus der 1970er Jahre des vergangenen Jahrhunderts haben die Sicherheitsbehörden (Staatsanwaltschaft, Polizei, Nachrichtendienste) immer wieder neue Befugnisse für die Überwachung und für Ermittlungsmaßnahmen erhalten, noch verstärkt seit dem 11. September 2001. Bedenken, dass dadurch Rechtsstaat und Bürger sowie Freiheitsrechte unzumutbar gefährdet würden, sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass die Voraussetzungen der Eingriffs- und Überwachungsbefugnisse immer detaillierter gesetzlich geregelt wurden und dass für viele Maßnahmen ein Richtervorbehalt vorgesehen wurde. In der Praxis jedoch haben alle diese gesetzlichen Mechanismen zum Schutz der Bürgerrechte nicht viel genutzt. Sicherheitsbehörden halten zum Teil fahrlässig, zum Teil willentlich gesetzliche Vorschriften bei Ermittlungen nicht ein. Und auch der Richtervorbehalt erfüllt nicht die in ihn gesetzten Hoffnungen. Die Untersuchungen des Max-Planck-Instituts in Freiburg sowie der Universitäten Münster und Osnabrück zeigen, dass offensichtlich viele Richter blind ihre Unterschrift unter oft fehlerhafte Anträge der Staatsanwaltschaft setzen, und die Vielzahl der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ist erschreckend, mit denen permanent gerichtlich genehmigte Wohnungsdurchsuchungen für verfassungswidrig erklärt werden.

Ein striktes gesetzliches Beweisverwertungsverbot für alle Erkenntnisse, die die Sicherheitsbehörden auf gesetzwidrige Weise erlangt haben, könnte helfen. Zum einen würde hierdurch verhindert, dass der rechtwidrige Eingriff bei den Ermittlungen im gerichtlichen Verfahren durch die Verwendung der Beweise erneuert und vertieft wird. Wenn außerdem Staatsanwaltschaft, Polizei und Nachrichtendienste wüssten, dass alle Erkenntnisse, die sie aus rechtswidrigen Maßnahmen gewinnen, nicht verwertet werden können, würden Grenzüberschreitungen abnehmen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt nämlich nicht, dass rechtswidrig erlangte Erkenntnisse nicht verwertet werden dürfen. Vielmehr müsse abgewogen werden, wie schwer der Rechtsverstoß und wie schwer die Straftat ist, um die es in dem Verfahren geht. Das bedeutet viel zu viele Grauzonen.

Zu diesem Thema wollen wir einen Arbeitskreis der HU bilden, der auch unter Berücksichtigung z.B. amerikanischer Erfahrungen oder auch anderer europäischer Rechtsordnungen einen Gesetzentwurf erarbeitet. Er soll sowohl das Strafprozess- wie das Polizeirecht umfassen, möglicherweise auch das Recht der Nachrichtendienste und des Datenschutzes. Initiatoren sind Jens Puschke vom Bundesvorstand und Till Müller-Heidelberg. Wer mitarbeiten will, melde sich bitte bei der Geschäftsstelle:

Telefon: 030 / 204 502 56
Fax: 030 / 204 502 57
Email: ak-beweis@humanistische-union.de
Wiki: https://www.humanistische-union.de/wiki/hu/projekte/beweis.

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