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Bericht von der letzten Delegier­ten­kon­fe­renz der HU

Mitteilungen22801/2016Seite 1-3

in: HU-Mitteilungen Nr. 228 (1/2016), S. 1-3

So viele Delegierte wie schon lange nicht mehr (nämlich: 46 von 51 möglichen) wurden bei den Wahlen zur 24. Delegiertenkonferenz (DK) der HU gewählt. Auch wenn am Ende die eine oder der andere doch verhindert waren, kamen am Ende gut 50 Mitglieder in München zusammen, die über die Geschicke der HU berieten und entschieden.

Zu Beginn berichteten zahlreiche Vertreter/innen aus den Orts- und Regionalgruppen über ihre Aktivitäten. Wenig erfreulich: die aktuelle Situation in Frankfurt und Hamburg, wo der Versuch einer Neuwahl des Regional-/Landesvorstands scheiterte – die verbleibenden Aktiven treffen sich derzeit informell. Deutlich mehr Aktivitäten hatten die Gastgeber aus Südbayern, die Vertreter/innen aus Baden-Württemberg, Berlin und Marburg vorzuweisen. Daneben gab es Kurzberichte zu den Arbeitskreisen Beweisverwertungsverbot, Soziale Grundrechte und Psychiatrie. Der erstgenannte arbeitet derzeit an einem Gesetzentwurf für ein umfassendes Verwertungsverbot, das für alle illegal erhobenen Beweismittel gelten soll. Damit soll der Praxis Einhalt geboten werden, dass sich Strafverfolgungsbehörden illegal Beweismittel verschaffen und dabei Rechtsbrüche in Kauf nehmen, weil ihr rechtswidriges Handeln folgenlos bleibt. Zum Stand der Arbeiten lag den Delegierten ein Aufsatz von Holger Niehaus (einem Mitglied des AKs) vor, der die Dimensionen des Problems, die Praxis in Deutschland und anderen Ländern sowie die derzeitige Rechtsprechung zum Thema als auch eine mögliche gesetzliche Lösung in Form eines Beweisverwertungsverbotes in der StPO beschreibt.

Nach den Berichten von der Basis legten Vorstand und Geschäftsführung Rechenschaft ab: über die Arbeitsschwerpunkte der vergangenen beiden Jahre (Verfassungsschutz-Kampagne, Geheimdienste, Suizidbeihilfe und Polizeikontrolle), über die Entwicklung der Finanzen und der Mitgliederzahlen, die bisherigen Ergebnisse des Förderprojektes (u.a. Fundraising/Außendarstellung) und die Herausgabe der vorgänge im Eigenverlag.

Dritter Anlauf zur Mitglie­der­ver­samm­lung – geglückt

Die Antragsdiskussion wurde traditionsgemäß mit den satzungsändernden Anträgen begonnen. Hierzu lag der Entwurf einer neuen Vereinssatzung vor, mit der die DK durch eine reguläre Mitgliederversammlung ersetzt werden sollte, an der alle Mitglieder teilnehmen können. Der Antrag war der dritte Anlauf in dieser Sache: 2008 verfehlte das Vorhaben bei einer Mitglieder-Urabstimmung (die erste in der Geschichte der HU) um ganze zwei Stimmen das damals nötige Quorum von 75%. Bei der vorherigen DK scheiterte der Antrag bereits in einer Vorabstimmung mit 26:8:1 Stimmen.

Nachdem der Satzungsentwurf diesmal deutlich überarbeitet vorlag und das Quorum für Satzungsänderungen zuletzt auf zwei Drittel gesenkt worden war, sollte es diesmal klappen. Dennoch gab es eine ausführliche, auch kontroverse Diskussion um den Antrag: etwa, ob die Mitgliederbindung und die Verbindlichkeit für die Teilnehmer/innen bei einer DK nicht höher sei; ob nicht doch mit Majorisierungsversuchen durch einzelne Regionalgruppen zu rechnen sei. Am konkreten Vorschlag war zudem umstritten, ob auch der Vorstand eine außerordentliche MV einberufen darf (oder nur die Mitgliedschaft/ Regionalgruppen), und wie die Beschlussfähigkeit der Versammlung zu begrenzen sei. Am Ende stimmten 29 Delegierte für, 12 gegen den Antrag – damit war die Satzungsänderung geschafft.

Erhöhung der Mitglie­der­bei­träge

Darüber hinaus lag den Delegierten ein Antrag zur Erhöhung der Mitgliederbeiträge vor. So schmerzhaft diese Erhöhung für manchen sein mag: nach über 17 Jahren gleichbleibender Beitragssätze war dieser Schritt kaum zu umgehen. Zu stark sind die Verbraucherpreise in dieser Zeit gestiegen, als dass sich die Mehrkosten sinnvoll auffangen ließen. Zudem ist sicher gestellt, dass alle einkommensschwachen Mitglieder wie bisher Beitragsermäßigungen in Anspruch nehmen können und dabei die für sie passende Beitragshöhe selbst bestimmen können.

Unter diesen Vorzeichen entschlossen sich die Delegierten, den Antrag dahingehend anzupassen, dass alle Haupt-Beitragsstufen (30-60-90 bzw. 120 Euro) gleichmäßig um 33 Prozent anzuheben sind. Die neuen, ab dem 1.1. gültigen Beitragsstufen sind dementsprechend: 40 – 80 – 120 Euro für Einzelmitglieder und 140 Euro für Familienmitglieder. Die Geschäftsstelle hat Ende des Jahres alle Mitglieder angeschrieben und über ihre jeweils neuen Beitragssätze informiert.

Dieser und alle weiteren Beschlüsse und Abstimmungsergebnisse der DK finden sich ab Seite 4 dieser Ausgabe der HU-Mitteilungen. Als einziger Antrag wurde der Vorschlag zur erneuten Einsetzung einer AG für einen neuen Vorschlag zum Vereinsnamen abgelehnt. Nachdem der letzte Versuch zur Namensänderung abgebrochen wurde, weil es keine überzeugenden Vorschläge für einen neuen Vereinsnamen gab, wollte die Mehrheit der Delegierten kein neues Verfahren starten, ohne dass qualifizierte Namensvorschläge vorliegen.

Ergebnisse der Vereins­wahlen

Für den Vorsitz kandidierte der alte und neue Vorsitzende der HU, Werner Koep-Kerstin. Er wurde mit der überwältigenden Mehrheit von 39 Ja-Stimmen bei 2 Enthaltungen wieder gewählt.
Bei der anschließenden Neuwahl des Vorstands verzichteten Norman Bäuerle und Helga Lenz auf eine erneute Kandidatur. Als neue Kandidatinnen traten Oksan Karakus und Sarah Thomé an; alle Kandidatinnen und Kandidaten wurden mit deutlicher Mehrheit gewählt.

Ergebnisse der Verbandswahlen 2015

Wahl des Bundesvorsitzenden:
Werner Koep-Kerstin (39)

Wahlen zum Bundesvorstand:
Tobias Baur (35)
Anja Heinrich (32)
Oksan Karakus (39)
Mara Kunz (38)
Martin Kutscha (36)
Fredrik Roggan (33)
Sarah Thomé (38)
Kirsten Wiese (35)
Rosemarie Will (30)

Schiedsgericht: Till Müller-Heidelberg, Alexander Wittkowsky, Heide Hering, Ingeborg Rürup, Anke Reinhard

Wahlkommission: Axel Bußmer, Roland Otte und Norman Bäuerle als Vollmitglieder, sowie Stefan Hügel, Björn Schreinermacher und Katharina Nocun als Ersatzmitglieder

Revisoren: Kilian Schmuck und Matthias Wittmann

Diskussionsredakteur: Johann-Albrecht Haupt

Weitere Themen

Neben organisatorischen Entscheidungen und Vereinswahlen bot die DK zahlreiche inhaltliche Debatten und Denkanstöße, zum Beispiel:

Der Landesverband Bremen regte einen Diskussion um die Folgen der zunehmenden Automatisierung an. Klaus von Freyhold stellte dazu ein Thesenpapier vor („Die Entscheidungsmaschinen kommen“), in dem auf die Folgen der zunehmenden Selbstvermessung der Menschen (durch Handys, smarte Geräte, Fitnessarmbänder …), die flächendeckende Digitalisierung aller Lebensbereiche sowie die Zusammenführung und Verarbeitung dieser Datenmengen (Big Data) aufmerksam gemacht wird. Seine Anregung wurde von den Mitgliedern aus Berlin dankend aufgenommen, die sich ebenfalls mit dem Thema Big Data beschäftigen wollen. Weitere Interessierte sind herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen – Kontakt über den LV Bremen (s.S. 14) oder die Geschäftsstelle.

Kirsten Wiese stellte ihre Positionsbestimmung zur religionspolitischen Ausrichtung der HU vor. Die Diskussion drehte sich vor allem um die Frage, wie die Forderungen nach staatlicher Neutralität einerseits und nach Gleichbehandlung aller Religionen/Weltanschauungen andererseits gegeneinander abzuwägen sind. Als Kompromiss stellte sich die Solange-Formel heraus: Solange es keine vollständige Trennung von Staat und Kirche gebe, ist die Gleichbehandlung (d.h. die Gewährung gleicher Rechte für alle Glaubensgemeinschaften) unumgänglich; zugleich sollte an der Forderung einer Entflechtung festgehalten werden. Alle Beteiligten waren sich einig, dass strittige Themen wie die Kopftücher in öffentlichen Schulen behutsam anzugehen sind, da es hierzu keinen klaren Konsens im Verein gebe.

Kontroverser ging es bei der Debatte um eine Positionierung der HU zur Flüchtlingssituation in Deutschland zu. Martin Kutscha und Helga Lenz hatten hierfür Tischvorlagen erarbeitet, in denen grundsätzliche menschenrechtliche Eckpfeiler einer HU-Position zum Thema, aber auch konkrete Forderungen zur Verbesserung der Aufnahme und Integration enthalten waren. Hier bot die DK nur eine erste Gelegenheit, sich dem Thema anzunähern. Die Bemühungen sollen in einem neuen Arbeitskreis Asyl und Migration fortgesetzt werden.

Alle im Text genannte Materialien sind über die HU-Geschäftsstelle oder die Webseite abrufbar: https://www.humanistische-union.de/shortcuts/dk/

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