vorgänge Nr. 175: Sterben und Selbstbestimmung

vorgänge Nr. 175: Sterben und Selbst­be­stim­mung

Sterben und Selbst­be­stim­mung

vorgänge. Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik, 45. Jahrgang, Heft 3 (September 2006)

 

Wenn von Sterben und Selbstbestimmung die Rede ist, dann hat diese Selbstbestimmung wenig von der freien Entfaltung der Persönlichkeit, die sich sonst mit diesem Begriff verbindet. Der Gedanke richtet sich vielmehr auf die Beendigung erlittener oder die Vermeidung befürchteter Qual. Solchermaßen eingegrenzt ist die Selbstbestimmung am Lebensende in Deutschland zum Gegenstand einer heftigen ethischen Kontroverse geworden. Ihr wird die Verpflichtung des Staates zum Schutz und die Selbstverpflichtung der Ärzte zum Erhalt des Lebens, in manchen strengen christlichen Augen auch die Pflicht der Betroffenen zu leben entgegen gehalten. Der Wunsch nach Selbstbestimmung des Lebensendes wird unter der Hand als Ausdruck mangelnder Fürsorge genommen und nicht wenige mutmaßen gar, sollte einem Töten auf Verlangen stattgegeben werden, dieses Verlangen von unlauteren Nutzenkalkülen durchsetzt würde. An der politischen Oberfläche fokussiert sich die Kontroverse auf die Frage, welche Verbindlichkeit dem Willen, den ein Patient verfügt, zukommt. Doch in der Antwort, welche die Bundesjustizministerin und der Bundestag darauf finden werden, wird sich das Selbstverständnis dieser Gesellschaft spiegeln.

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