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Punktsystem zur politischen Überwa­chung?

vorgängevorgänge 1611/1975Seite 112

aus: vorgänge Nr. 16 (Heft 4/1975), S. 112

(vg) In einer in der Badischen Zeitung, Freiburg, erschienenen, eigenfinanzierten Anzeige protestierten Ende Juni 1975  315 Beschäftigte der Universität Freiburg gegen eine „besorgniserregende Einschränkung demokratischer Rechte” in Baden-Württemberg. Die vom Konventsrat der wissenschaftlichen Mitarbeiter getragene Aktion richtet sich gegen die Überprüfung von Bewerbern für den Öffentlichen Dienst auf ihr politisches Verhalten. In der Erklärung heißt es u a:
„Wie neuerdings bekannt wurde, soll das politische Verhalten der Bewerber nach einem mehr als zweifelhaften 45-Punkte-System gemessen werden, wobei zum Beispiel Teilnahme an Demonstrationen, Unterschriften unter gesellschaftskritischen Flugblättern, Mitgliedschaften in nichtverbotenen Parteien und Organisationen mit einer bestimmten Anzahl von Negativpunkten gewertet werden sollen und als gerichtsverwertbare Tatsache zur Ablehnung eines Bewerbers herangezogen werden … Die karteimäßige Erfassung der studentischen Hilfskräfte und Tutoren sowie der Lehrbeauftragten kann nur als Versuch verstanden werden, politische Einschüchterung, Duckmäusertum und Opportunismus an den Universitäten Baden-Württembergs zu etablieren.”
Auf Anfrage der Badischen Zeitung bestritten sowohl das Verfassungsschutzamt wie auch das baden-württembergische Innenministerium die Existenz eines solchen Punkte-Katalogs – jedoch besitzt die Redaktion der Badischen Zeitung (nach Angaben der National-Zeitung, Basel, vom 28. Juni 1975) eine Kopie des umstrittenen Papiers.

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