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Die Freiheiten der Religionen und die Aufgabe des Staates

Zu den institutionellen und normativen Grundlagen einer multireligiösen Gesellschaft,

aus: vorgänge Nr. 182, Heft 2/2008, S. 125-138

I. Einleitung und Frage­stel­lung

In jüngster Zeit konstatierte man vermehrt eine Tendenz zur „Macht der Religionen (Wilfried Röhrich) oder zur „Wiederkehr der Religionen“ (Martin Riesebrodt)[1] sowohl für die nationalstaatliche Ebene[2] wie für den internationalen Raum.[3] Je nach Position kommentierten Zeitbetrachter diese Entwicklung euphorisch und positiv oder negativ und skeptisch. Unabhängig von solchen Bewertungen soll hier darauf hingewiesen werden, dass die höhere Bedeutung der Religion für Einzelne und Gruppen Differenzen und Spannungen zwischen den Angehörigen unterschiedlicher Glaubensrichtungen auslösen dürften. Diese können sich durchaus in konstruktiven Auseinandersetzungen und respektvoller Toleranz artikulieren. Möglich und wahrscheinlicher sind aber gegenseitige Aversionen und scharfe Interessenkonflikte. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, auf welcher institutionellen und normativen Grundlage das Leben in einer multireligiösen Gesellschaft gestaltet und wie das Verhältnis des Staates und der Politik zu den Religionen ausgerichtet sein sollte.

In monoreligiösen Gesellschaften mögen sich solche Fragen nicht stellen, wobei es selbst in früheren Zeiten nur selten derart einheitliche Orientierungen an einem Glauben in größeren Flächenländern gab. Für die gegenwärtige Situation in Deutschland kann ohnehin nicht mehr von einer Homogenität der Religionsausrichtung ausgegangen werden. Dies veranschaulicht eine vergleichende Betrachtung der früheren und gegenwärtigen Situation: 1961 gehörten 51,1 Prozent der Bewohner der evangelischen Kirche und 45,5 Prozent der katholischen Kirche an, während die Zahl der Konfessionslosen lediglich 2,8 Prozent ausmachte. 2005 bildeten mit 32,2 Prozent die Konfessionslosen knapp die größte Gruppe, während 31,0 Prozent der katholischen und 30,8 Prozent der evangelischen Kirche angehörten und 3,9 Prozent muslimischen Glaubens waren. Hinzu kommt ein steigender Bedeutungsverlust der Kirchen in Gesellschaft und Politik sowie die zunehmende Entfremdung zwischen Gläubigen und Kirche in vielen ethischen und religiösen Fragen.[4]

Somit kann für Deutschland gleich in mehrfacher Hinsicht von einer multireligiösen Gesellschaft[5] gesprochen werden. Zum einen sank der Anteil von Mitgliedern der bei den christlichen Kirchen und der Anteil von Andersgläubigen und Konfessionslosen nahm zu. Zum anderen lösten sich homogene Glaubensvorstellungen der christlichen Gläubigen zu Gunsten individualisierter Religionsinterpretationen immer mehr auf. Die damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen spiegelten sich indessen nicht auf anderer Ebene wider: Trotz einer formalen Neutralität des Staates blieb dessen einseitige Bevorzugung der beiden christlichen Kirchen bestehen. Objektiv bedingt dies eine Benachteiligung von Andersgläubigen und Konfessionslosen, welche zusammen mittlerweile mehr Personen als die jeweiligen Mitglieder der beiden christlichen Kirchen ausmachen. Vor diesem Hintergrund soll hier nicht aus juristischer, sondern politiktheoretischer Sicht[6] für die notwendige Trennung der Religion von Politik und Staat plädiert werden.

II. Definition und Geltungs­ansprüche von Religionen

Dabei findet das Konfliktpotential des Glaubens besondere Aufmerksamkeit, was eine vorherige Definition von Religionen voraussetzt. Über das genaue Verständnis besteht weder bei Sozialwissenschaftlern noch Theologen ein Konsens.[7] Allgemein stellt man darauf ab, dass es sich aus soziologischer Sicht um eine Sammelbezeichnung für Lebensbewältigungs- und Welterklärungssysteme zu bedeutenden „letzten“ Sinnfragen des menschlichen Lebens handelt. Nur so formuliert erfasst diese Begriffsbestimmung allerdings einen zentralen Gesichtspunkt nicht, lassen sich mit dieser Erläuterung doch auch nichtreligiöse, säkulare Auffassungen einem solchen Oberbegriff zuordnen. Insofern muss bei den gemeinten Auffassungen als inhaltlicher Gesichtspunkt immer die Orientierung an einer transzendentalen Perspektive in Gestalt eines Gottes oder eines Göttlichen hinzukommen.[8] Damit verbundenen Einstellungen, Gemeinschaftsformen und Praktiken sind exklusive „Heilsvorstellungen“, „Heilswege“ und „Heilsziele“ zu Orientierung und Sinnstiftung für die Menschen eigen.

Die beiden letztgenannten Gesichtspunkte machen auch den besonderen Geltungsanspruch der Religionen aus: Man sieht jeweils in der Orientierung an einem Gott oder dem Göttlichen die alleinige Instanz für die Ausrichtung menschlichen Lebens und im „Heilsweg“ der eigenen Glaubensvorstellungen den einzig richtigen Weg zum „wahren Sein“. Die damit verbundenen Einstellungen lassen sich indessen weder empirisch noch rational belegen: Weder kann die Existenz eines Gottes sinnlich erfasst noch rational begründet werden.[9] Gleichwohl gehen die Anhänger der Religionen davon aus, dass es nicht nur ein solches Wesen gibt, sondern ihre besondere Deutung von ihm die richtige sei. Es kann in dieser Perspektive demnach nur einen christlich, islamisch oder jüdisch interpretierbaren Gott geben. Durch die Aufspaltung der Religionen differenziert sich dieser exklusive Erkenntnisanspruch aus der Perspektive der Gläubigen sogar noch mehr, muss es demnach doch ein evangelisch oder katholisch, schiitisch oder sunnitisch deutbares Wesen in diesem Sinne geben.

Einzig und allein die Orientierung an Gott oder seinen Repräsentanten verheißt in dieser Wahrnehmung den Weg zum Heil, wie auch die „Heiligen Schriften“ von Christentum und Islam[10] postulieren. So heißt es etwa in der Bibel: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich“ oder „Wer Vater und Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig“.[11] Und im Koran finden sich folgende Ausführungen: „Und wem Gott nicht Licht schafft, der hat kein Licht“ oder „Es sind Worte aus eurem Mund, Gott aber spricht die Wahrheit, und er rechtleitet auf dem Pfad“.[12] Hier artikulieren sich jeweils Absolutheitsansprüche, die im eigenen Glauben den einzigen und wahren Weg für das „Heil“ des Menschen sehen. Jüngst kann man noch einen darüber hinaus gehenden Geltungsanspruch im Katholizismus ausmachen, deutete doch Papist Benedikt XVI. noch als Joseph Ratzinger diesen Glauben als „Option für die Priorität der Vernunft des Vernünftigen“[13]

III. Gefahren- und Konflikt­po­ten­tial der Religionen

Bleiben derartige Absolutheitsansprüche auf die Sphäre der Religion in Gestalt des Verhältnisses einer Gruppe oder eines Individuums zu dem vorgestellten Gott oder Göttlichen beschränkt, ergeben sich nicht notwendigerweise Konflikte und Spannungen für die gesamtgesellschaftliche und damit auch die politische Ebene. Gerade angesichts des zuvor erwähnten Anspruchs aus dem Katholizismus, birgt eine solche Auffassung nach dem italienischen Philosophen Paolo Flores d’Arcais aber die Gefahr „sich aufzwingen zu wollen, auch mit dem säkularen Arm des Staates.“[14] Damit sei der Blick auf die Schattenseiten der Religionen geworfen: Allgemein verbindet man mit dem Glauben im öffentlichen Bewusstsein für die gesellschaftliche Ebene ein „Friedensstiftungs- und Versöhnungspotential“, während das „Gewalt- und Konfliktpotential“ demgegenüber nur geringe oder selektive Beachtung gefunden hat. Die hierbei deutlich werdende „Ambivalenz des Sakralen“ (Mathias Hildebrandt)[15] gilt es nun näher zu betrachten:

Als Ansatz dazu bietet sich die Auseinandersetzung mit der Auffassung des Ägyptologen und Kulturwissenschaftlers Jan Assmann an, wonach dem Monotheismus die Gewaltsamkeit inhärent sei. In der „mosaischen Unterscheidung“ von wahr und unwahr erblickte er die Ursache für Gewalt und Unheil in der Geschichte der Religionen.[16] Betrachtet man die historische Entwicklung von Christentum und Islam, so zeigte sich diese eben nicht von Freiheit und Frieden, Liebe und Toleranz geprägt. Vielmehr waren beide Religionen anschlussfähig gegenüber der Rechtfertigung von Eroberungskriegen und Unterdrückungspraktiken der unterschiedlichsten Art: Für das Christentum sei auf die Zeit von den ersten innerchristlichen Verfolgungen über die Rechtfertigung des Kolonialismus bis zur Unterstützung von Diktaturen im 20. Jahrhundert verwiesen.[17] Für den Islam belegen dies die Entwicklungen von den ersten Eroberungsfeldzügen Muhammads über die Praxis des Dschihad bis zur gegenwärtigen theokratischen Diktatur im Iran.[18]

Derartige Praktiken stellten keinen Bruch mit den „wahren Werten“ der jeweiligen Religionen dar, sondern ließen sich aus den Ausgrenzungstendenzen der „Heiligen Schriften“ ableiten. In der Bibel heißt es: „Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen, und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen“ oder: „Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben, und werden sie in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt.“[19] Und im Koran findet man folgende Worte: „Wahrlich, diejenigen die unsere Verse verleugnen, werden wir im Fegefeuer braten lassen; sooft ihre Haut gar wird, umwechseln wir sie auf eine andere Haut, auf dass sie die Pein kosten“ oder „Bekämpft die an Gott nicht glauben und an den jüngsten Tag, die nicht heilig halten, was Gott geheiligt und sein Gesandter, und nicht anerkennen die Religion der Wahrheit von denen, die die Schrift empfingen, bis sie Tribut aus der Hand zahlen und gering sind.“[20]

IV. Demokra­tie­kom­pa­ti­bi­lität der Religionen

Bibel und Koran gelten allgemein als Bücher des Frieden und der Humanität, der Moral und der Weisheit. Diese Merkmale sind auch den beiden angesprochenen Religionen eigen. Gleichwohl findet man in deren „Heiligen Schriften“ auch die zitierten Stellen des Dogmatismus und Fanatismus, der Inhumanität und Intoleranz. Insofern lässt sich historisch wie inhaltlich mit dem Politikwissenschaftler Hans Maier von einem „Doppelgesicht des Religiösen“ sprechen. Gewalt kann im Unterschied zu Assmanns These „als Korrolarium von Religion … unter allen religiösen Konstellationen auftreten“[21], sie muss nicht auf monotheistische Varianten beschränkt sein. Entscheidend ist ein anderer Gesichtspunkt, nämlich der – auch für säkulare Auffassungen beobachtbare -Zusammenhang zwischen dem Grad des Anspruchs von absolutem und alleinigem Wissen und der Legitimation für diskriminierende und repressive Verhaltensweisen. Daher stellt sich auch die Frage nach der Demokratiekompatibilität der Religionen, hier in Gestalt von Christentum und Islam.

Betrachtet man bezogen auf die letztgenannten Glaubensformen die politische Entwicklung in den darauf bezogenen Ländern, so zeigt sich ein relativ deutlicher Trend: In den christlich geprägten Ländern bestehen überwiegend demokratische Regierungsformen, in den islamisch geprägten Ländern lassen sich primär repressive Systeme ausmachen. Nimmt man darüber hinaus eine historische Perspektive an, so wird eine Immunisierung der islamisch geprägten Welt gegenüber den Demokratisierungswellen des 20. Jahrhunderts deutlich. Worin bestehen die Ursachen dafür? Der Hinweis, es handele sich um Entwicklungsländer mit einem früheren Kolonialstatus, trägt allein nicht, wandelten sich doch solche Länder in anderen Regionen der Welt durchaus hin zu Demokratien. Offenbar spielt die islamische Prägung dieser Länder trotz säkularer Herrschaft eine wichtige Rolle: Die fehlende Tradition der Aufklärung und Selbstkritik sowie die mangelnde Trennung von Politik und Religion gelten als wichtige Bedingungsfaktoren für die geringe Liberalität in diesen Ländern.[22]

Lässt sich demnach die These belegen, wonach das Christentum mit der Demokratie kompatibel ist und der Islam demgegenüber nicht? Würde eine solche Annahme zutreffen, dann müssten die Kirchen als institutionelle Form dieser Religion im Laufe der Geschichte den Weg hin zu Demokratie und Menschenrechten mit vorangetrieben haben. Dem war allerdings gerade nicht so: Zumindest bis Mitte des 20. Jahrhunderts ist vom genauen Gegenteil auszugehen. Beides musste in Europa gegen und nicht mit den Kirchen erkämpft werden. Erst in Folge der aufklärerischen Kritik und der politischen Schwächung der Institutionen des Christentums schlossen diese ihren Frieden mit Demokratie, Religionsfreiheit und Pluralität.[23] Insofern kann die Frage, ob Religionen mit dem Wahrheitsanspruch der großen Monotheismen mit der Demokratie vereinbar sind, mit dem Journalisten Robert Misik bezogen auf den Verlust des politischen Machtanspruchs wie folgt beantwortet werden: „Ja, das sind sie. Nämlich dann, wenn sie besiegt sind.“[24]

V. Dimensionen und Grenzen der Religi­ons­frei­heit

Aus den vorherigen Ausführungen ergeben sich Konsequenzen für die Dimensionen und Grenzen der Religionsfreiheit.[25] Zunächst aber zu einer Definition des damit Gemeinten: Religionsfreiheit gilt als Bestandteil der Menschenrechte und als solcher auch als Grundrecht in den modernen demokratischen Verfassungsstaaten. Damit verbindet sich die Möglichkeit, einen Glauben frei zu wählen und seine Vorgaben zu praktizieren.[26] Der hohe Stellenwert der Religionsfreiheit als Grundrecht erklärt sich mit als Lehre aus der Geschichte, wurden doch immer wieder Menschen um ihres Glaubens willen diskriminiert und verfolgt. Umgekehrt kam es aber auch immer wieder zu Benachteiligungen und Vertreibung von Menschen im Namen des Glaubens. Aus der subjektiven Sicht von Anhängern einer dominierenden Religion handelt es sich dabei ebenfalls um einen Ausdruck der Religionsfreiheit gegenüber den Anhängern von gesellschaftlich marginalen Religionen. Die Ausübung der Freiheit des Einen ging dabei einher mit der Einschränkung der Freiheit des Anderen.

Versteht man nun Religionsfreiheit als Bestandteil eines allseitigen und gleichrangigen Rechtes, so muss die soziale Dimension von Freiheit und Recht im Verständnis stärker beachtet werden. Nach der klassischen Definition des Philosophen Immanuel Kant ist Recht der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür der anderen Seite nach einem allgemeinen Gesetz der Freiheit zusammen vereinigt werden kann. Die Freiheit des Individuums als Recht verstanden, findet demnach dort ihre Grenze, wo die Freiheit eines anderen beginnt.[27] Die soziale Dimension der Freiheit als Recht spricht allen Individuen die Auswahl unterschiedlicher Handlungsmöglichkeiten gleichermaßen zu, muss um der Realisierung dieses allseitigen Anspruchs willen aber auch Grenzen ziehen: Es kann keine absolute und schrankenlose Freiheit der Religionsausübung geben, würde eine solche doch alle Handlungen im Namen der Religion legitimeren.[28] Die Religionsfreiheit endet demnach da, wo in ihrem Namen andere Menschenrechte in Frage gestellt werden.

Die Verletzung der Rechte und der Würde anderer Gruppen oder Individuen gehört daher nicht mehr zum Inhalt der Religionsfreiheit.[29] In dieser Frage gibt es in Deutschland einen breiten ethischen, politischen und rechtlichen Konsens, insbesondere für den Fall der strafrechtlichen Relevanz derartiger Handlungen. Die Grenzen der Religionsfreiheit im vorgenannten Verständnis mit dem allseitigen Aspekt des Toleranzgebotes und dem gleichrangigen Aspekt des Paritätsgebotes beziehen sich auf andere Bereiche, wo es an einem solchen Konsens mangelt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Inanspruchnahme des Glaubens zur Legitimation eigener Interessen- und Machtansprüche, etwa bei der einseitigen Bevorzugung oder Förderung der christlichen Kirchen gegenüber anderen religiösen oder nicht-religiösen Gemeinschaften. Hierzu gehört aber auch die Immunisierung vor Kritik am diskriminierenden Umgang mit Angehörigen der eigenen Glaubensform, was mitunter bei Muslimen hinsichtlich des sozialen Status der Frauen auszumachen ist.

VI. Säkularität des Staates als Garant gleich­ran­giger Religi­ons­frei­heit

Aus den obigen Ausführungen zu den Dimensionen der Religionen und der Religionsfreiheit leitet sich das Plädoyer für eine Trennung von Religion und Staat ab. Die historische Erfahrung in Europa lehrt, dass die Säkularisierung der politischen Sphäre parallel zur Ausweitung individueller Grundrechte und politischer Partizipation erfolgte. Erst dadurch wurde ein höheres Maß an Religionsfreiheit für die unterschiedlichen Glaubensbekenntnisse möglich. Die vorherige Erhebung einer bestimmten Variante des Christentums zur Staatsreligion hatte nicht nur zur Diskriminierung von Anders- und Nichtgläubigen, sondern auch von Anhängern der anderen Versionen des Christentums geführt. Säkularität im staatlichen Bereich bildet demnach die Voraussetzung für eine allseitige und gleichrangige Religionsfreiheit[30]: Erstere bezieht sich auf die Wahrnehmung dieses Grundrechts durch die Anhänger aller Religionsformen, gleichrangige Religionsfreiheit meint den Ausschluss von Benachteiligungen und Bevorzugungen für bestimmte Glaubensgemeinschaften.

Eine solche Auffassung dieses Grundrechtes steht im Konfliktverhältnis zum Modell eines Kirchenstaatstums bzw. Staatskirchentums, wo Kirche und Staat eine organisatorische Einheit bilden bzw. die Kirche der staatlichen Herrschaft organisatorisch eingegliedert ist. Gleiches gilt für die rechtliche Statuierung einer Staatsreligion.[31] In allen genannten Fällen wäre die Gewährleistung einer allseitigen Religionsfreiheit möglich. Da aber jeweils der Staat eine bestimmte Religion durch die institutionelle An- oder Einbindung bevorzugt, könnte von einer gleichrangigen Religionsfreiheit nicht mehr gesprochen werden. Eine solche ließe sich nur im Rahmen einer Trennung von Politik und Religion bzw. Staat und Kirche realisieren. Dies setzt zum einen die religiöse Neutralität des Staates voraus: Dieser dürfte sich erstens mit keiner Religion oder Religionsgemeinschaft identifizieren, müsste deren Entfaltung zweitens allerdings durch die Gewährleistung von Freiheitsrechten Raum geben, aber auch drittens deren Zugriff auf staatliche Ämter und Institutionen verwehren.[32]

Zum anderen weist ein solches Verständnis allen Religionsgemeinschaften lediglich den Status einer privat-rechtlichen Organisation zu. Die Umsetzung des Trennungsgebotes würde demnach weder zu einer Abschaffung oder Benachteiligung der Religionen noch zu einer Verdrängung ihrer Inhalte und Praktiken in den nicht-öffentlichen Raum führen. Vielmehr bedeutete dies lediglich eine Gleichstellung der Religionsgruppen mit anderen gesellschaftlichen Gruppen wie Parteien und Verbänden. Als solche steht es ihnen ebenso frei wie den anderen genannten Teilen einer pluralistischen Gesellschaft, für ihre Interessen und Wertvorstellungen im öffentlichen Raum zu werben. Dass die Bestimmung des Verhältnisses von Politik und Religion über die Trennung von Staat und Kirche dabei keineswegs einen Bedeutungsverlust des Glaubens für das soziale Leben bedingt, veranschaulicht der hohe Stellewert der Religionen für Gesellschaft und Politik in den USA.[33] Ebendort gilt die institutionelle Trennung von Religion und Staat als historische Selbstverständlichkeit.

VII. Die mangelnde Trennung von Kirche und Staat in der Mehrheits­ge­sell­schaft

Daran mangelt es in der Bundesrepublik Deutschland bereits seit ihrer Gründung – trotz gegenteiliger Bekenntnisse sowohl bezogen auf den inhaltlichen wie auf den institutionellen Bereich. Das Religionsrecht des Grundgesetztes gilt ausweislich seiner Normtexte als rein säkulares Rechtssystem und beinhaltet bei aller Religionsfreundlichkeit ein kooperatives Trennungssystem mit umfassendem Neutralitätsgebot.[34] Dem gemäß verwehrt man damit die Einführung staatskirchlicher Rechtsformen und die Privilegierung bestimmter Religionen.[35] Der Verfassungstheorie entsprach und entspricht aber nicht die Verfassungswirklichkeit, worauf kritische Stimmen bereits Anfang der 1960er Jahre und vor einem anderen Hintergrund Anfang der 1990er erneut verwiesen.[36] Die damit verbundene Aufhebung des Neutralitäts- und Trennungsgebotes schränkt zwar nicht die allseitige, aber die gleichrangige Wahrnehmung der Religionsfreiheit ein, werden doch die Angehörigen der beiden christlichen Kirchen gegenüber Anders- und Nichtgläubigen bevorzugt.

Als Körperschaften des öffentlichen Rechts ist ihnen etwa die Erhebung der Kirchensteuern durch die Finanzämter ermöglicht worden. Eine staatliche Einrichtung vollbringt demnach eine Dienstleistung für eine nicht-staatliche Organisation, was mit guten Gründen dann eigentlich auch andere nicht-staatliche Organisationen wie andere religiöse Gruppierungen oder die Interessenvertretungen der Konfessionslosen für sich verlangen können müssten. Die Exklusivität des Anspruchs der christlichen Kirchen kann nur schwer begründet werden. Selbst wenn den christlichen Glaubensgemeinschaften nahezu alle Einwohner angehörten, verbände sich damit eine Verletzung des grundsätzlichen Neutralitätsgebots. Noch problematischer ist eine solche Praxis vor dem Hintergrund zunehmender Austritte aus den Kirchen und dem dominierenden Anteil von Konfessionslosen in den östlichen Bundesländern. Als Alternative zu dem Kirchensteuermodell bietet sich die Einführung eines Modells rein kircheneigner Beitragsleistung wie in vielen anderen Ländern an.[37]

Auch die theologischen Fakultäten an den Universitäten stellen ein Beispiel für die einseitige Bevorzugung der christlichen Kirchen und für einen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot dar. Hier erfolgt die Ausbildung von Geistlichen, also von zukünftigen Dienstleisten einer letztendlich doch privaten Organisation, auf Staatskosten.[38] Als weitaus problematischer kann noch ein anderer Gesichtspunkt gelten: An den theologischen Fakultäten besteht ein anderes Wissenschaftsverständnis als in anderen Disziplinen. Während allgemein das Prinzip der vorurteilsfreien Wahrheitssuche das Ideal der Forschung darstellt, ist eine solche in den theologischen Fakultäten an die inhaltlichen Vorgaben der christlichen Kirchen gebunden. Dies schränkt die Wissenschaftsfreiheit in erheblichem Maße ein[39] – mitunter bis zu Folgen für die Betroffenen. Es kam immer wieder zu Maßregelungen gegen einzelne Theologie-Professoren, die mitunter sogar ihre Lehrstühle verloren. Den Vertretern der Kirche gelang es so, ein Grundrecht außerhalb ihres eigentlichen Wirkungsbereichs aufzuheben.

VIII. Die mangelnde Trennung von Politik und Religion gegenüber der musli­mi­schen Minderheit

Und schließlich sei neben zahlreichen anderen Beispielen[40] noch auf den konfessionell gestalteten Schulunterricht an öffentlichen Schulen verwiesen. In ihm erfolgt keine neutrale Unterrichtung über Religion, vielmehr werden die Glaubenssätze der Kirchen vermittelt.]41] Mit gleichen Rechten könnten muslimische Organisationen einen Islamunterricht im islamischen Sinne einfordern. Genau dies soll offenbar mit staatlicher Unterstützung umgesetzt werden, was ebenfalls auf einen Bruch des Neutralitätsprinzips – diesmal allerdings gegenüber einer nicht-christlichen Minderheit – hinaus liefe. Neben der damit verbundenen grundsätzlichen Problematik, dass demnach der Staat Kindern muslimischer Eltern den „richtigen“ Islam beibringen soll, führt eine solche Vorgehensweise zu einer weiteren Separierung von Schülern entsprechend ihrer Religionszugehörigkeit. Stattdessen bietet sich die Einführung eines Faches „Religions- und Weltanschauungskunde“ für alle Schüler mit der Wissensvermittlung über alle religiösen und säkularen Auffassungen für Alle an.[42]

Ebenfalls als Ausdruck einer mangelnden Trennung von Religion und Politik bzw. Staat gegenüber der muslimischen Minderheit kann die Gründung der „Islam-Konferenz“ gelten. So anerkennenswert die Bereitschaft zum Dialog mit den Muslimen in Deutschland ist, so kritikwürdig ist diese Vorgehensweise aus mehreren Gründen: Anhänger des Islam definieren sich selbst keineswegs primär oder zentral über ihren religiösen Glauben, sondern auch über kulturelle, politische oder soziale Zugehörigkeiten. Mitunter liegen die Ursachen von Konflikten auf den damit verbundenen Ebenen und nicht im Bereich der religiösen Zugehörigkeit. Der im Kontext der „Islam-Konferenz“ entstandene „Koordinierungsrat der Muslime“ verfügt über keine ausreichende demokratische Legitimation, kann er sich doch höchstens auf ein Drittel, eher wohl nur auf ein Zehntel der in Deutschland lebenden Muslime stützen.[43] Und schließlich repräsentieren die dort organisierten Verbände überwiegend konservative, teilweise sogar islamistische Deutungen dieses Glaubens.[44]

Darüber hinaus wäre noch die mangelnde Trennung von Religion und Politik unter Muslimen selbst kritisch anzusprechen: Empirische Studien veranschaulichen, dass mit 46,7 Prozent ein nicht unbeträchtlicher Teil der Anhänger dieser Religion in Deutschland deren angebliche oder tatsächlichen Inhalte über die Grundprinzipien der Demokratie stellen wollen. Außerdem lässt sich mit 9,9 Prozent bzw. 56,2 Prozent ein bedeutender Anteil von Muslimen mit einer hohen bzw. mittleren Demokratiedistanz ausmachen.[45] Auch wenn der Hinweis auf die stark abgesunkene Zustimmung zur Demokratie in Deutschland in der ostdeutschen Mehrheitsgesellschaft die politische Brisanz dieser Erkenntnisse etwas relativieren mag, lässt sich das Bestehen eines latenten gesellschaftlichen Konfliktpotentials nicht verkennen. Die oben referierten Auffassungen vertreten insbesondere die Muslime, die sich selbst als besonders religiös einschätzen. Auch für sie muss in einer funktionsfähigen offenen Gesellschaft indessen das Primat der Menschenrechte vor der Religion gelten.[46]

IX. Religiöse Argumen­ta­ti­ons­muster im öffent­li­chen Diskurs

Die erwähnten Grundprinzipien der Trennung von Religion und Staat können auch auf die Trennung von Religion und Politik – hier bezogen auf die Ebene des öffentlichen Diskurses zu politischen Fragen – übertragen werden. Dies meint nicht, dass sich Gruppen oder Personen mit religiösen Auffassungen nur noch privat und nicht mehr öffentlich äußern dürften. Es geht in der angesprochenen Problematik vielmehr darum, inwieweit in einer deliberativen Demokratie im öffentlichen Vernunftgebrauch Argumente mit dem Verweis auf einen Glauben Beiträge zu politischen Fragen sein können. Politische Theoretiker des demokratischen Verfassungsstaates wie der US-amerikanische Philosoph John Rawls gehen davon aus, dass derartige Aussagen so zu formulieren seien, dass sie sich auf allen Personen gleichermaßen zugängliche Inhalte berufen.[47] Die Bezugsbasis für einen öffentlichen Gebrauch der Vernunft lässt sich in dieser Perspektive nicht religiös begründen, da sie in einer multireligiösen Gesellschaft von Anders- und Nichtgläubigen nicht geteilt wird.

Gegen diese Auffassung formulierte der Sozialphilosoph Jürgen Habermas jüngst immer wieder Einwände[48]: Danach solle die politische Kommunikation im öffentlichen Raum für jeden Beitrag offen gehalten werden. Die damit verbundene „Zulässigkeit nicht-übersetzter religiöser Äußerungen in der Öffentlichkeit“ ergibt sich nach Habermas auch aus einem funktionalen Grund: „Der demokratische Staat sollte weder Individuen noch Gemeinschaften davon abhalten, sich spontan zu äußern, weil er nicht wissen kann, ob sich die Gesellschaft nicht andernfalls von Ressourcen der Sinn- und Identitätsstiftung abschneidet.“ Worin letztere im Unterschied zu säkularen Begründungen bestehen, ließ der Philosoph bislang aber offen. Darüber hinaus bemerkte er: „Mögliche Wahrheitsgehalte religiöser Beiträge können nur dann wirksam in verbindliche Entscheidungen der Politik einfließen, wenn irgendjemand sie aufgreift und in eine allgemein zugängliche Argumentation übersetzt.“[49] Damit stellt sich aber die Frage, warum solche Positionen zunächst religiös formuliert werden sollten.[50]

In eine ähnliche Richtung mit eindeutigerer Konsequenz formulierte der US-
amerikanische Politiker Barack Obama zu dieser Problematik: „Allerdings verlangt unsere auf Diskussion ausgerichtete pluralistische Demokratie, dass religiös motivierte Politiker ihre Anliegen nicht religionsspezifisch ausdrücken, sondern in universelle Werte übersetzen. Das bedeutet, dass ihre Vorschläge der Vernunft zugänglich sein und dem Diskurs unterworfen werden müssen.“[51] Interessanterweise erweist sich hier Obama als konsequenterer Vertreter der diskursiven Demokratie als deren deutscher Begründer Habermas. Gerade die im zweiten Satz genannten Kriterien stellen das Problem für den öffentlichen Diskurs mit religiösen Inhalten dar, lassen sie sich doch mit ihrem exklusiven Anspruch auf das „Heil“ und die „Wahrheit“ nicht empirisch oder rational begründen. Gerade darin besteht der Unterschied zwischen religiös und säkular legitimierten Auffassungen, welche sich eben gerade nicht gleichrangig und selbstverständlich einer kritischen Prüfung aussetzen lassen.

X. Schlusswort und Zusam­men­fas­sung

Die eingeforderte Trennung der Religion von Politik und Staat stellt nicht nur eine bedeutende Grundlage für das Selbstverständnis eines demokratischen Verfassungsstaates und einer offenen Gesellschaft dar. Darüber hinaus handelt es sich auch um die notwendige Basis für die viel diskutierte Integration von Muslimen in die westlichen Gesellschaften. Wollen diese nicht ihre Normen und Regeln zu Gunsten einer einseitigen und selektiven Praxis verraten, müssen sie den Angehörigen religiöser Minderheiten mit dem Prinzip der Gleichbehandlung begegnen und dürfen daher nicht mit zweierlei Maß messen. Wenn dem gemäß von Muslimen die Trennung von Bürger und Gläubigem, Politik und Religion erwartet wird, dann müssen die damit verbundenen Prinzipien auch die Mehrheitsgesellschaft prägen.[52] In diesem Sinne wäre die nur eingeschränkte Trennung von Religion und Staat im Sinne einer Säkularisierung der Institutionen konsequent umzusetzen. Insofern sollte auch christlichen wie muslimischen Lehrer das Tragen von religiösen Symbolen gleichrangig erlaubt oder untersagt werden.[53]

Muslime können für sich alle Formen der Religionsfreiheit ausüben – sofern sie nicht gegen andere Gesetze oder Rechte verstoßen. Die glaubwürdige Berufung auf dieses Grundrecht schließt aber immer auch die Freiheit von anderen Religionen, individueller Religionsabkehr und argumentativer Religionskritik mit ein. Die allseitige und gleichrangige Gewährung von Religionsfreiheit auf Basis einer Trennung der Religion von Politik und Staat erlaubt nach einer konsequenten Umsetzung für die Mehrheitsgesellschaft demnach auch die kritische Anfrage an die Minderheit: Wenn eine Gruppe sich auf Religionsfreiheit beruft, dann sollte sie diese auch all ihren Mitgliedern zugestehen! Wenn eine Gruppe im Namen der Religionsfreiheit für die Auffassungen ihres Glaubens wirbt, dann sollte sie auch öffentlich formulierte Kritik daran akzeptieren! Mit diesen Aussagen verbundene Inhalte bilden legitime kritische Rückfragen, darf die Berufung auf die Religionsfreiheit als Grundrecht doch nicht einseitig instrumentalisiert und selektiv interpretiert werden.[54]

Über die besondere Problematik der Integration von Muslimen hinaus verdient die eingeforderte Trennung der Religion von Politik und Staat noch aus einer allgemeinen demokratietheoretischen Perspektive Aufmerksamkeit: Die erwähnten Absolutheitsansprüche und Ausgrenzungstendenzen stehen für ein gesellschaftliches Konfliktpotential. So warnte denn auch der Soziologe Ulrich Beck, so human Religionen auch scheinen mögen, bergen sie doch stets einen totalitären Kern.[55] Selbst wenn man diese Auffassung nicht in Gänze teilen würde, machen historische Erfahrungen und theoretische Überlegungen doch auf folgenden Gesichtspunkt aufmerksam: Wenn mit dem Anspruch, allein über den richtigen Weg zum „Heil“ zu verfügen, die politische Gestaltung einer Sozialordnung gestaltet wurde, dann ging dies mit einer Aufhebung von Freiheit und Pluralismus einher.[56] Insofern können die rigorosen Geltungsansprüche der Religionen in einer Demokratie nur für den Glauben und die Religionsgruppe, aber nicht für Gesellschaft und Staat Akzeptanz finden.[57]

[1] Vgl. Wilfried Röhrich, Die Macht der Religionen. Glaubenskonflikte in der Weltpolitik, München 2004; Martin Riesebrodt, Die Rückkehr der Religionen. Fundamentalismus und der „Kampf der Kulturen“, München 2000.

[2] Hierzu liegen allerdings unterschiedliche Ergebnisse der empirischen Forschung vor, vgl. Renate Köhler, Die neue Anziehungskraft der Religion, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. April 2006, S. 5; hoi, Deutsche Jugend ohne Gott, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 17. Dezember 2006, S. 1.

[3] Für Deutschland relativieren bzw. widersprechen derartigen Aussagen: Carsten Frerk, Rückkehr der Religion?, in: Humanismus aktuell, 11. Jg., Nr. 21/2007, S. 18-32; Claudia Schulz, Wie Religion zugleich „in“ und „out“ sein kann. Ein empirischer Blick auf Relevanzverlust und Relevanzgewinn aktueller Religiosität, in: ebenda, S. 7-17. Bezogen auf die internationale Dimension und Teilbereiche in Deutschland kann Riesebrodt und Röhrich, hinsichtlich der Situation in den meisten westeuropäischen Ländern Frerk und Schulz zugestimmt werden.

[4] Vgl. Frerk, Rückkehr der Religion? (Anm. 3), S. 19. Vgl. auch O. A., Dossier: Woran die Menschen glauben, in: Karen Andresen/Stephan Burgdorff (Hrsg.), Weltmacht Religion. Wie der Glaube Politik und Gesellschaft bestimmt, München 2008, S. 259-271, hier S. 261f.

[5] Diese Bezeichnung schließt auch Atheisten und Konfessionslose mit ein, soll damit doch in erster Linie die Vielfalt der Einstellungen zu Religion und nicht der Gruppen mit Glaubensausrichtungen erfasst werden.

[6] Vgl. für die juristische Perspektive das Handbuch: Gerhard Czermak, Religions-und Weltanschauungsrecht. Eine Einführung. In Kooperation mit Eric Hilgendorf, Berlin – Heidelberg 2008.

[7] Vgl. Christoph Auffarth/Hubert Mohr, Religion, in: Christoph Auffarth/Jutta Bernard/Hubert Mohr (Hrsg.), Metzler Lexikon Religion. Gegenwart -Alltag -Medien, Bd. 3, Stuttgart – Weimar 2000, S. 160-172; Jürgen Gebhardt, Politik und Religion, in: Dieter Nohlen/Rainer Olaf Schultze (Hrsg.), Politische Theorien, München 1995, S. 435-442; Jörg Splett, Religion, in: Görres-Gesellschft (Hrsg.), Staats-Lexikon. Recht -Wirtschaft – Gesellschaft, Bd. 4, Freiburg 1988, S. 792-800.

[8] Dies schließt dann allerdings den Buddhismus aus der Definition von Religion aus, handelt es sich hier doch mehr um eine Alltagsphilosophie mit esoterischen Bestandteilen.

[9] Vgl. Norbert Hoerster, Die Frage nach Gott, München 2005; John Leslie Mackie, Das Wunder des Theismus. Argumente für und gegen die Existenz Gottes, Stuttgart 1985; Nigel Warburton, Was können wir wissen, was dürfen wir tun? Einstieg in die Philosophie, Reinbek 1988, S. 19-48.

[10] Die vorliegende Erörterung bezieht sich fortan nur auf diese beiden Religionen, da sie international wie national zu den am weitesten verbreiteten Glaubensformen zählen.

[11] Johannes-Evangelium 14,6 und Matthäus-Evangelium 10, 37. Die Zitate aus der Bibel nach folgender Ausgabe: Die Bibel. Altes und Neues Testament, Einheitsübersetzung, herausgeben im Auftrag der Bischöfe Deutschlands, Österreichs der Schweiz, des Bischofs von Luxemburg, des Bischofs von Lüttich, des Bischofs von Bozen-Brixen, Freiburg 1993.

[12] Sure 24,4; Sure 33,4. Die Zitate aus dem Koran nach folgender Ausgabe: Der Koran. Übertragung durch Lazarus Goldschmidt, Berlin o. J.

[13] Vgl. Joseph Kardinal Ratzinger, Der angezweifelte Wahrheitsanspruch. Die Krise des Christentums am Beginn des dritten Jahrtausends, in: Joseph Ratzinger/Paolo Flores d’Arcais, Gibt es einen Gott? Wahrheit, Glaube, Atheismus, Berlin 2006, S. 7-18, hier S. 17.

[14] Paolo Flores d’Arcais, in: Gespräch zwischen Joseph Kardinal Ratzinger und Paolo Flores d’Arcais, Gibt es Gott?, in: ebenda, S. 19-68, hier S. 22. Vgl. auch seine kritische Anmerkung zur Methode dieser Inanspruchnahme der Vernunft, ebenda, S. 48.

[15] Mathias Hildebrandt, Einleitung: Unfriedliche Religionen? Das politische Gewalt- und Konfliktpotenzial von Religionen?, in: Mathias Hildebrandt/Manfred Brocker (Hrsg.), Unfriedliche Religionen? Das politische Gewalt- und Konfliktpotenzial von Religionen, Wiesbaden 2005, S. 9-35. hier S. 11f.

[16] Vgl. Jan Assmann, Die mosaische Unterscheidung. Oder der Preis des Monotheismus, München 2003; Jan Assmann, Gottes willige Vollstrecker: Zur Politischen Theologie der Gewalt, in: Saeculum, 51 Jg., Nr. 2/2003, S. 161-174; Jan Assmann, Monotheismus und die Sprache der Gewalt, Wien 2007.

[17] Vgl. Karlheinz Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums, Bd. 1 – 8, Reinbek 1986-2004; Joachim Kahl, Das Elend des Christentums, Reinbek 1993, S. 21-85.

[18] Vgl. Efraim Karsh, Imperialismus im Namen Allahs. Von Muhammad bis Osama Bin Laden, München 2007; Bassam Tibi, Kreuzzug und Djijhad. Der Islam und die christliche Welt, München 1999, S. 51-85, 134-167.

[19] Johannes-Evangelium 15, 6; Matthäus-Evangelium 13, 41 (siehe Anmerkung 11).

[20] Sure 4,59; Sure 9,29 (siehe Anmerkung 12).

[21] Hans Maier, Das Doppelgesicht des Religiösen. Religion – Gewalt – Politik, Freiburg 2004, S. 17, vgl. zum Verhältnis von Gewalt und abrahamitischen Religionen ebendort, S. 18-21.

[22] Vgl. Wolfgang Merkel, Religion, Fundamentalismus und Demokratie, in: Wolfgang Schluchter (Hrsg.), Fundamentalismus, Terrorismus, Krieg, Weilerswist 2003, S. 61 -86; Armin Pfahl-Traughber, Staatsformen im 20. Jahrhundert I: Diktatorische Systeme, in: Alexander Gallus/Eckhard Jesse (Hrsg.), Staatformen von der Antike bis zur Gegenwart. Ein Handbuch, 2. Auflage, Köln 2007, S. 223-280.

[23] Vgl. Manfred Brocker/Tine Stein (Hrsg.), Christentum und Demokratie, Darmstadt 2006; Josef Isensee, Keine Freiheit für den Irrtum. Die Kritik der katholischen Kirche an den Menschenrechten als staatsphilosophisches Paradigma, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, 104 Jg., 1987, S. 296-336; Adrian Loretan/Toni Bernet-Strahm (Hrsg.), Das Kreuz der Kirche mit der Demokratie. Zum Verhältnis von katholischer Kirche und Rechtsstaat, Zürich 2006.

[24] Robert Misik, Gott behüte! Warum wir die Religion aus der Politik raushalten müssen, Wien 2008, S. 116.

[25] Vgl. Armin Pfahl-Traughber, Notwendige Grenzen der Religionsfreiheit in einem säkularen Rechtsstaat. Zur Kritik der Instrumentalisierung eines Grundrechts, in: Huamnsimsus aktuell, 6. Jg., Nr. 10/2002, S. 49-58.

[26] Vgl. Axel von Campenhausen, Religionsfreiheit, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland. Bd. VI: Freiheitsrechte, Heidelberg 1989, D. 369-433.

[27] Vgl. Immanuel Kant, Die Metaphysik der Sitten. Erster Teil: Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre (1797), in: Immanuel Kant, Werke in sechs Bänden, Bd. 5, Köln 1995, S. 243-450, hier S. 276.

[28] Vgl. Jörg Müller-Volbehr, Das Grundrecht der Religionsfreiheit und seine Schranken, in: Die Öffentliche Verwaltung, 48. Jg., Nr. 8/1995, S. 301-310.

[29] Vgl. Ernst-Wolfgang Böckenförde, Religionsfreiheit, in: Hans Gasper/Joachim Müller/Friederike Valentin (Hrsg.), Lexikon der Sekten. Sondergruppen und Weltanschauungen. Fakten, Hintergründe, Klärungen, Freiburg 2000, S. 899-904, hier S. 903.

[30] In der historischen Betrachtung lässt sich allerdings kein zwingender Zusammenhang von Religionsfreiheit und Säkularität ausmachen: In den politischen Systemen des „real existierenden Sozialismus“ ging die dort praktizierte Zurückdrängung des Einflusses von Kirche und Religion mit antidemokratischen Mitteln zur Legitimation einer atheistisch ausgerichteten Diktatur einher.

[31] Vgl. Theodor Maunz/Reinhold Zippelius, Deutsches Staatsrecht. Ein Studienbuch, 30. Auflage, München 1998, S. 236f.

[32] Vgl. Ernst-Wolfgang Böckenförde, Säkularer Staat und Religion, in: Franz Sommerfeld (Hrsg.), Der Moschee-Streit. Eine exemplarische Debatte über Einwanderung und Integration, Köln 2008, S. 130-146, hier S. 132f., wobei allerdings der Widerspruch dieser Merkmale zur bundesrepublikanischen Wirklichkeit nicht näher problematisiert wird.

[33] Vgl. Manfred Brocker (Hrsg.), God bless America. Politik und Religion in den USA, Darmstadt 2005.

[34] Vgl. Czermak, Religions- und Weltanschauungsrecht (Anm. 6), S. 31, vgl. auch ebenda, S. 27-31, 75-98.

[35] Vgl. Art. 3, Abs. 1, Art. 4, Abs. 1, Art. 33, Abs. 3 des Grundgesetzes sowie Art. 136, Abs. 1, Art 136, Abs. 4 und Art. 137, Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung, die durch Art. 140 des Grundgesetzes in dieses übernommen wurden.

[36] Vgl. Erwin Frischer, Trennung von Staat und Kirche. Die Gefährdung der Religionsfreiheit in der Bundesrepublik, München 1964; Erwin Fischer, Staat und Kirche im vereinigten Deutschland, Aschaffenburg 1990.

[37] Vgl. Johannes Neumann, These 2: Kirchensteuer, in: Humanistische Union (Hrsg.), Trennung von Staat und Kirche. Thesen der Humanistischen Union, München 1995, S. 18-24.

[38] Vgl. Johannes Neumann, These 5: Theologische Fakultäten, in: ebenda, S. 31-34.

[39] Vgl. Hans Albert, Traktat über kritische Vernunft (1968), Tübingen 1991, S. 146-155. Die Problematik allgemein wie exemplarisch veranschaulicht auch: Gerd Lüdemann, Im Würgegriff der Kirche. Für die Freiheit der theologischen Wissenschaft, Lüneburg 1998.

[40] Vgl. die näheren Ausführungen zu Arbeitsrecht, Medien, Militärseelsorge, Staatsleistungen, Subventionen in: Humanistische Union (Hrsg.), Trennung von Staat und Kirche (Anm. 37).

[41] Vgl. Johannes Neumann, These 6: Religionsunterricht, in: ebenda, S. 34-39.

[42] Vgl. Joachim Kahl, Kein islamischer Religionsunterricht an staatlichen Schulen in Deutschland, in: Aufklärung und Kritik, 7. Jg., Nr. 1/2000, S. 16-22.

[43 ]Vgl. Claus Leggewie, Religion zwischen Staat und Kirche, in: Spiegel-Spezial, Nr. 2/2008: Allah im Abendland, S. 28f.

[44] Vgl. Markus Wehner, Am Tisch mit Islamisten und Orthodoxen, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 9. März 2008, S. 14. Zutreffend wird hier darauf hingewiesen, dass die Mehrheit der Muslime und damit auch die liberalen Anhänger dieser Religion über keine Stimme verfügen.

[45] Vgl. Katrin Brettfeld/Peter Wetzels, Muslime in Deutschland. Integration, Integrationsbarrieren, Religion sowie Einstellungen zu Demokratie, Rechtsstaat und politisch-religiös motivierter Gewalt. Ergebnisse von Befragungen im Rahmen einer multizentrischen Studie in städtischen Lebensräumen, Hamburg 2007, S. 141 und 143.

[46] Vgl. Armin Pfahl-Traughber, Die neue Gretchenfrage, in: Frankfurter Rundschau vom 13. März 2008, S. 16.

[47] Vgl. John Rawls, The Idea of Public Reason Revisted, in: The University of Chicago Law Review, 64. Jg., Nr. 3/Sommer 1997, S. 765-807.

[48] Vgl. Jürgen Habermas, Religion in der Öffentlichkeit. Kognitive Voraussetzungen für den „öffentlichen Vernunftgebrauch“ religiöser und säkularer Bürger, in: Jürgen Habermas, Zwischen Naturalismus und Religion. Philosophische Aufsätze, Frankfurt/M. 2005, S. 119-154.

[49] Jürgen Habermas, Die öffentliche Stimme der Religion. Säkularer Staat und Glaubenspluralismus, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 52. Jg., Nr. 12/Dezember 2007, S. 1441-1446, hier S. 1444f.

[50] Vgl. als ausführlichere Einwände dazu: Paolo Flores d’Arcais, Elf Thesen zu Habermas, in: Die Zeit, Nr. 48 vom 22. November 2007, S. 53.

[51] Barack Obama, Hoffnung wagen. Gedanken zur Rückbesinnung auf den American Dream, München 2007, S. 282.

[52] Vgl. Paul Scheffer, Toleranz kann nicht auf Furcht gründen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21. Oktober 2006, S. 40.

[53] Als Ausdruck individueller Bekenntnis wäre dies nicht zwingend ein Verstoß gegen das Säkularitätsgebot. Darin besteht der Unterschied zum religiösen Symbol im Klassenraum (z.B. das Kruzifix an der Wand), das sich auf das Bekenntnis der Schule in Gänze und nicht des Lehrers als Individuum bezieht. Entscheidend ist in dieser Frage daher aus säkularer Sicht nicht die Ausrichtung, sondern die Gleichrangigkeit der Unterscheidung.

[54] Vgl. Necla Kelek, Freiheit, die ich meine, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. Dezember 2007, S. Z1f.

[55] Vgl. Ulrich Beck, Gott ist gefährlich, in: Die Zeit, Nr. 52 vom 19. Dezember 2007, S. 12; kritisch dazu: Tine Stein, Gott lässt uns wählen, in: Die Zeit, Nr. 2 vom 3. Januar 2008, S. 10.

[56] Vgl. Mario Vargas Llosa, Religion ist Privatsache, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. Juli 2004, S. 32.

[57] Vgl. zu diesbezüglich kritikwürdigen Entwicklungen in der katholischen Kirche: Paolo Flores d’Arcais, Gegen die Demokratie in: Die Tageszeitung vom 15./16. April 2006, S. 24.

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