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Kritische Grafik in kritischen Zeiten. I

Aus: vorgänge Nr.24 (Heft 6/1976), S. 83-87

„Vielen ist Kunst … eine Art Flucht aus dieser ,pöbelhaften` Welt auf einen besseren Stern, in das Mondland ihrer Phantasie, in ein reineres, partei- und bürgerkriegsloses Paradies … Die Künstler selbst, aufgeblasen und zerwühlt … glauben ‚Schöpfer‘ zu sein … Aber ihre ‚Schöpfungen’… sind gedankenlos, tatsachenfeindlich und kampffremd … Es herrscht der Glaube an die alleinseligmachende Privatinitiative. Mitzuhelfen, diesen Glau-ben zu erschüttern und den Unterdrückten die wahren Gesichter ihrer Herren zu zeigen, ist der Sinn meiner Arbeit … Ich strebe an, jedem Menschen verständlich zu sein, verzichte auf die heute verlangte Tiefe, in die man doch nie steigen kann ohne einen wahren Taucheranzug, vollgestopft mit kabbalistischem Schwindel und intellektueller Metaphysik… Das Getue um das eigene Ich ist völlig belanglos.”
Das schrieb 1925 George Grosz „statt einer Biographie” in der Aufsatzsammlung „Die Kunst ist in Gefahr” gemeinsam mit Wieland Herzfelde, dem Bruder von
John Heartfield.
George Grosz und John Heartfield hatten sich 1915 kennengelernt, als Grosz eben als „kriegsunbrauchbar” aus dem Reichsheer entlassen worden war; auf diese Begegnung hin verbrannte Heartfield alle früheren Arbeiten. 1916 beschlossen beide, sich aus Protest gegen den immer stärkeren Chauvinismus in Deutschland umzutaufen: es gab keinen Georg Gross und keinen Helmut Herzfeld mehr. 1918 traten beide der tags zuvor ge-gründeten KPD bei. Die zwischen 1916 und 1920 entstandenen Fotocollagen und -montagen sind signiert „Grosz-Heartfield mont.” Mit dieser neuen Technik als Transportmittel sozialistischer, humanistischer und revolutionärer ldeen waren die beiden endgültig aus dem herkömmlichen Kunstbetrieb ausgebrochen, sie scherten sich nicht um die Anerkennung der zeitgenössischen Kritiker, ihre Fotocollagen und -montagen stellten keinen „Wert” im Kunsthandel dar. Jede Arbeit wurde zu einer neuen politischen Aktion. „Meine Montagen waren als Waffen in dieser Zeit des Krieges im Frieden von uns gegen die Naziherrschaft gedacht, und umgekehrt waren sie bezeichnend für den Krieg, den die Nazis im sogenannten Frieden bereits eröffnet hatten”, schrieb John an seinen Bruder Wieland 1945 aus dem englischen Exil.

John Heartfield

1929 illustrierte Heartfield in enger Zusammenarbeit mit dem Autor Kurt Tucholsky dessen „Deutschland, Deutschland über alles”. Im selben Jahr wird er regelmäßiger Mitarbeiter der Berliner AIZ (Arbeiter-Illustrierte Zeitung), von der Heinrich Mann sagt: „Zur Anschauung bringt sie die proletarische Welt, die für andere illustrierte Blätter merkwürdigerweise nicht vorhanden zu sein scheint, obwohl sie doch die größere Welt ist. Was im Leben vorgeht, wird hier mit den Augen der Arbeiter gesehen, und es ist Zeit, daß es so gesehen wird. Gemäß der Lage des Proletariats drücken ihre Bilder seine Klage und seine Drohung aus- zugleich aber schon das Selbstvertrauen, das seine tatkräftige Selbsthilfe überall beweist.”
Genau das ist der Punkt, der Machthabern aller Schattierungen gefährlich erscheint: wenn Multiplikatoren sich nicht mehr mit Aufklärung und Erklärung- was schon schlimm genug ist- abgeben, sondern wenn aus ihrer Kritik Wege sichtbar werden, unerträgliche Zustände zu verändern, abzustellen, die jeweils Herrschenden abzuwählen oder abzusetzen und dies noch mit Zustimmung des größeren Teils der Bevölkerung.
Unabdingbare Voraussetzung dazu ist ein Medium, das massenweise Verbreitung sichert, die Zeitung, die von allen gelesen wird, von Arbeitern, Angestellten, Bürgern und ein Bild, das von denselben Lesern verstanden wird, das witzig oder ironisch ist, und das den Zeitungsleser rational oder emotional packt. Heartfield arbeitete durchaus mit einem Trick: mit dem Glauben an die Objektivität und Wahrheit der Fotografie. Wie bei der Karikatur, bei der Wesentliches herausgehoben und weniger Wichtiges verkleinert oder weggelassen wird, so kombinierte er verschiedene Fotos, die er in Archiven fand oder von einem Fotografen stellen ließ mit Teilen anderer Fotos und dem dazugehörigen Text. Er verwendete gern Antithesen „Wollt Ihr wieder fallen, damit die Aktien steigen?” (1932), „Durch Licht zur Nacht” (1933, die Goebbels’sche Bücherverbrennung), „Der Richter und der Gerichtete” (1933, Dimitro f f als Richter und Goebbels als Gerichteter) oder „Sie richten das Volk, solange das Volk sie nicht richtet” (1936 gegen die NS-Volksgerichtshöfe), variierte bekannte Slogans „Mit Gott für Hitler und Kapital” (1930 nach den Septemberwahlen, bei denen die NSDAP zur zweitstärksten Fraktion im Reichstag wurde) „Ich führe Euch herrlichen Pleiten entgegen” (1932, Hitler in der Uniform Wilhelms Il), „Ein feste Burg ist unser Genf” (1934, im Jahr vorher hatte Deutschland die Genfer Abrüstungskonferenz verlassen und seinen Austritt aus dem Völkerbund erklärt) und nannte vor allem die Namen der Rüstungskonzerne: Krupp, Bethlehem Steel Company, Schneider-Creuzot, Skoda, Vickers und Armstrong und die der Hitler-Finanziers aus der Großindustrie: Vereinigte Stahlwerke, Hoechst, Skoda, Krupp, Mannesmann u.a.
Das war keine Kunst mehr, die man sich getrost in die Wohnung hängen konnte, und in Ruhe abwarten, wann der Wert stieg. Der Aufforderungscharakter war nicht mehr zu übersehen. Das war Kunst, die sich gegen Verdummung, Ausbeutung und Krieg wandte, der man den Zorn des Künstlers anmerkte, der Partei ergriff gegen die Mächtigen, gegen die verschleiernde Bürgerpresse, die profitgierigen Konzerne, die kriegslüsternen Politiker und Militärs, für die Entrechteten, von denen er wußte, daß sie bereits wieder als Bombenfutter für den nächsten Krieg eingeplant waren. „Damit aus Not und Qual die neue Welt entsteht: Schlag zu, Prolet” heißt es schon 1930 im Blatt „Ein neues Jahr!”
Im Gegensatz zu den herrschenden Kunstströmungen der Zeit, den Fauves, den Kubisten und Abstrakten in Frankreich, den Futuristen in Italien oder den Expressionisten und Dadaisten in Deutschland war Heartfields Werk ein „Messer …, das in alle Herzen dringt”, wie es Louis Aragon nannte, eine von Moden unabhängige, allgemeingültige Stellungnahme für Frieden und Gerechtigkeit.

George Grosz

Genauso die politischen Karikaturen seines Freundes Grosz. Auch Grosz bediente sich der Antithese, der harten, knappen Gegenüberstellung von Bild und Unterschrift, von Personen im Bild selbst (Arbeiter und Unternehmer z.B.) oder von zwei Bildern, deren Zusammengehörigkeit sich zeigt, weil unter jedem nur der halbierte Text steht, um so die fundamental verschiedenen Interessenlagen der herrschenden und der beherrschten Klasse zu veranschaulichen, wobei auch er deutlich Partei ergreift. „Wo die Dividenden her-kommen” heißt eine Bildhälfte (Arbeiter, die untertag Kohle brechen, oben rauchen rabenschwarz die Schornsteine, unten weint eine Arbeiterin über der Bahre ihres toten Mannes) und „wo sie hinkommen” die zweite (Unternehmer mit Monokel, Zigarre, Früchten und Sekt, die sich’s wohl sein lassen). Oder: „Die Kommunisten fallen- und die Devisen steigen” {der Anklang an die Heartfieldsche Fotomontage ist nicht zu überhören}: Hinten werden Kommunisten abgeschlachtet, vorn tun sich zwei Gutsituierte an Wein und Essen gütlich.
Im Gegensatz zu Heartfield, bei dem nur wenig Arbeiter auftreten, finden sie sich bei Grosz fast genauso oft wie ihre Ausbeuter, sehr oft stellt er auf seinen Karikaturen eine Szene dar, in der sich beide unversöhnlich gegenüberstehen, nur ist der Arbeiter fast immer der Leidende, Rechtlose, der Todeskandidat oder Kriegskrüppel. Ein anderes trägt den Titel „Früh um 5 Uhr!”: Im oberen Fünftel des Bildes gehen die Arbeiter zur Fabrik, unten amüsieren sich die Herrschaften bei Zigarren, Sekt und Frauen, einer spuckt. Oder: „Diese Leute könnten wohl, sie wollen bloß nicht arbeiten!”: Drei Honoratioren am Tisch über einen Kriegskrüppel, der um Almosen bittet. Oder: „Arbeitersanatorium: Licht und Luft dem Proletariat!”- acht Gefangene beim Hofgang im Gefängnis, von dekorierten Wächtern grimmig bewacht (alle Beispiele aus dem Band „Das Gesicht der herrschenden Klasse“). Im Band „Abrechnung folgt!” fallen die Karikaturen ins Auge, die eindeutig Aktion fordern wie „Arbeiter! Besteht darauf, daß diese Gesellschaft unschädlich gemacht wird!” (Plakat anläßlich des Mordes an Rathenau), „Wenn die Arbeiter aufhören wollen Sklaven zu sein, müssen sie ihren Herren die Knute entreißen”, „Wacht auf, Verdammte dieser Erde” oder „Abrechnung folgt!”
Diese Töne waren selbst den Herren der Weimarer Republik zu eindeutig: Grosz wird 1917 in eine Nervenheilanstalt eingewiesen (diese Praxis ist keineswegs neu), er bekommt 1920 einen Prozeß wegen „Aufreizung zum Klassenhaß, Beleidigung der Reichswehr, Erregung öffentlichen Ärgernisses” und wird wegen Zeichnungen aus der Mappe „Gott mit uns” zu 5000 Reichsmark Strafe verurteilt. Vier Jahre später kosten ihn seine Karikaturen aus der Mappe „Ecce homo” wegen „Angriffs auf die öffentliche Moral” 6000 Reichsmark, Vier Jahre darauf wird er wegen „Gotteslästerung” zu 2000 RM verurteilt. Das Urteil wird zwar revidiert, doch die Zeichnungen aus der Mappe „Hintergrund” bleiben eingezogen. 1933 bürgern ihn die Nazis aus, Grosz übersiedelt bis in die 50er Jahre nach New York. Im Jahr der Münchner Ausstellung „Entartete Kunst” werden insgesamt 285 Werke von George Grosz aus deutschen Museen entfernt.
Antifaschismus war nicht mehr gefragt. John Heartfield war schon 1933 nach Prag geflohen, als die SA seine Berliner Wohnung besetzt hatte. Vom Exil aus machte er weiter Fotomontagen für die AIZ. 1936 werden einige seiner Arbeiten auf Geheiß des deutschen Gesandten aus einer tschechischen Ausstellung entfernt. Dazu seine Montage: „Je mehr Bilder sie weg hängen, umso sichtbarer wird die Wirklichkeit!”, zwei Jahre später lehnt die tschechische Regierung den Auslieferungsantrag für Heartfield nach Deutschland ab- er fliegt nach London ins Exil, wo er.bis 1950 lebt.
Grosz und Heartfield- zwei kompromißlose Kämpfer für die Sache des Volkes, für den Frieden. Die Vergangenheit erklärend, die Gegenwart analysierend, die Zukunft optimistisch mit einbeziehend, und das auf hohem ästhetischen Niveau, sind beide heute eine Art Vorbild, Vorkämpfer für die engagierten Künstler unserer Zeit. Ich könnte mir schlecht Klaus Staeck ohne Heartfield oder Guido Zingerl und Walter Kurowski ohne George Grosz vorstellen.

A. Paul Weber

Ein Meister der Karikatur, der bewußten Überzeichnung und Verfremdung, des „Gullivereffektes”, um die dahinterliegende Wahrheit umso sichtbarer zu machen, ist Andreas Paul Weber (,‚Das Gerücht“), der, im gleichen Jahr wie Grosz geboren, heute 83jährig in Schretstaken bei Hamburg lebt und arbeitet. Sein Engagement seit 1928 im Widerstandskreis um Ernst Niekisch, dessen Kampfschrift „Hitler, ein deutsches Ver-hängnis” er illustrierte, brachte ihm 1937 in verschiedene Konzentrationslager: Fuhlsbüttel, Berlin und Nürnberg. Niekisch über Weber: „Nichts von Intellektualität war in ihm, man empfand ihn gleich als den Instinktmenschen, der er war.” Sein Signum ,W` rührt aus dieser Zeit des Widerstands her.
 Realistisch und vorausschauend (die Bezeichnung visionär` hat gleich so etwas Mystisches) hatte auch er bereits 1932 das Ende des kommenden Dritten Reiches voraus-gesehen: In „Das Verhängnis” marschiert eine fahnenschwenkende Menge über einen Hügelkamm direkt in den darunter stehenden riesigen Sarg, der mit einem Hakenkreuz garniert ist. Oder 1933: „Wärs möglich? Könnt‘ ich nicht mehr, wie ich wollte? …” Ein Reiter auf einer Schindmähre über dem Abgrund. Oder in „Hoppla Kultur” von 1934: ein Soldat, der mitten auf dem Schlachtfeld Klavier spielt, oder „und kommen nach kurzer Pause wieder” (1934): der Tod, der schon wieder drauf und dran ist, die Trommel zu rühren.
Webers Werk ist groß und vielfältig, er selber noch ungeheuer produktiv. Seit 1959 erscheint jährlich ein „Kritischer Kalender” mit jeweils 27 Lithographien, seit 1973 hat er ein eigenes Museum in Ratzeburg auf der Dominsel, das ihm die A.-Paul-Weber-Gesell-schaft gestiftet hat. 1971 wurde ihm das Große Bundesverdienstkreuz verliehen, er gleichzeitig zum Professor ernannt. Wie kommt es zu all‘ der Ehre?
A. Paul Weber ist sicher kein Opportunist, keiner, der den Herrschenden schmeichelt, ihnen nach dem Munde malt. Wenn über ihn geschrieben wird, kommen jedes mal ganz automatisch die Vergleiche mit Goya, Honore Daumier und Grandville. Sicher, die Tierparabeln laden dazu ein. In „Jedem das Seine” (1963) etwa sitzt ein Haufen Tiere (Schaf, Huhn, Hund, Kaninchen) gebannt vor dem Fernseher, nur der Fuchs schleicht sich mit einem Buch hinaus. „Am 21. August 1968” symbolisiert ein Panzer mit Totengesicht, der eine Taube überfährt, den russischen Einmarsch in die Tschechoslowakei, oder 1971 „Prager Frühling” : Ratten, die an der Büste Dubceks herauf krabbeln, das Ende dieses Versuchs. Tiere mit Menschengesichtern oder umgekehrt symbolisieren typisch menschliche Schwächen, von denen allen ihn die Dummheit am meisten in Harnisch bringt. „Triumphzug der unsterblichen Dummheit” (1949), „Abgott der Menge” (1949) oder „Das Gerücht” (1943). Den Ursachen dieser ,Dummheit` wird nicht weiter nachgegangen. Über die sogenannte bessere Gesellschaft macht er sich gern lustig, ihr Gehabe, ihre vor-gegebene Kunstkenntnis: „Besuch im Atelier” (1937), „Die Exclusiven” (1951), „Der Kunstpapst” (1952) und „Q jerum, jerum, jerum” (1952).
Sein Hauptthema ist aber immer wieder: die Macht und ihre (negativen) Auswirkungen: „Die große Lähmung” (1948), eine Riesenkrake, die ihre Fangarme durch die Straßen der Stadt schlängeln läßt, „Rückgrat raus!” (1951), ein Schlächterchirurg mit dem Messer zwischen den Zähnen, der den Schlangestehenden das Rückgrat entfernt, bis sie nur noch auf den Knien wie Würmer davonkriechen können, oder „Schmutzige Stiefel” (1964): Soldat (Guardia civil) und spanischer Priester sitzen einträchtig beieinander und lassen sich die schmutzigen Stiefel putzen.
Figuren, die ihren eigenen Stellenwert im kritischen Werk Webers haben, sind der Tod, der Narr und der Fuchs. Der Tod als das Unausweichliche, Narr und Fuchs als verschiedene, mögliche Verhaltensweisen in bestimmten Situationen. Gegenüber der allgemeinen, menschlichen Bosheit und Gemeinheit sympathisiert Weber mit dem, der außerhalb der Gesellschaft steht, dem Narren, dem Eulenspiegel, dem Don Quijote, dem Simplizissimus. Weber gilt als der große „Verächter des Massenzeitalters”, größere Menschenansammlungen sind bei ihm stets negativ dargestellt, er, der Künstler Weber fühlt sich als Individuum, keiner Organisation zugehörig, auch nicht der großen Menge der arbeitenden Menschen verpflichtet. Er engagiert sich gegen: Intoleranz, Denunziantentum, Faschismus in jeder Form, gegen Imperialismus und Rassismus, er malt die Alpträume der Menschen – aber wofür engagiert sich A. Paul Weber?
Der Mensch tritt bei ihm nicht als soziales Wesen auf, man fühlt kaum Mitgefühl mit denen, die leiden. Oder wenn gelitten wird, ist es wieder nur ein Einzelner: „Der Kriegsinvalide “ (1939), „Der Gefangene” (1975), „Der Staatsfeind” (1956). Arbeiter kommen bei ihm nicht vor, Akkord, Lohnkämpfe oder Streiks sind für ihn kein Thema. Weber bleibt bei der Kritik an Mißständen, die er sieht und aufzeigt, stehen, er analysiert weder die Ursachen, noch sind bei ihm Zukunftsperspektiven ersichtlich. Ein großer Künstler, ein eigenwilliger Mensch, gewiß, der Prototyp eines bürgerlichen Karikaturisten, dessen hervorstechende Eigenschaften Guido Zingerl so charakterisiert: „Soziale und politische Ereignisse werden personifiziert, in Metaphern und Analogien dargestellt, statt die Programme zu charakterisieren. Politische Ereignisse wie der Krieg werden zu Naturereignissen, gegen die kein Kraut gewachsen scheint.”
Ausdruck dessen ist der „Schwarze Humor”, der bei Weber sehr oft vorkommt, eine Haltung, die Aktionen zur Veränderung von Mißständen so gut wie ausschließt.
„Die Tatsachen sehen und nicht verzweifeln” (1968) ist ein typisches Bild A.Paul Webers, ein einäugiger Narr mit Schellenkappe und Holzfuß, der Brillen verkauft. Das sieht nach Resignation und Rückzug aus, ist es aber nicht. A. Paul Weber sieht seine Funktion in der Gesellschaft darin, zu kritisieren, zu warnen, den Finger auf die Wunde zu legen. Zur Heilung müssen andere stehen bleiben wollen. A. Paul Webers Werk, keine Kunst für das unterdrückte Volk, aber ganz sicher eine Kunst gegen die Herrschenden. Bürgerliche Karikatur in höchster Vollendung.

(Ein zweiter Teil folgt.)

Literatur:

John Heartfield, Krieg im Frieden, Hanser 1972.
George Grosz, Das Gesicht der herrschenden Klasse & Abrechnung folgt!,
makol verlag, 1972.
A. Paul Weber, Kritischer Kalender 1962—1976, Clan Presse Verlag.
A. Paul Weber, Hoppla Kultur, Bertelsmann 1963.
A. Paul Weber, Denn sie wissen nicht, was sie tun, Hamburgtip 1975.
A. Paul Weber, Kritische Graphik, Hoffmann und Campe 1973.
tendenzen, Die politische Karikatur, Damnitzverlag, Mai/Juni 72.
tendenzen, Karikatur und Plakat, Damnitzverlag, Juli-Okt 1976.

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