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Referen­ten­ent­wurf des BMJ

05. November 2004

Der Referentenentwurf des BMJ basiert auf dem Bericht der Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende (Kutzer Kommission), die 2004 von der Bundesjustizministerin unter Rot/ Grün eingesetzt wurde. Nach Vorlage wurde der Referentenentwurf öffentlich scharf kritisiert und somit nicht vom Kabinett beschlossen.

Durch­set­zung von Patien­ten­ver­fü­gungen

Wie im Vorschlag der Kutzer-Kommission, empfiehlt der Referentenentwurf die Patientenverfügung als Rechtsinstitut im Betreuungsrecht zu verankern (nach § 1901 BGB soll ein neuer § 1901a BGB eingeführt werden). Demnach hätten Betreuer und  Bevollmächtigte den in einer Patientenverfügung geäußerten Willen des Betreuten zu beachten und diesen, soweit zumutbar, durchzusetzen. Die aufgeführten Gründe für die Unzumutbarkeit stimmen mit denen der Kutzer-Kommission überein:

Die Kommission hält fest, dass unter gewissen Umständen dem Betreuer die Beachtung und Durchsetzung des Patientenwillens nicht zugemutet werden kann, z.B. wenn der Durchsetzung örtliche, finanzielle oder versorgungstechnische Hindernisse im Wege stehen. Sind diese Hindernisse nur unter unverhältnismäßigem Aufwand zu beseitigen oder bezieht sich der Wille des Patienten auf eine gesetzliche oder ärztlich verbotene Handlung, kann dem Betreuer die Beachtung und Durchsetzung nicht zugemutet werden.

Form der Patien­ten­ver­fü­gungen

Der Entwurf schreibt keine Form für Patientenverfügungen vor. Nur so, so heißt es, könne das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen gewahrt bleiben. Auch Änderungen und Widerrufe einer Patienten-verfügung würden durch Formerfordernisse nur erschwert werden.

Reichweite und Gültigkeit von Patien­ten­ver­fü­gungen

Die im Entwurf niedergelegten Vorschläge machen die Reichweite und Gültigkeit des in einer Patientenverfügung geäußerten Willen nicht von der Art oder dem Stadium einer Erkrankung abhängig. Ebenso wie ein entscheidungsfähiger Patient – ohne Rücksichtnahme auf die Schwere und des Stadiums der Erkrankung – selbst entscheiden könne, welche ärztliche Behandlung an ihm vorgenommen werden dürfen, so soll auch die Möglichkeit bestehen, eine solche Entscheidung im Voraus in einer Patientenverfügung zu treffen.

Dieser Vorschlag ist entgegensätzlich zu dem der Enquetekommission des Bundestags „Ethik und Recht der modernen Medizin“. Diese schlägt vor, die Gültigkeit von Patientenverfügungen auf Fälle zu beschränken, in denen das Grundleiden nicht geheilt werden kann und trotz medizinischer Behandlung (nach ärztlicher Erkenntnis) zum Tode führt.

Genehmigungspflicht

In Fällen, in denen zwischen Arzt und Betreuer eine übereinstimmende Auffassung über den konkret behandlungsbezogenen Patientenwillen besteht, soll die Genehmigungspflicht der Entscheidung des Betreuers nicht gelten. In den Fällen, wo keine Übereinstimmung zwischen Arzt und Betreuer vorherrscht, ist das Vormundschaftsgericht dafür zuständig die Entscheidungen zu überprüfen.

Wie die Kutzer-Kommission spricht sich auch der Referentenentwurf dafür aus, die Stellung des vom Betroffenen Bevollmächtigten zu stärken, indem eine Genehmigungsbedürftigkeit seiner Entscheidung nicht mehr notwendig sei.

Weiterhin argumentiert der Entwurf, dass die Vertretungsmacht eines Betreuers durch einen staatlichen Akt verliehen werden soll. Die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten sollte aber auf einen privatrechtlichen Vertretungsauftrag beruhen. Außerdem sollten in existentiellen Angelegenheiten des Betreuten die Entscheidungen des durch einen staatlichen Aktes bestellten Betreuers durch die Einführung von Genehmigungserfordernissen umfassender kontrolliert werden. Für die Entscheidungen eines Bevollmächtigten, den der Patient in Ausübung seiner grundsätzlich gewährleisteten Privatautonomie selbst beauftragt hat, sollten solche Genehmigungserfordernisse nicht gleichermaßen gelten.

Die Pflicht zur Beratung mit Dritten (z.B. mit einem Konzil, so wie es in den Stellungnahmen der Enquetekommission vorgeschlagen wurde) ist in dem Referentenentwurf nicht vorgesehen.

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