Themen / Bioethik / Patientenverfügung / Gesetzgebung

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Selbst­be­stim­mungs­rechts kranker und sterbe­wil­liger Menschen

10. April 2009

Humanistische Union

Vorschlag zur Definition der Patientenverfügung in § 130 BGB als besondere Form der Willenserklärung, Regelung ihrer Verbindlichkeit im Betreuungsrecht und Vorschlag einer strafrechtlichen Klärung der passiven, indirekten und aktiven Sterbehilfe in § 216 StGB

Der Bundestag möge folgendes Gesetz beschließen:

Artikel 1: Änderungen des Bürger­li­chen Gesetz­bu­ches

1. § 130 Abs. 2 BGB wird durch einen Satz 2 ergänzt. Er lautet dann vollständig:

„§ 130 Wirksamwerden einer Willenserklärung gegenüber Abwesenden

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird. Dies gilt auch für eine Patientenverfügung, in der der Patient die Einwilligung oder Verweigerung der Einwilligung in bestimmte ärztliche oder pflegerische Maßnahmen für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit erklärt hat.“

2. Nach § 1901a BGB wird ein § 1901b mit dem Titel „Patientenverfügungen“ eingefügt: 

„§ 1901b Patientenverfügungen
(1) Der Betreuer hat den in einer Patientenverfügung geäußerten Willen des Betreuten zu beachten. Liegt eine Patientenverfügung über die Einwilligung oder die Verweigerung der Einwilligung in bestimmte ärztliche oder pflegerische Maßnahmen vor, die auf die konkrete Entscheidungssituation zutrifft, so gilt die Entscheidung des Betreuten nach Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit fort. Dem Betreuer obliegt es, diese Entscheidung durchzusetzen. Das gilt auch dann, wenn die Erkrankung noch keinen tödlichen Verlauf genommen hat.
(2)Der Absatz 1 gilt auch für Bevollmächtigte, soweit der Vollmachtgeber nichts anderes bestimmt hat.“

Artikel 2: Änderung des Straf­ge­setz­bu­ches

3. § 216 StGB wird wie folgt geändert:

㤠216 Sterbehilfe
(1) Sofern dies dem Willen des Betroffenen entspricht, sind Handlungen nicht rechtswidrig in Fällen

1. des Unterlassens oder Beendens einer lebenserhaltenden Maßnahme oder
2. der Anwendung einer medizinisch angezeigten leidmindernden Maßnahme, die das Leben als nicht beabsichtigte Nebenwirkung verkürzt.

(2) Nicht rechtswidrig ist die Tötung eines anderen Menschen auf Grund seines ausdrücklichen und ernstlichen Verlangens.

Anmerkung: Der Gesetzentwurf geht auf einen Beschluss der Delegiertenkonferenz der Humanistischen Union vom September 2007 zurück.

nach oben