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Prof. Dr. Marion Albers: Grund­rechts­schutz in Deutschland und Europa

17. September 2007

Vortrag auf der Fachtagung zur Vorratsdatenspeicherung am 17.9.2007 in Berlin

Prof. Dr. Marion Albers: Grundrechtsschutz in Deutschland und Europa

Prof. Dr. Marion Albers beurteilte die EU-Richtlinie und den Entwurf des deutschen Umsetzungsgesetzes aus verfassungs- und europarechtlicher Sicht. Während Umfang und Details der Speicherverpflichtung für die TK-Diensteanbieter recht detailliert in der Richtlinie beschrieben werden, lasse sie die Frage der Weitergabe der Daten an die zuständigen Behörden weitgehend offen – darin spiegele sich bereits das Kompetenzproblem der Regelung. Zur Kritik an der falschen Handlungsform der Richtlinie verwies Frau Albers auf die Entscheidungen des EuGH zur Tabakwerberichtlinie sowie zur Übermittlung von Fluggastdaten in die USA; das Gericht habe damit der extensiven Nutzung der Binnenmarktkompetenz aus Art. 95 EGV klare Grenzen gesetzt.

Für die materielle Vereinbarkeit der Richtlinie mit den Gemeinschaftsgrundrechten wies Frau Albers darauf hin, dass es an einer etablierten europarechtlichen Rechtssprechung zum Datenschutz fehle, weil sich EuGH und EGMR bislang selten mit datenschutzrechtlichen Fällen beschäftigt haben. Die Vorratsdatenspeicherung greife in Grundrechte sowohl der Telekommunikationsunternehmen als auch der betroffenen Personen ein. Einschlägig seien hierbei die Berufsfreiheit und die Grundrechte auf Achtung der Privatsphäre und der Korrespondenz. Im konkreten Einzelfall würden diese Grundrechte durch die Presse-, Meinungs- und Religionsfreiheit ergänzt und verstärkt.

Bei der Beurteilung dieser massiven Grundrechtseingriffe sei das vom Bundesverfassungsgericht entwickelte strikte Verbot der anlasslosen Speicherung von personenbezogenen Daten zu berücksichtigen. Die von der Bundesregierung benannten Speicherungszwecke (Strafverfolgung, Gefahrenabwehr, Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste) sind nach ihrer Einschätzung nicht ausreichend bestimmt. Der Gesetzgeber übersehe hierbei, dass die Zulässigkeit der Datenspeicherung auf zwei Voraussetzungen basiere: der Festlegung präzise formulierter Zwecke und der Erheblichkeit der Daten für die Erreichung dieser Zwecke. Selbst wenn angenommen werden könnte, dass die Zwecke eindeutig definiert sind, stünde überhaupt nicht fest, ob die große Mehrheit der Verbindungsdaten überhaupt jemals erforderlich ist.

Für die Bewertung des mit den Vorratsdaten verbundenen Grundrechtseingriffs verwies Frau Albers auf die große Streubreite der Verbindungsdaten (jede Form der elektronischen Kommunikation wird erfasst) und auch darauf, dass sich bei diesen Daten die äußeren Umstände der Kommunikation (die Verbindungsdaten) nur schwer von den Inhalten des Austauschs trennen lassen. Zudem erlaube automatisierte Auswertung umfangreicher Datensammlungen Rückschlüsse auf Kommunikationsinhalte und Kommunikationsnetzwerke, wodurch der Grundrechtseingriff insgesamt unverhältnismäßig werde.

Für die Möglichkeiten eines Rechtsschutzes gegen das Umsetzungsgesetz wies Marion Albers abschließend auf die Differenz zwischen denjenigen Regelungen hin, die sich im Rahmen der Richtlinienvorgaben bewegen, und den darüber hinausgehenden Begehren des deutschen Gesetzgebers. Bei zwingenden gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben sei das Gemeinschaftsrecht der Prüfungsmaßstab,alle über die EU-Richtlinie hinausgehenden Regelungen könnten vom Bundesverfassungsgericht in vollem Umfang an den Maßstäben des Grundgesetzes gemessen werden.

Sie können den Vortrag von Prof. Dr. Albers hier nachhören:

Länge: 33 Minuten   |   Größe: 30 MByte

Sie können hier den Vortrag von Prof. Dr. Albers ansehen:

Länge: 33 Minuten   |   Größe: 101 MByte

Die anschließende Diskussion zu den europa- und verfassungsrechtlichen Problemen der Vorratsdatenspeicherung können Sie hier ansehen:

Länge: 47 Minuten   |   Größe: 154 MByte

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