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Prof. Dr. Thomas Würten­ber­ger: Grund­rechts­schutz in Deutschland und Europa

17. September 2007

Vortrag auf der Fachtagung zur Vorratsdatenspeicherung am 17.9.2007 in Berlin

Prof. Dr. Thomas Würtenberger: Grundrechtsschutz in Deutschland und Europa

Prof. Dr. Thomas Würtenberger schloss sich der Darstellung von Frau Albers an, wonach die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung aus europarechtlicher Sicht problematisch sei. Zudem wies er darauf hin, dass der Grundrechtseingriff nicht nur nach deutschem Verfassungsrecht und europäischen Rechtsnormen zu bewerten sei, sondern möglicherweise auch gegen völkerrechtliche Normen verstoße.

Zur Bewertung des Grundrechtseingriffs verwies Herr Würtenberger darauf, dass die Speicherung der Verbindungsdaten bei den privaten Diensteanbietern erfolge. Damit seien die Verbindungsdaten dem unmittelbaren Zugriff des Staates entzogen, der mit der Speicherung verbundene Eingriff in das Fernmeldegeheimnis nicht so schwerwiegend wie bei einer (in anderen europäischen Ländern geplanten) zentralen, staatlichen Speicherung aller Kommunikationsdaten.

Eine Diskussion über die (Un-)Geeignetheit der Vorratsdatenspeicherung zur Strafverfolgung hielt Herr Würtenberger vor der Einführung des Gesetzes für wenig zielführend. Dass mit Verbindungsdaten die Aufklärung von Straftaten zumindest nicht ausgeschlossen werden könne, sei wohl unumstritten. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass die Kommunikationsdaten auch zur Abwehr von Gefahren genutzt werden sollen. Hier sei es keine Frage der Menge, auch ein verhinderter terroristischer Anschlag in Deutschland qualifiziere die Vorratsdatenspeicherung als geeignete Maßnahme. Daher sei die Entscheidung, ob man auf gespeicherte Verbindungsdaten zurückgreifen wolle, nach politischen Kriterien zu treffen. Die Wirksamkeit der Methode könne nach der Einführung des Gesetzes in einer kritischen Evaluation – „nicht so eine Evaluation wie letzthin bei anderen Maßnahmen“ – geprüft werden. 

Zur grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bewertung der Vorratsdatenspeicherung äußerte sich Herr Würtenberger vorsichtig: Zwar verbiete das Verfassungsgericht die „unbegrenzte Erhebung, Speicherung und Weitergabe persönlicher Daten“ (etwa im Volkszählungsurteil), allerdings würden die Kommunikationsdaten nicht unbegrenzt, sondern für 6 Monate gespeichert. Es erfolge keine lückenlose Registrierung von Lebensäußerungen und die mit der Speicherung verbundenen Ziele – Verhinderung von Straftaten, Schutz der Bevölkerung – seien nicht von der Hand zu weisen. Dennoch sah Herr Würtenberger hohe verfassungsrechtliche Hürden für den Gesetzentwurf: „… die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts ist so angelegt, dass wir verfassungsrechtlich auf dem ersten Blick ganz erhebliche Probleme mit diesem Gesetzentwurf haben.“ Ob es eine verfassungsrechtlich akzeptable Lösung geben könne, hinge nicht zuletzt davon ab, dass die Sicherheit der bei den privaten Anbietern gespeicherten Daten gewährleistet werden könne (woran er nach dem Beitrag von Herrn Landefeld zweifle) und ob die finanzielle Belastung der Dienstleister ausgeglichen werde. Die umstandslose Indienstnahme der TK-Firmen für öffentliche Aufgaben der inneren Sicherheit wälze die Kosten des Vorhabens letztlich auf die Nutzer der Kommunikationsdienste ab. Umso mehr stelle sich die Frage: „Wieviel darf eigentlich innere Sicherheit kosten?“

Sie können den Vortrag von Prof. Dr. Würtenberger hier nachhören:

Länge: 23 Minuten   |   Größe: 21 MByte

Sie können den Vortrag von Prof. Dr. Würtenberger hier ansehen:

Länge: 23 Minuten   |   Größe: 69 MByte

Die anschließende Diskussion zu den europa- und verfassungsrechtlichen Problemen der Vorratsdatenspeicherung können Sie hier ansehen:

Länge: 47 Minuten   |   Größe: 154 MByte

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