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Anfragen unerwünscht: Bundes­re­gie­rung setzt Infor­ma­ti­ons­frei­heit nur widerwillig um

12. Januar 2006

Humanistische Union fordert personelle Absicherung des Akteneinsichtsrechts und Überarbeitung der Gebührenordnung

Zum 1. Januar dieses Jahres ist das Bundes-Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in Kraft getreten, das den Bundesbehörden an Stelle des Amtsgeheimnisses Transparenz verordnet. Mit aller Kraft hatten sich die Ministerien in den letzten Jahren gegen ein solches Gesetz gewehrt. Die in ihm enthaltene lange Liste der Ausnahmen vom Transparenzgrundsatz zeugt von diesem Widerstand. Jetzt werden potentielle Nutzer des neuen Bürgerrechtes durch eine überhöhte Gebührenordnung abgeschreckt. Gebührenfrei sind danach nur einfache Auskünfte, in allen anderen Fällen sind bis zu 500 Euro fällig. Zu diesen Gebühren kommen Auslagenerstattungen, beispielsweise für Kopien, hinzu. Selbst ein teilweise erfolgreicher Widerspruch gegen Auskunftsverweigerungen soll nach der jetzt veröffentlichten Gebührenordnung mindestens 30 Euro kosten.

Die Humanistische Union dringt auf eine Überarbeitung der Gebührenordnung. Dr. Christoph Bruch vom Bundesvorstand der Humanistischen Union: „Im Regelfall sollten IFG-Anträge kostenfrei bearbeitet werden. Häufig nachgefragte Informationen lassen sich heutzutage elektronisch publizieren, wodurch der Verwaltungsaufwand für die Bereitstellung minimiert werden kann. Die Freischaltung der Juris-Datenbank Ende des vergangenen Jahres ist in diesem Sinne ein begrüßenswerter Schritt, der aber nur ein Anfang sein kann.“ Schon beim Umweltinformationsgesetz hatte die Bundesregierung versucht, Antragsteller durch überhöhte Gebühren abzuschrecken. Dies wurde durch den Europäischen Gerichtshof korrigiert. „Der Bundesverwaltung fällt es offensichtlich schwer, sich an die neuen Transparenzanforderungen zu gewöhnen. Hier besteht deutlicher Aufholbedarf gegenüber der demokratischen Kultur anderer Industriestaaten“, kommentiert Dr. Christoph Bruch.

Während die Bundesregierung versucht, Kosten der Bearbeitung von IFG-Anträgen möglichst auf die Antragsteller abzuwälzen, verschwendet sie beispielsweise für die Veröffentlichung des „Neujahrsgrußes“ der Bundeskanzlerin leichtfertig 3 Mio. Euro, zusätzlich zum 77-Mio.-Euro-Budget des Bundespresseamtes. Dagegen wird der Bundesdatenschutzbeauftragte an der kurzen Leine gehalten. Er ist nach dem IFG zuständig für alle Fragen im Zusammenhang mit der Akteneinsicht – für Bürgerinnen und Bürger wie für die Verwaltungen. Ihm gegenüber stellt sich die Bundesregierung auf den Standpunkt, für die Bewältigung der neuen Aufgabe müsse er nicht zusätzlich personell ausgestattet werden.

Die widerwillige Umsetzung des Akteneinsichtsrechts zeigt sich auch im Internet: Nicht einmal die Bundesministerien weisen auf ihren Webseiten durchgehend auf das IFG hin. Und lediglich das Auswärtige Amt hat – diskret, mehrere Ebenen hinter der Startseite – eine Mitteilung zur Anwendung des neuen Rechts anzubieten. Ebenso bürgerunfreundlich ist die Gebührenordnung in einem PDF-Dokument veröffentlicht, das weder ausgedruckt noch kopiert werden kann.

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