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Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz des Landes Rhein­lan­d-Pfalz

26. November 2008

Rheinland-pfälzisches Landesgesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen (Landesinformationsfreiheitsgesetz – LIFG). Verabschiedet als Artikel 1 des Landesgesetzes zur Einführung des Rechts auf Informationszugang vom 26. November 2008 (GVBl. S. 296)

Abschnitt 1 – Allgemeine Bestim­mungen
§ 1 Geset­zes­zweck

Zweck dieses Gesetzes ist es, den Zugang zu amtlichen Informationen zu gewähren und die Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen. Es soll die Transparenz der Verwaltung vergrößern, die Möglichkeiten der Kontrolle staatlichen Handelns durch die Bürgerinnen und Bürger verbessern und damit die demokratische Meinungs- und Willensbildung in der Gesellschaft fördern.

§ 2 Anwen­dungs­be­reich

(1) Dieses Gesetz gilt für die Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form Verwaltungstätigkeit ausüben.
(2) Behörde ist jede Stelle im Sinne des § 2 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes.
(3) Einer Behörde steht eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlichrechtlichen Aufgaben bedient oder dieser Person die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben übertragen wurde.
(4) Dieses Gesetz gilt für den Landtag, den Rechnungshof sowie die Gerichte, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden nur, soweit sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.
(5) Dieses Gesetz gilt nicht für die Sparkassen, die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe sowie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

§ 3 Begriffs­be­stim­mungen

Im Sinne dieses Gesetzes sind

1. amtliche Informationen alle dienstlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, gehören nicht dazu;
2. Dritte diejenigen, über die personenbezogene Daten oder sonstige Informationen vorliegen.

Abschnitt 2 – Infor­ma­ti­ons­recht und Verfahren

§ 4 Infor­ma­ti­ons­recht

(1) Jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts hat gegenüber den in § 2 genannten Behörden nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Zugang zu den dort vorhandenen amtlichen Informationen. Im Rahmen dieses Gesetzes entfällt die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit.
(2) Soweit besondere Rechtsvorschriften den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht regeln, gehen diese den Bestimmungen dieses Gesetzes vor.

§ 5 Antrag und Verfahren

(1) Der Zugang zu den bei den Behörden vorhandenen amtlichen Informationen wird auf Antrag gewährt. Der Antrag kann schriftlich, mündlich, zur Niederschrift oder in elektronischer Form bei der Behörde, die über die begehrten amtlichen Informationen verfügt, gestellt werden. In den Fällen des § 2 Abs. 3 ist der Antrag an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient; im Fall der Beleihung besteht der Anspruch gegenüber der oder dem Beliehenen. Betrifft der Antrag Daten Dritter im Sinne von § 3 Nr. 2, muss er begründet werden. Bei gleichförmigen Anträgen von mehr als 50 Personen gelten die §§ 17 bis 19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.
(2) Die Behörde kann die amtliche Information durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise zugänglich machen. Kann die amtliche Information in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschafft werden, kann sich die Behörde auf deren Angabe beschränken. Wird eine bestimmte Art des Informationszugangs begehrt, darf nur dann eine andere Art bestimmt werden, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt; als wichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand. Die Behörde ist nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der amtlichen Information zu überprüfen.
(3) Besteht ein Anspruch auf Informationszugang zum Teil, ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Entsprechendes gilt, wenn sich die Antragstellerin oder der Antragsteller in den Fällen, in denen Belange Dritter berührt sind, mit einer Unkenntlichmachung der diesbezüglichen Informationen einverstanden erklärt.
(4) Die amtliche Information soll unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Antragstellung, zugänglich gemacht werden. Eine Verlängerung dieser Frist ist zulässig, soweit eine Antragsbearbeitung innerhalb der in Satz 1 genannten Frist insbesondere wegen Umfang oder Komplexität der begehrten amtlichen Information oder der Beteiligung Dritter nach § 6 nicht möglich ist. Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist über die Fristverlängerung und die Gründe hierfür schriftlich zu informieren. § 7 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 6 Verfahren bei Beteiligung Dritter

(1) Die Behörde gibt Dritten, deren Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben können.
(2) Die Entscheidung über den Antrag nach § 5 Abs. 1 ergeht schriftlich und ist auch der oder dem Dritten bekannt zu geben; § 7 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die Entscheidung der oder dem Dritten gegenüber bestandskräftig ist oder die sofortige Vollziehung angeordnet wurde und seit der Bekanntgabe der Anordnung an die Dritte oder den Dritten zwei Wochen verstrichen sind; § 8 gilt entsprechend.

§ 7 Ablehnung des Antrags

(1) Die vollständige oder teilweise Ablehnung eines Antrags nach § 5 hat innerhalb der in § 5 Abs. 4 genannten Frist zu erfolgen und ist schriftlich zu begründen. Wurde der Antrag mündlich gestellt, ist eine schriftliche Begründung nur erforderlich, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies ausdrücklich verlangt.
(2) Wird der Antrag ganz oder teilweise abgelehnt, ist der Antragstellerin oder dem Antragsteller auch mitzuteilen, ob die amtliche Information zu einem späteren Zeitpunkt ganz oder teilweise zugänglich gemacht werden kann. Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist über die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Entscheidung sowie darüber zu belehren, bei welcher Stelle und innerhalb welcher Frist um Rechtsschutz nachgesucht werden kann.
(3) Ist die Gewährung des Informationszugangs von der Einwilligung einer oder eines Dritten abhängig, gilt diese als verweigert, wenn sie nicht innerhalb eines Monats nach Anfrage durch die Behörde vorliegt.
(4) Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn er offensichtlich missbräuchlich gestellt wurde, insbesondere wenn die amtliche Information der Antragstellerin oder dem Antragsteller bereits zugänglich gemacht worden ist.

§ 8 Rechtsweg

Für Streitigkeiten nach diesem Gesetz ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Gegen die ablehnende Entscheidung sind Widerspruch und Klage zulässig. Ein Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des B. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung ist auch dann durchzuführen, wenn die Entscheidung von einer obersten Landesbehörde getroffen wurde.

Abschnitt 3 – Schutz­be­stim­mungen

§ 9 Schutz öffent­li­cher Belange

(1) Der Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, soweit und solange
1. das Bekanntwerden der amtlichen Information nachteilige Auswirkungen auf die inter- und supranationalen Beziehungen, die Beziehungen zum Bund oder zu einem Land, die Landesverteidigung oder die innere Sicherheit haben kann,
2. die Bekanntgabe der amtlichen Information nachteilige Auswirkungen auf den Erfolg eines strafrechtlichen Ermittlungs- oder Strafvollstreckungsverfahrens oder den Verfahrensablauf eines anhängigen Gerichts-, Ordnungswidrigkeiten- oder Disziplinarverfahrens hätte,
3. das Bekanntwerden der amtlichen Information die öffentliche Sicherheit, insbesondere die Tätigkeit der Polizei, der sonstigen für die Gefahrenabwehr zuständigen Stellen, der Staatsanwaltschaften oder der Behörden des Straf- und Maßregelvollzugs einschließlich ihrer Aufsichtsbehörden, beeinträchtigen würde,
4. die amtliche Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Anweisung zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung/ VSA) Rheinland-Pfalz geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt,
5. das Bekanntwerden der amtlichen Information nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs-, Regulierungs- und Sparkassenaufsichtsbehörden haben könnte,
6. das Bekanntwerden der amtlichen Information den wirtschaftlichen Interessen des Landes oder der der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach § 2 Abs. 1 oder der natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts nach § 2 Abs. 3 schaden könnte,
7. bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information das Interesse der oder des Dritten an einer vertraulichen Behandlung zum Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht.
(2) Ein Anspruch auf Informationszugang besteht nicht gegenüber der Verfassungsschutzbehörde des Landes.

§ 10 Schutz des behörd­li­chen Entschei­dungs­pro­zesses

Der Antrag auf Informationszugang soll abgelehnt werden für Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der amtlichen Information der Erfolg der Entscheidung oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen vereitelt würde. Nicht der unmittelbaren Entscheidungsvorbereitung nach Satz 1 dienen regelmäßig Ergebnisse der Beweiserhebung und Gutachten oder Stellungnahmen Dritter.

§ 11 Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- und Geschäfts­ge­heim­nissen

Der Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, soweit der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht. Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen darf nur gewährt werden, soweit die oder der Betroffene eingewilligt hat.

§ 12 Schutz perso­nen­be­zo­gener Daten

Der Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, soweit durch das Bekanntwerden der amtlichen Information personenbezogene Daten Dritter offenbart würden, es sei denn,
1. die oder der Dritte hat eingewilligt,
2. die Offenbarung ist durch Rechtsvorschrift erlaubt.
War die oder der Dritte als Gutachterin oder Gutachter, als Sachverständige oder Sachverständiger oder in vergleichbarer Weise in einem Verfahren tätig, schließt das Bekanntwerden der personenbezogenen Daten den Informationszugang nicht aus, wenn sich die Angabe auf Name, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer beschränkt und der Übermittlung nicht im Einzelfall besondere Gründe entgegenstehen. Das Gleiche gilt für personenbezogene Daten von Beschäftigten der Behörde, die in amtlicher Funktion an dem jeweiligen Vorgang mitgewirkt haben.

Abschnitt 4 Schluss­be­stim­mungen

§ 13 Gebühren und Auslagen

(1) Für Amtshandlungen nach diesem Gesetz sind Gebühren zu erheben. Dies gilt nicht für die Erteilung mündlicher und einfacher schriftlicher Auskünfte und die Einsichtnahme in amtliche Informationen vor Ort. Eine Gebührenpflicht entfällt auch, soweit ein Antrag auf Informationszugang abgelehnt wird. Die Gebühren sind so zu bemessen, dass das Recht auf Informationszugang wirksam in Anspruch genommen werden kann.
(2) Auslagen sind zu erstatten; sie dürfen die tatsächlichen Kosten nicht überschreiten.
(3) Die Höhe der erstattungsfähigen Kosten bemisst sich nach den im Allgemeinen Gebührenverzeichnis festgelegten Kostensätzen.

§ 14 Veröf­fent­li­chungs­pflichten

Die Behörden sollen Verzeichnisse führen, aus denen sich die vorhandenen Informationssammlungen und -zwecke erkennen lassen. Organisationspläne ohne Angabe personenbezogener Daten sind nach Maßgabe dieses Gesetzes allgemein zugänglich zu machen. Soweit möglich, hat die Veröffentlichung in elektronischer Form zu erfolgen.

§ 15 Evaluierung und Bericht

Die Landesregierung überprüft unter Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände die Auswirkungen dieses Gesetzes und berichtet drei Jahre nach seinem Inkrafttreten dem Landtag.

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