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Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz Mecklen­bur­g-Vor­pom­mern (IFG M-V)

28. Juli 2006

Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen für das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 10. Juli 2006, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Bd. 2006, Nr. 13, S. 556.

§ 1 Grundsätze der Infor­ma­ti­ons­zu­gangs­frei­heit

(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, den freien Zugang zu in den Behörden vorhandenen Informationen sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen.
(2) Jede natürliche und juristische Person des Privatrechts hat Anspruch auf Zugang zu den bei einer Behörde vorhandenen Informationen. Dies gilt für Personenvereinigungen entsprechend.
(3) Besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bleiben unberührt. Bei zulässigem Informationsantrag gilt das Prinzip der Amtsverschwiegenheit nicht.

§ 2 Begriffs­be­stim­mungen

Im Sinne dieses Gesetzes sind

1. Informationen: jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung in Form von Schrift, Bild, Ton oder in sonstigen Daten;

2. Informationsträger: alle Medien, die Informationen in Schrift-, Bild-, Ton- oder automatisierter oder in sonstiger Form speichern können.

Nicht hierunter fallen Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen und die spätestens nach dessen Abschluss vernichtet werden.

§ 3 Anwen­dungs­be­reich

(1) Die Vorschriften über den Zugang zu Informationen gelten für die Behörden des Landes, der Landkreise, der Ämter und Gemeinden, für die sonstigen Körperschaften, rechtsfähigen Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie für den Landtag, soweit er Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, auch, wenn diese Bundesrecht oder Recht der Europäischen Gemeinschaften ausführen.

(2) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle nach § 1 Abs. 3 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes.

(3) Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift steht eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt oder dieser Person die Erfüllung öffentlicher Aufgaben übertragen wurde oder an denen eine oder mehrere der in Absatz 1 genannten juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit einer Mehrheit der Anteile oder Stimmen beteiligt sind.

(4) Behörden im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1. die Gerichte, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden, soweit sie als Organe der Rechtspflege oder aufgrund besonderer Rechtsvorschriften in richterlicher Unabhängigkeit tätig werden sowie Disziplinarbehörden,
2. der Landesrechnungshof, soweit er in richterlicher Unabhängigkeit tätig wird.

§ 4 Ausge­stal­tung des Infor­ma­ti­ons­zu­gangs­an­spruchs

(1) Die Behörde hat nach Wahl des Antragstellers schriftlich oder mündlich Auskunft zu erteilen oder die Informationsträger zugänglich zu machen, die die begehrten Informationen enthalten. Soweit Informationsträger nur mit Hilfe von Maschinen lesbar sind, stellt die Behörde auf Verlangen des Antragstellers maschinenlesbare Informationsträger einschließlich der erforderlichen Leseanweisungen oder lesbare Ausdrucke zur Verfügung.

(2) Handelt es sich um vorübergehend beigezogene Informationsträger anderer öffentlicher Stellen, die nicht Bestandteil der eigenen Verwaltungsunterlagen werden sollen, so weist die Behörde auf diese Tatsache hin und teilt dem Antragsteller die für die Entscheidung über den Informationszugang zuständige Stelle mit.

(3) Die Behörde stellt ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung. Die Anfertigung von Notizen ist gestattet. Kann die Behörde die Anforderungen von Satz 1 nicht erfüllen, stellt sie Kopien zur Verfügung.

(4) Die Behörde kann aus Kostengründen auf eine Veröffentlichung insbesondere im Internet verweisen, wenn sie dem Antragsteller die Fundstelle angibt.

§ 5 Schutz öffent­li­cher Belange und der Rechts­durch­set­zung

Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen, soweit und solange

1. das Bekanntwerden der Informationen dem Wohl des Landes, den inter- und supranationalen Beziehungen, den Beziehungen zum Bund oder zu einem Land schwerwiegende Nachteile bereiten oder die Landesverteidigung oder die innere Sicherheit schädigen würde,
2. durch die Bekanntgabe der Informationen der Erfolg eines strafrechtlichen Ermittlungs- oder Strafvollstreckungsverfahrens gefährdet oder der Verfahrensablauf eines anhängigen Gerichts-, Ordnungswidrigkeiten- oder Disziplinarverfahrens erheblich beeinträchtigt würde,
3. durch die Bekanntgabe der Informationen Angaben und Mitteilungen von Behörden, die nicht dem Geltungsbereich dieses Gesetzes unterfallen, offenbart würden und die Behörden in die Offenbarung nicht eingewilligt haben oder von einer Einwilligung nicht auszugehen ist,
4. das Bekanntwerden der Informationen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden kann,
5. das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Landes im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen.

§ 6 Schutz des behörd­li­chen Entschei­dungs­pro­zesses

(1) Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen für Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung vereitelt würde.

(2) Nicht der unmittelbaren Vorbereitung dienen insbesondere Ergebnisse von Beweiserhebungen und Gutachten oder Stellungnahmen Dritter.

(3) Nicht zugänglich sind Protokolle vertraulicher Beratungen.

(4) Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen, wenn das Bekanntwerden des Inhaltes der Informationen die Funktionsfähigkeit und die Eigenverantwortung der Landesregierung beeinträchtigt.

(5) Informationen, die nach den Absätzen 1 und 3 nicht gewährt werden konnten, sind spätestens nach Abschluss des jeweiligen Verfahrens zugänglich zu machen. Dies gilt hinsichtlich Absatz 3 nur für Ergebnisprotokolle.

(6) Der Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, wenn zu befürchten ist, dass durch das Bekanntwerden der Informationen der Erfolg behördlicher Maßnahmen, insbesondere von Überwachungs- und Aufsichtsmaßnahmen, von ordnungsbehördlichen Anordnungen oder Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung, gefährdet oder vereitelt sowie die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der betroffenen Behörde erheblich beeinträchtigt würde.

(7) Der Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, wenn sich die Information aus allgemein zugänglichen Quellen ergibt. Gleiches gilt, wenn die Informationen bereits bekannt oder bei Massenverfahren den Bevollmächtigten bereits zugegangen sind.

§ 7 Schutz perso­nen­be­zo­gener Daten

(1) Der Antrag auf den Zugang zu Informationen ist abzulehnen, soweit durch das Bekanntwerden der Informationen personenbezogene Daten offenbart werden, es sei denn,

1. die Betroffenen willigen ein,
2. die Offenbarung ist durch Rechtsvorschrift erlaubt,
3. die Offenbarung ist zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Allgemeinwohl oder von Gefahren für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder sonstiger schwerwiegender Beeinträchtigungen der Rechte Einzelner geboten,
4. die Einholung der Einwilligung des Betroffenen ist nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, und es ist offensichtlich, dass die Offenbarung im Interesse des Betroffenen liegt,
5. der Antragsteller macht ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Informationen geltend und überwiegende schutzwürdige Belange der oder des Betroffenen stehen der Offenbarung nicht entgegen.

(2) Soll Zugang zu personenbezogenen Informationen gewährt werden, so ist der Betroffene über die Freigabe von Informationen zu unterrichten, falls dies nicht mit einem unvertretbaren Aufwand verbunden ist. Können durch den Zugang zu Informationen schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden, so hat die zuständige Behörde diesem vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

§ 8 Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- oder Geschäfts­ge­heim­nissen

Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen, soweit der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht oder durch die Übermittlung der Informationen ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis oder eine sonstige wettbewerbsrelevante Information, die ihrem Wesen nach einem Betriebsgeheimnis gleichkommt, offenbart wird und der Betroffene nicht eingewilligt hat.

§ 9 Verfahren bei Beteiligung Dritter

(1) In den Fällen der §§ 7 und 8 gibt die Behörde einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann.

(2) Die Entscheidung über den Antrag auf Informationszugang ergeht schriftlich und ist auch dem Dritten bekannt zu geben. Der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die Entscheidung dem Dritten gegenüber bestandskräftig oder die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist und seit der Bekanntgabe der Anordnung an den Dritten zwei Wochen verstrichen sind.

§ 10 Antrag­stel­lung

(1) Der Zugang zu Informationen wird auf Antrag gewährt. Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift an die Behörde zu richten, bei der die begehrten Informationen vorhanden sind. Im Fall des § 3 Abs. 3 ist der Antrag an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient.

(2) Im Antrag sind die begehrten Informationen zu umschreiben. Sofern dem Antragsteller Angaben zur Umschreibung der begehrten Informationen fehlen, hat ihn die Behörde zu beraten.

(3) Die Behörde ist nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Information zu prüfen. Sind die Informationen bei der Behörde, bei der der Antrag gestellt worden ist, nicht oder nicht vollständig vorhanden, hat diese Behörde dem Antragsteller hinsichtlich der fehlenden Informationen unverzüglich die zuständige Behörde zu benennen, soweit ihr dies bekannt ist.

(4) Bei Anträgen, die von mehr als 50 Personen auf Unterschriftslisten unterzeichnet oder in Form vervielfältigter gleich lautender Texte eingereicht worden sind (gleichförmige Anträge), sowie bei Anträgen von mehr als 50 Personen, die das gleiche Informationsinteresse verfolgen, gelten die §§ 17 bis 19 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend. Sind mehr als 50 Personen aufzufordern, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, kann die Aufforderung ortsüblich bekannt gemacht werden.

(5) Soweit und solange Informationen aufgrund der §§ 5 bis 8 nicht zugänglich gemacht werden dürfen, besteht Anspruch auf Zugang zu den übrigen Informationen.

§ 11 Bescheidung des Antrags

(1) Der Antrag ist unverzüglich, spätestens jedoch nach Ablauf einer Frist von einem Monat nach Stellung eines ordnungsgemäßen Antrags zu bescheiden.

(2) Soweit Umfang und Komplexität der begehrten Informationen dies rechtfertigen, kann die Frist des Absatzes 1 auf bis zu drei Monate verlängert werden. Der Antragsteller ist über die Fristverlängerung und deren Gründe schriftlich zu informieren.

(3) Besteht ein Anspruch auf Informationszugang nur teilweise, ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen und ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist.

§ 12 Ablehnung des Antrags, Rechtsweg

(1) Soweit die Behörde den Antrag ganz oder teilweise ablehnt, hat sie hierfür die Gründe und darüber hinaus mitzuteilen, ob und wann der Informationszugang ganz oder teilweise zu einem späteren Zeitpunkt voraussichtlich möglich ist. Auf die Möglichkeit von Widerspruch und Verpflichtungsklage sowie Anrufung des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit ist dabei hinzuweisen.

(2) Gegen die Ablehnung sind Widerspruch und Verpflichtungsklage zulässig. Ein Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung ist auch dann durchzuführen, wenn die Entscheidung von einer obersten Landesbehörde getroffen worden ist. Diese Behörde erlässt den Widerspruchsbescheid gemäß § 73 der Verwaltungsgerichtsordnung.

§ 13 Gebühren und Auslagen

(1) Für Amtshandlungen nach diesem Gesetz sind Gebühren und Auslagen zu erheben. Dies gilt nicht für die Erteilung einfacher Auskünfte. Auslagen sind zu erstatten; sie dürfen die tatsächlichen Kosten nicht überschreiten.

(2) Das Innenministerium wird ermächtigt, für Amtshandlungen nach Absatz 1 die Gebührentatbestände und die Höhe der Gebühren sowie der Auslagen durch Rechtsverordnung zu bestimmen.

§ 14 Anrufung des Landes­be­auf­tragten für den Datenschutz und der Rechts­auf­sicht

Eine Person, die der Ansicht ist, dass ihr Informationsersuchen zu Unrecht abgelehnt oder nicht beachtet worden ist, hat das Recht auf Anrufung des Landesbeauftragten für den Datenschutz. Dieser erhält insoweit die Funktion eines Beauftragten für Informationsfreiheit. Die Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes über die Aufgaben und die Befugnisse des Landesbeauftragten für den Datenschutz finden entsprechend Anwendung. Die Vorschriften über den gerichtlichen Rechtsschutz und die Beschwerdemöglichkeit bei der zuständigen Aufsichtsbehörde bleiben unberührt.

§ 15 Bericht und Evaluierung

Die Landesregierung unterrichtet den Landtag zwei Jahre vor Außer-Kraft-Treten über die Anwendung des Gesetzes. Der Landtag wird das Gesetz ein Jahr vor Außer-Kraft-Treten evaluieren.

§ 16 In-Kraft-Treten, Außer-­Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft und am 30. Juni 2011 außer Kraft.

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