Themen / Innere Sicherheit

Nieder­sach­sen: Journalist_ innen klagen gegen den Verfas­sungs­schutz

07. April 2014

aus: vorgänge Nr. 204 (4-2013), S. 84-85

Der im vergangenen Jahr bekannt gewordene Skandal um die Beobachtung von Journalist_innen durch den niedersächsischen Verfassungsschutz (VS) landete im Januar 2014 vor Gericht: Die Fachjournalistin und Buchautorin Andrea Röpke klagt gegen ihre mindestens sechs Jahre dauernde rechtswidrige Überwachung. Nach einem vor zwei Jahren gestellten Auskunftsantrag war die Akte der Journalistin heimlich gelöscht worden. Mittlerweile wurde sie vom VS – „soweit dies noch möglich war“ – rekonstruiert und in einem dubiosen Dossier ihrem Anwalt übermittelt. „Die dadurch eingeräumten Beobachtungen zeigen, dass engagierter und kritischer Journalismus offenbar ausreicht, um in den Fokus des VS und damit unter Generalverdacht zu geraten“, fasst es ihr Anwalt Sven Adam zusammen.

Die Journalistin war nicht nur im Rahmen von Veranstaltungen und Versammlungen zum Thema „extreme Rechte“ beobachtet worden. Ihre Akte gibt auch Auskunft über offenbar bewusst gewählte Ungenauigkeiten und Diskreditierungen, mit denen öffentliche Auftritte von Röpke kommentiert wurden. So notierte der VS zu einer Veranstaltung in der Bürgerschaft der Hansestadt Bremen, bei der Röpke einen Beitrag des ARD-Magazins „Panorama“ über einen brutaler Angriff von Neonazis auf vermeintliche Gegner_innen zeigte, dass die Äußerungen der Fachjournalistin zu staatsanwaltlichen Ermittlungen geführt hätten. Dafür gibt es jedoch keine Belege, genauso wenig eine Anklage.

Röpke, die als Sachverständige im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages auftrat und für ihre demokratische Courage geehrt wurde, betont, sie habe immer nur zu zivilgesellschaftlichem Engagement gegen Neonazis aufgerufen. Auch die Teilnahme an Demonstrationen, beispielsweise in Bad Nenndorf, wurden in der Akte vermerkt. Ihre Teilnahme diente jedoch allein beruflichen Zwecken, sie berichtet jedes Jahr über die Neonazi-„Trauermärsche“ in der niedersächsischen Kurstadt.

Nach Ansicht ihres Rechtsanwaltes Adam belegt das VS-Dossier recht deutlich, mit welchen mitunter bizarren Vorwürfen die Behörde versucht, der Journalistin eine vermeintliche Verfassungsfeindlichkeit nachzuweisen. Dazu habe der Geheimdienst den Alltag der Journalistin gezielt ausspioniert – ohne seine Vorwürfe letztlich untermauern zu können, so Adam. Er vertritt Röpke und ihren Kollegen Kai Budler, der ähnlich betroffen ist, nun bei deren Klagen vor den Verwaltungsgerichten in Stade und Göttingen.

Mittlerweile hat der VS einen Teil von Röpkes Akte gesperrt und verweigert weitere Auskünfte. „Es ist schon beachtlich, dass der Verfassungsschutz trotz des jahrelangen Fehlverhaltens mir gegenüber jetzt noch die vollständige Aufklärung dieser Abgründe verweigert“, so Andrea Röpke. Aus diesem Grund hat ihr Anwalt nun den niedersächsischen Datenschutzbeauftragten eingeschaltet. „Wenn die Behörde sich weigert, vollständig Auskunft zu erteilen, bleibt uns nur, sie gerichtlich zu zwingen. Wir sind gerade wegen der Brisanz auch gewillt, die Angelegenheit notfalls in einem so genannten in-camera-Verfahren bis zum Bundesverwaltungsgericht zu tragen“, so Adam zum weiteren Fortgang des Verfahrens.

Pressemitteilung der Kanzlei Adam v. 30.1.2014, abrufbar unter http://www.anwaltskanzlei-adam.de/index.php?id=63,947,0,0,1,0.

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