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Privat­sphäre muss vor heimlichen Online-­Durch­su­chungen geschützt bleiben!

09. Februar 2007

Fredrik Roggan

Verfassungsbeschwerde gegen NRW-Verfassungsschutzgesetz eingelegt

Der Berliner Rechtsanwalt Dr. Fredrik Roggan hat heute, am 9. Februar 2007, eine Verfassungsbeschwerde gegen das neue Verfassungsschutzgesetz von Nordrhein-Westfalen erhoben. Die Beschwerde richtet sich gegen die in diesem Gesetz erstmals eingeführten „Online-Durchsuchungen“ von Computern durch Sicherheitsbehörden. Beschwerdeführer sind eine Journalistin und ein Mitglied der Linkspartei.
Seit dem 20. Dezember 2006 darf der Verfassungsschutz von Nordrhein-Westfalen Computer, die mit dem Internet verbunden sind, heimlich ausspähen. Dabei sollen die auf dem Computer gespeicherten Dateien ohne Kenntnis der Betroffenen durchsucht werden können. Zu dieser Befugnis äußerte Dr. Roggan, der auch stellvertretender Bundesvorsitzender der Bürgerrechtsorganisation HUMANISTISCHE UNION ist: „Mit verdeckten Online-Durchsuchungen kann tief in die Privatsphäre von Personen eingegriffen werden, die – aus welchen Gründen auch immer – in das Visier des Verfassungsschutzes geraten sind. Im Einzelfall hat der Geheimdienst damit Zugriff auf Informationen, die ansonsten nur für die Polizei mit einer Hausdurchsuchung zu erlangen wären. Deshalb kann die Online-Durchsuchung einen Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung darstellen.“
Schlösse sich das Bundesverfassungsgericht dieser Sichtweise an, so wäre die Verfassungsbeschwerde mit großer Wahrscheinlichkeit erfolgreich, denn die Befugnis im Verfassungsschutzgesetz in NRW enthält nicht einmal einen Richtervorbehalt. Der wäre aber verfassungsrechtlich unabdingbar. Roggan stellt weiter fest: „In jedem Fall ist das Gesetz verfassungswidrig, weil es keine Vorkehrungen zum Schutz der Intimsphäre enthält. Wer in Nordrhein-Westfalen auf seinem Rechner auch tagebuchartige Aufzeichnungen oder Fotos von nahen Angehörigen speichert, kann nicht mehr sicher sein, dass solche höchstpersönlichen Sachverhalte nicht staatlicherseits heimlich ausgespäht werden können.“
Ein weiterer Beschwerdepunkt ist die Befugnis des Verfassungsschutzes zur Teilnahme an Kommunikationseinrichtungen des Internets, also beispielsweise Chatrooms. Roggan hierzu: „Hier wird erstmals gesetzlich eine Mitwirkung des Geheimdienstes an Veranstaltungen, die er seinem Auftrag entsprechend eigentlich nur zu beobachten hätte, zugelassen. Dass dies ein Irrweg ist, hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt im NPD-Verbotsverfahren herausgestellt.“ Das Verbot war daran gescheitert, dass aufgrund der Involvierung von Verfassungsschutzbehörden in die Parteiarbeit nicht ausreichend erkennbar war, ob es sich bei der NPD nicht letztlich um eine „staatliche Veranstaltung“ handelte.

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