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Hamburg: Umstrit­tenes Verfas­sungs­schutz­ge­setz beschlossen

15. Januar 2020

Bürgerrechtsorganisationen üben scharfe Kritik und kündigen Verfassungsbeschwerde an

Hamburg: Umstrittenes Verfassungsschutzgesetz beschlossen

Gemeinsame Presseerklärung der Humanistischen Union, der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen und der Kritischen Jurastudierenden Hamburg

Hamburg, 15.01.2020. Schon der erste Teil der Verschärfung der Sicherheitsgesetze, die Ende letzten Jahres verabschiedeten Polizeigesetze, wurden von Expertinnen und Experten als repressiv und teilweise verfassungs- und europarechtswidrig bezeichnet. Im Dezember gingen über 4000 Menschen auf die Straße, um gegen diese Verschärfungen zu protestieren. Dennoch darf die Polizei Hamburg nun z.B. personenbezogene Daten automatisch auswerten und schon bei Befürchtung einfachster Straftaten präventiv Personen verpflichten, sich mittels elektronischer Fußfessel überwachen zu lassen, oder eine bis zu sechsmonatige Meldeauflage erteilen.

Die heute beschlossene Verschärfung des Verfassungsschutzgesetzes beinhaltet weitere gravierende Grundrechtseinschränkungen. So soll dem Verfassungsschutz die Quellen-TKÜ und damit der Einsatz von Staatstrojanern ermöglicht werden. Der Staat dringt damit tief in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger ein, anstatt sich um die Schließung bestehender IT-Sicherheitslücken zu kümmern. Daneben sollen in Zukunft auch schon Kinder vom Verfassungsschutz überwacht und es diesem erlaubt werden, interne Daten nach eigenem Ermessen an nichtstaatliche Stellen (bspw. Arbeitgeber oder Vereine) weiterzugeben.

Dazu äußerte Mikey Kleinert, Mitglied des Bundesvorstands der Humanistischen Union: „Es kann nicht sein, dass hier zum Ende der Legislatur schnell noch Gesetzesverschärfungen durchgewunken werden. Trotz der Beteuerungen des rot-grünen Senats liegen die Verschärfungen vor der Wahl im Bundestrend und schaffen keine zusätzliche Sicherheit für die Hamburgerinnen und Hamburger.“

Prof. Dr. Udo Mayer von der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen forderte in Übereinstimmung mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten ein Moratorium der Sicherheitsgesetzgebung und die Erstellung einer Überwachungsgesamtrechnung: „Hierbei müssen jegliche Gesetzesverschärfungen mindestens seit dem 11.09.2001 in der Gesamtschau überprüft und gegebenenfalls zurückgenommen werden!“

André Paschke von den Kritischen Jurastudierenden äußerte daneben auch grundlegende Kritik: „Es ist bis heute nicht aufgeklärt, welche Rolle die Verfassungsschutzämter im NSU-Komplex gespielt haben. Dieser Behörde nun die Befugnisse zu erweitern, anstatt ihre effektive Kontrolle zu etablieren, ist mindestens grob fahrlässig.“

Die drei Organisationen sowie die Hedonistische Internationale kündigten zudem an, gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte sowohl das Polizei- als auch das Verfassungsschutzgesetz vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen.

Kontakt: hamburg@vsverklagen.de

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