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Schutz der Verfassung ist ein hohes Gut

03. Dezember 1991

Till Müller – Heidelberg

aus: Weg mit dem „Verfassungsschutz“ – der (un)heimlichen Staatsgewalt. Enzyklika für Bürgerfreiheit, HU-Schriften 17, München 1991, Seite 6 – 7

  1. Höchstes Gut eines freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates ist seine Verfassung, verstanden nicht so sehr im Sinne der papierenen Urkunde, sondern mehr in seiner Verfaßtheit, seinem freiheitlich demokratisch-rechtsstaatlichen Zustand. Diese Verfassung garantiert dem Bürger ein freiheitliches, menschenwürdiges, lebenswertes Dasein und ist folglich Grundlage und Bedingung seiner (ggf. kritischen) Zustimmung zu seinem Staatswesen. Diese Verfassung sichert damit den Staat.
  2. Folglich muß es Ziel sein, diese freiheitliche, demokratische und rechts-staatliche Verfassung als Grundlage des staatlichen Zusammenlebens gegen zerstörerische Angriffe zu schützen. Dies geschieht umfangreich durch gesetzliche Bestimmungen. Artikel 79 Abs. 3 GG garantiert den Kernbestand des Grundgesetzes (Menschenwürde, Demokratie, sozialer Rechtsstaat, bundesstaatliche Ordnung, Gewaltenteilung, Bindung an Gesetz und Recht) selbst gegenüber verfassungsändernden Mehrheiten. Artikel 19 Abs. 2 GG schreibt vor, daß „in keinem Falle ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden“ darf. Bundespräsident, Bundeskanzler und Bundesminister werden durch Artikel 56 sowie 64 Abs. 2 GG durch Eid auf das Grundgesetz verpflichtet. Und nach Artikel 20 Abs. 4 GG haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand „gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen …, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ Nach Artikel 21 Abs. 2 und 18 GG kann das Bundesverfassungsgericht verfassungswidrige Parteien verbieten bzw. für einzelne Personen das Grundrecht für verwirkt erklären. Das Strafgesetzbuch schützt vor Hochverrat ( § § 81 ff. StGB) oder Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats ( § § 84 ff. StGB). Schließlich sind zahlreiche verwaltungstechnische Möglichkeiten zum Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung gegeben (z.B. nach dem Vereinsgesetz, dem Beamten- und Soldaten-recht, dem Ausländerrecht).
  3. Diesem Ziel des Schutzes der Verfassung sollen nach den Verfassungsschutzgesetzen des Bundes und der Länder auch die Verfassungsschutzbehörden dienen, zum einen als Abteilungen der Innenministerien, zum anderen als nachgeordnete Ämter für Verfassungsschutz organisiert. So lautet etwa § 1 des niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes: „Zweck des Verfassungsschutzes. Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder.“ Dieser „Verfassungsschutz“ schützt jedoch nicht die Verfassung, er schadet ihr. Er muß daher abgeschafft werden.
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