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Zum Anti-Por­no­gra­phie-­Ge­setz­ent­wurf der Zeitschrift EMMA

09. Dezember 1988

Helmut Kentler

aus: Frauenverachtung verbieten? Gegensätzliches zur Verrechtlichung eines gesellschaftlichen Problems. HU Schriften Nr. 14 . München 1988, Seiten 25-32

Vorbemerkungen

Strafgesetze sind ungeeignet, um Menschen dazu zu bringen, daß sie ein menschenwürdiges Sexualleben in gegenseitiger Achtung führen. Werden unerwünschte sexuelle Phänomene verboten und bestraft, so werden sie aus dem öffentlichen Leben verdrängt; sie sind dann ebenso der sozialen Kontrolle wie den vermenschlichend wirkenden Kultivierungsprozessen entzogen – sie werden banalisiert und brutalisiert. Die Richtigkeit meiner Auffassung läßt sich leicht nachweisen: Wer Abtreibungen rigoros verfolgt, liefert die Frauen den „Engelmacherinnen“ aus; wer die Prostitution unmöglich zu machen versucht, stößt die Prostituierten in menschenunwürdige Verhältnisse, stärkt die Macht der Zuhälter, schafft kriminelle Zustände. Wer die Perversionen ausmerzen will, wirkt pathologisierend und kriminalisierend, er macht Hilfe und Therapie unmöglich. Wer die Pornographie mit Strafgesetzen bekämpfen will, schafft die Zustände, die wir heute haben. Sexuell erregende Texte und Bilder hat es zu allen Zeiten gegeben. Was wir heute als Pornographie bezeichnen, ist jedoch aus jedem historischen Zusammenhang herausgelöst. Die Pornographie entstand, als das Bürgertum aus seinen Produktionen die Sexualität rigoros ausschloß und machte da weiter, wo die bürgerliche Kunst aufhörte. Losgelöst aus allen sozialen Bindungen und jeden Realitätsbezug leugnend, wurde die pornographische Produktion immer phantastischer. Die Phantasie ist unbegrenzt: Sie überschreitet jede Grenze und kann jeden Inhalt mit jedem Inhalt verbinden. Handeln stößt immer an Grenzen: Der Handelnde verausgabt sich, er stößt auf Schmerzgrenzen, auf Gegenwehr. In der Phantasie aber ist alles möglich. Die Pornographie verdankt ihren Ursprung der Verleugnung der sexuellen Begierde. Sie hat immer noch zur Voraussetzung, daß es Verbote gibt und daß die Überschreitung dieser Verbote lustvoll erlebt wird. Verbotsüberschreitungen sind in zweierlei Hinsicht möglich: einmal, indem immer weiter in verbotene Bereiche ein- und vorgedrungen wird (Sexualakte außerhalb der Ehe, mit mehreren Partner, mit Kindern, mit Tieren), zum andern, indem die sexuellen Phantasien mit Phantasien über andere, ebenfalls diskriminierte und verbotene Wirklichkeiten verknüpft werden (Sexualität wird gepaart mit Aggression, Gewalt, Herrschaft, mit Haß, mit Phantasien über Frauenunterdrückung und Folterung von Frauen, mit Machtphantasien von Männern). Die Pornographie ist zur Ware geworden, sie hat einen unbegrenzten Tauschwert, und sie spiegelt sehr genau die offiziellen wie die inoffiziellen gesellschaftlichen Verhältnisse. Alle modernen Medien haben sich als außerordentlich gut geeignet erwiesen, Pornographie herzustellen und ihre „Botschaft“ zu verbreiten. Die technischen Möglichkeiten der Produktion und Reproduktion (Retuschen, Montagen, Darstellungstricks) haben derart zugenommen, daß die Pornographieproduzenten bei der Realisierung selbst der phantastischsten Ideen nicht mehr eingeschränkt sind. Es ist alles machbar.

Zur Rechtslage

Bereits das 4. Strafrechtsreformgesetz vom 23. 11. 1973 hat der neuen Situation auf dem Pornomarkt insofern Rechnung getragen, als es zwischen „weicher“ und „harter“ Pornographie unterscheidet: „Weiche“ Pornographie (StGB § 184 Abs. 1) entspricht in etwa den traditionellen Produkten, die sexuelle Inhalte haben und dadurch sexuell erregend wirken sollen. „Harte“ Pornographie (StGB § 184 Abs. 3) hat Gewalttätigkeiten, den sexuellen Mißbrauch von Kindern oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand. Der § 131 des StGB wirkt hier ergänzend: Er verbietet Schriften, die Gewalttaten gegen Menschen in grausamer oder sonst unmenschlicher Weise schildern und dadurch eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrücken oder zum Rassenhaß aufstacheln.Die Strafgesetze gegen weiche Pornographie sollen vor allem verhindern, daß Kinder und Jugendliche (Personen unter 18 Jahren) und Erwachsene, die sich durch Pornographie gestört fühlen, mit pornographischen Werken in Kontakt kommen. Die harte Pornographie unterliegt hingegen einem allgemeinen Herstellungs-, Import- und Verbreitungsverbot – auch Erwachsenen soll harte Pornographie nicht zugänglich sein. Harte Pornographie dürfte es in der Bundesrepublik Deutschland also eigentlich gar nicht geben. Auch die weiche Pornographie ist für Erwachsene nicht frei zugänglich. Das „Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS)“ schreibt im § 1 vor, daß Werke, die geeignet sind, Kinder oder Jugendliche sittlich zu gefährden, in eine Liste aufzunehmen sind. Dazu zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhaß anreizende sowie den Krieg verherrlichende Schriften. Zuständig für die Indizierung ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften. Antragsberechtigt sind neben den zuständigen Ministern der Länder alle Jugendämter. Für Schriften, die in die Liste aufgenommen wurden, darf nicht geworben werden; sie sind praktisch „tot“, weil auch interessierte Erwachsene nur unter großen Schwierigkeiten von ihrer Existenz erfahren (z. B. durch Anfragen bei Verlagen). Ohne daß es einer Aufnahme in die Liste bedarf, unterliegen denselben Verbreitungseinschränkungen alle Schriften, die den § § 131, 184 StGB entsprechen, und „sonstige“ Schriften, die offensichtlich geeignet sind, Kinder oder Jugendliche sittlich schwer zu gefährden. Unter „Schriften“ sind hier alle Erscheinungsformen gemeint (z. B.: Hefte, Bücher, Zeitschriftenartikel, Bilder, Dias, Filme, Videos, Schallplatten, Tonbänder). Filme werden von der „Freiwilligen Selbstkontrolle“ (FSK) der Filmwirtschaft nach ähnlichen Kriterien kontrolliert. Es kann also gar nicht davon die Rede sein, daß pornographische Werke bei uns frei produziert und frei vertrieben werden können. Die Lockerung, die das 4. Strafrechtsreformgesetz für den § 184 StGB brachte, wurde durch bald darauf erfolgende Verschärfungen des GjS praktisch wieder rückgängig gemacht. Hinzu kommt, daß schon heute jeder Bürger die Möglichkeit hat, an der strafrechtlichen Verfolgung der Pornographie mitzuwirken (Erstattung von Anzeigen, Aufmerksammachen der zuständigen Behörden, z. B. der Jugendämter).

Zum Gesetz­ent­wurf

Da ich kein Jurist bin, möchte ich mich auf wenige Anmerkungen beschränken: Die Generalklausel im Zusammenhang mit der Anspruchsberechtigung ( § 1 und § 2) läßt zu, daß jede Frau selbst darüber befindet, wann sie sich durch eine Darstellung verletzt fühlt. Bedenkt man, wie unterschiedlich auf Pornographie reagiert wird, so kann man sich vorstellen, wie groß die Breite des Sichverletztfühlens sein wird. Der Subjektivität ist Tor und Tür geöffnet. Die Definition ( § 3) „bevorzugt“ die pornographische Darstellung von Frauen. Was ist mit den Männern, die sich verletzt fühlen, wenn sie als Frauen- Vergewaltiger dargestellt werden? Der Gesetzentwurf will „wissenschaftliche oder eindeutig gesellschaftskritische“ Darstellungen ausnehmen. Augenscheinlich soll jedoch der Kunstvorbehalt, den das Grundgesetz eindeutig vorschreibt („Die Kunst ist frei“), nicht gelten. Demnach würden Anais Nin, Henry Miller, Sade (um nur einige zu nennen) unter das Gesetz fallen. Besonders unklar ist der § 6. Was ist „Konsum“ von Pornographie? Wie soll der verlangte Nachweis erbracht werden?

Zur Begründung des Gesetz­ent­wurfs

Meine Stellungnahme beschränkt sich auf die Teile der Begründung, mit denen ich nicht übereinstimme, dabei folge ich den Argumenten der Begründung in der Reihenfolge, wie sie vorgetragen werden.

1. Um zu begründen, daß der Gesetzentwurf eine Gesetzeslücke schließen soll, wird an den bekannten „Stern-Prozeß“ im Sommer 1978 erinnert. Hier handelte es sich zwar um sexistische, aber eindeutig nicht pornographische Titelbilder. Damit wird gleichsam die Katze aus dem Sack gelassen: § 2 des Gesetzentwurfs gibt zwar vor, nur „harte“ Pornographie sei gemeint; in der Begründung wird jedoch deutlich, daß auch „weiche“ Pornographie, auch erotische Darstellungen, auch sexistische Darstellungen betroffen wären, und da als „sexistisch“ auch künstlerische Aktphotos und Aktgemälde aufgefaßt werden können, richtet sich der Gesetzentwurf also schließlich gegen jede Darstellung nackter Frauen.

2. Entgegen den Ausführungen in der Begründung ist die Kunst „absolut“ frei; sie ist nicht beschränkt durch andere Vorschriften.

3. Der § 184 – das belegen eindeutig die Gesetzesmaterialien – wurde nicht etwa „liberalisiert“, weil der Gesetzgeber auf mehr Freiheit und Selbstverantwortung der Bürger hoffte, sondern weil Schäden durch „weiche“ Pornographie nicht nachzuweisen sind (siehe zum Beispiel mein bei der Anhörung vorgelegtes Gutachten nebst Anhang). Kein einziger der Fachleute hat je erwartet, eine „Selbsthilfe der Bürger“ werde den Markt regulieren (noch in der Nach-Adenauer-Zeit haben solche Vereine – wie z. B. der „Volkswartbund“ – eine teils lächerliche, teils sehr wirkungsvolle repressive Rolle gespielt). Daß Pornographie sexuellen Aggressionen als „Abfuhrventil“ dienen könnte, kann schon allein darum kein ernsthafter Sexualwissenschaftler behauptet haben, weil nicht die Pornographie selbst, sondern allenfalls der Umgang mit ihr eine Ventilfunktion haben könnte. Außerdem ist der Begriff „sexuelle Aggression“ zumindest ungewöhnlich; er weckt die Vorstellung, es gäbe Aggressionen sexueller Art oder eine Sexualität, die sich aggressiv äußert – doch so simpel ist der Zusammenhang von Sexualität und Aggression nicht.

4. In der Begründung wird ein direkter Zusammenhang zwischen Beschäftigung mit Pornographie und Entstehung frauenfeindlicher Einstellungen und Verhaltensweisen behauptet, wobei ständig Korrelationen mit Kausalitäten verwechselt werden. Die Argumentation wird auch nicht seriöser, wenn Untersuchungen zitiert werden. So ist der zitierte Report des Justizministeriums in den USA wissenschaftlich wertlos (er widerspricht übrigens in allen wichtigen Punkten dem Pornographiebericht des amerikanischen Kongresses).

Die psychologische Wirkungsforschung muß streng zwischen weicher und harter Pornographie unterscheiden. Wie alle wissenschaftlich fundierten Forschungsergebnisse zur Wirkung weicher Pornographie zeigen, folgt auf sexuelle Erregung durch weiche Pornographie in den nächsten 24 Stunden meist eine erhöhte sexuelle Aktivität, so daß die Orgasmushäufigkeit vorübergehend zunimmt, aber diese sexuelle Aktivität bleibt in den Grenzen der gewohnten Verhaltensmuster, so daß man feststellen muß: Durch die Beschäftigung mit weicher Pornographie werden keine neuen Verhaltensweisen gelernt – das Sexualverhalten wird nicht verändert. Ähnlich zurückhaltend müssen die Möglichkeiten der Veränderung von Einstellungen durch weiche Pornographie beurteilt werden. Die durchschnittlichen Pornographiebenutzer wissen zwischen Phantaieprodukten und Wirklichkeit sehr gut zu unterscheiden; sie ziehen nicht den falschen Schluß, sie dürften sich realen Frauen gegenüber so verhalten, wie es die Pornographie vormacht. Umgang mit weicher Pornographie und Achtung vor der Frau, die jemand liebt, schließen einander keineswegs aus. Weiche Pornographie dient als Ersatzbefriedigung, als Phantasieanreger, überhaupt als Stimulans. Ebensowenig wie die Leser von Kriminalromanen kriminell werden, werden die Benutzer weicher Pornographie zu Frauenfeinden. Produzenten und Konsumenten der weichen Pornographie sind nicht nur Männer, sondern auch Frauen, und zwar nicht etwa, weil Männer auf sie einen Zwang ausüben, sondern ganz aus eigenem Antrieb. Das Interesse der Angehörigen beider Geschlechter an weicher Pornographie hat, seitdem die Pornoproduzenten dies zur Kenntnis genommen haben, bereits zu Veränderungen in den pornographischen Darstellungen geführt (so werden z.B. auch die männlichen Genitalien immer häufiger dargestellt und beschrieben – das wurde früher vermieden, um homosexuelle Assoziationen zu vermeiden, die bei Männern häufig Abwehr und Ekel auslösen; Frauen erscheinen in Positionen, die früher allein den Männern vorbehalten waren, so daß sich in der weichen Pornographie immer häufiger zumindest Ansätze zu partnerschaftlichen Beziehungen durchsetzen). In der weichen Pornographie wird die gesellschaftliche Lage der Frau und die Herrschaftsbeziehung zwischen den Geschlechtern häufig sehr rigide abgebildet. Die Potenzwünsche des Mannes, sein Begehren, bei Frauen erfolgreich zu sein, triumphieren in der weichen Pornographie. Insofern werden durch die weiche Pornographie ohnehin bestehende Vorstellungen und Meinungen unterstützt. Eine Verbesserung der Situation der Frauen wäre aber durch eine Ausrottung der Pornographie (selbst wenn sie gelänge) nicht zu erreichen, weil die weiche Pornographie nicht ursächlich mit der Unterdrückung der Frauen zu tun hat, sondern ihrerseits eine Folge sexualfeindlicher Einstellungen ist, die nicht nur Frauen, sondern auch Männer schädigen, allerdings auf unterschiedliche Weise. Ganz anders müssen die Wirkungen der harten Pornographie eingeschätzt werden. Hier geht es um Befriedigung einerseits von sadomasochistischen Bedürfnissen, andererseits um die Erregung tiefsitzender Angst-, Haß- und Gewaltgefühle. Daß die harte Pornographie sich ausbreitet und immer mehr verroht, hat mit der Zunahme des Gewaltpotentials in unserer Gesellschaft zu tun, die auch sonst (beispielsweise im Straßenverkehr, in politischen Auseinandersetzungen, in der Gewalt gegen Frauen) zu beobachten ist. Wertet man die vorhandenen Wirkungsanalysen aus, so muß man zu der Auffassung gelangen, daß die früher erhoffte kathartische Wirkung nicht eintritt; ich finde aber auch keine Hinweise, die für die Gegenthese sprechen, nach der im Sinne des „Lernens am Modell“ durch den Umgang mit harter Pornographie zwangsweise eine Verrohung der Persönlichkeit, eine Steigerung der Aggressivität, eine Zunahme der Gewalttätigkeiten eintritt. Es ist ein weit verbreitetes Erklärungsmuster, daß in Gewalttaten Szenen aus Filmen oder Druckschriften nachgeahmt würden; auch Gewalttäter selbst behaupten manchmal, sie hätten in der Realität ausprobieren wollen, was sie zuvor gesehen oder gelesen haben, und ihnen wird gern geglaubt, weil sie für die grausamen Taten, die sonst fremd, unheimlich und bedrohlich bleiben, eine beruhigende und zufriedenstellende Erklärung abgeben.

5. Die angstauslösenden und feindseligen Gefühle, die in der harten Pornographie eine Ausdrucksmöglichkeit finden, sind gewiß nicht dadurch zu reduzieren, daß man harte Pornographie verbietet. Es ist auch wenig hilfreich, wenn die Männer als Produzenten und Konsumenten harter Pornographie denunziert werden, während die Frauen als leidende Opfer erscheinen. Frauen können ebenso grausam und gewalttätig sein wie Männer (ein Hinweis auf die KZ-Wächterinnen und das Auftreten von Frauen gegen Sexualtäter in Gerichtsprozessen mag hier genügen). Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Frauen und Männern, die Potentiale an Haß, Angst, Grausamkeit und Gewalt nicht zu verdrängen, sondern so auf sie einzuwirken und sie so zu kanalisieren, daß sie sich weniger gefährlich auswirken.

6. Die Formel „Pornographie sexualisiert Macht“ hört sich sehr gut an, sie erklärt aber nichts. Macht hat augenscheinlich für viele Menschen (Männer und Frauen) eine erotisch-sexuelle Bedeutung, und erst aufgrund dieser Tatsache kann die Koppelung von Sexualität und Gewalt in der Pornographie auf manche Menschen stimulierend wirken. Wie sich harte Pornographie auf den einzelnen auswirkt, hängt dann jedoch in erster Linie von dessen Persönlichkeit ab, und insofern ist jeder für sich verantwortlich. Wenn behauptet wird, der „zentrale Sinn der Pornographie“ sei die „Propagierung und Realisierung von Frauenerniedrigung und Frauenverachtung“, Pornographie sei „kein Instrument der Lust, sondern ein Instrument der Macht“, dann wird mit diesen Festlegungen zunächst noch einmal bestätigt, daß der Gesetzentwurf unterschiedslos die ganze Bandbreite der Pornographie meint, nicht nur die harte Pornographie. Im übrigen aber werden hier „der“ Pornographie Fähigkeiten zugetraut, die reichlich absurd sind. Wäre die Pornoproduktion, wie die Begründung unterstellt, das Zentrum der Frauenfeindschaft und Frauenunterdrückung, dann müßte nur die Pornographie abgeschafft werden und der entscheidende Schritt zur Frauenemanzipation wäre getan. Tatsächlich aber sind doch nicht die Werke der Pornographie in erster Linie derart problematisch, sondern die Bedürfnisse großer Gruppen unserer Gesellschaft, die genau nach der Pornographie verlangen, die wir haben. Das wirklich erfolgreiche Instrument zur Abschaffung der Pornographie ist nicht das Verbot, sondern daß auf dem Markt die Nachfrage nach Pornographie aufhört.

7. Ganz entschieden muß widersprochen werden, wenn behauptet wird, die Pornographie verletze nur die elementaren Menschenrechte von Frauen. In der harten Pornographie kommen durchaus auch folternde Frauen und geknechtete Männer vor, und die meisten Männer werden wohl mit mir darin übereinstimmen, daß sie sich in ihrer Würde gleichermaßen verletzt fühlen, unabhängig davon, ob sie als gefolterte Schwächlinge oder als folternde Gewalttäter dargestellt werden.

Der Gesetzentwurf hat ein Verdienst: Er hat eine Diskussion ausgelöst, die notwendig ist. Diese Diskussion leidet jedoch darunter, daß die Menschen in gute und böse eingeteilt werden und daß als Kriterien dafür allein geschlechtsspezifische Vorurteile verwendet werden. Darüber hinaus wird die Diskussion noch dadurch erschwert, daß sie über ein derart diskriminiertes Medium wie die Pornographie geführt werden muß. Niemand will in den Ruf kommen, er verteidige die Pornographie, sogar die harte Pornographie. Da verlautbart man doch lieber Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, zumal man sicher sein kann, daß er aus juristischen Gründen nie Gesetzeskraft erlangen wird.

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