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Schluss mit einer schlechten symbo­li­schen Politik auf Kosten der Menschen­rechte - Verdachts­ab­schie­bungen verhindern!

30. März 2004

Gemeinsame Presseerklärung zur Zuwanderungsdebatte von Humanistische Union (HU) · Gustav-Heinemann-Initiative (GHI) · Internationale Liga für Menschenrechte · Komitee für Grundrechte und Demokratie · Republikanischer Anwältinnen und Anwälteverein (RAV) · Aktion Courage

Bundesdeutsche Bürger- und Menschenrechtsvereinigungen haben sich auf ihrem Jahrestreffen in Köln am Wochenende einmütig und nachdrücklich gegen eine Politik ausgesprochen, die die Ängste vor Terrorangriffen für eine Politik der Ausgrenzung von AusländerInnen, des Abbaus von rechtsstaatlichen Mindeststandards und der Ausweitung von Möglichkeiten menschenrechtswidriger Ausweisungen instrumentalisiert.

In die Debatte um das Zuwanderungsgesetz, das bereits jetzt als Zuwanderungsverhinderungsgesetz bezeichnet werden muss, wurden aktuell von Innenministern Forderungen nach Möglichkeiten von Ausweisungen und Abschiebungen aufgrund bloßen Verdachts aufgenommen. AusländerInnen, insbesondere solche muslimischen Glaubens, die schon seit dem 11.9. unter Generalverdacht stehen, sollen nun auch noch nur aufgrund eines -polizeilichen oder geheimdienstlichen – Verdachts ausgewiesen werden können. Die Vertreter der Bürgerrechtsvereinigungen weisen darauf hin, dass bereits jetzt Ausweisungen und Abschiebungen häufig menschenrechtswidrig und rechtsstaatlich fragwürdig verlaufen. Die geplanten Verdachtsabschiebungen widersprächen auch juristisch dem Abschiebungsschutz aus Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung des Grundgesetzes.

Reinhard Mokros, Bundesvorsitzender der Humanistischen Union, erklärte dazu am Rande der Tagung: „In der Debatte um das Zuwanderungsgesetz bedienen sich Regierung wie Opposition einer gesellschaftlich entsolidarisierend wirkenden und tendenziell ausländerfeindlichen Law & Order Rhetorik ohne Rücksicht auf den Schaden für Rechtsstaat und Demokratie: Es ist grotesk und gespenstisch zugleich, angesichts des eigentlich angekündigten Zuwanderungsgesetzes in der Öffentlichkeit nun allein noch von der geplanten Ausweitung „fremdenpolizeilicher“ Maßnahmen zu hören. Damit läuft das geplante Zuwanderungsgesetz Gefahr, in der Wahrnehmung der BürgerInnen zum „Ausländer-Raus Programm“ zu mutieren. Aus dem richtigen Ziel verbesserter Integration droht nun Ausgrenzung zu werden. Dieses Verhalten birgt die Gefahr weiterer Entfremdung zwischen Deutschen und bei uns lebenden Ausländern sowie des stetig weiter geschürten und undifferenzierten Generalverdachtes gegen alles als vermeintlich fremd Empfundene.“

Rolf Gössner, Präsident der internationalen Liga für Menschenrechte, stellt fest, dass die geplanten Maßnahmen nicht bloß verfassungswidrig sind. Sie stellen darüber hinaus, sollten sie tatsächlich zustande kommen, einen schwerwiegenden Bruch mit der freiheitlich-rechtsstaatlichen Rechtskultur der Bundesrepublik dar. „Damit wird bereits jetzt das Gegenteil dessen erreicht, wofür die Bundesregierung eigentlich angetreten ist. Der Versuch der Stärkung von AusländerInnenintegration sowie weltweiter ursachenorientierter Terrorismusbekämpfung gerinnt in den Händen der politisch Verantwortlichen erkennbar zum Gegenteil des ursprünglich Beabsichtigten.“ Der RAV-Vorstand betont: „Die Verteidigung von Freiheits- Verfassungsrechten gegen mögliche Bedrohungen kann und darf auch nach den Anschlägen von Madrid nicht mit der Aufgabe eben der Rechtspositionen einhergehen, die zu schützen sie vorgeben. Zudem haben wir einen Anspruch darauf, vor untauglichem, schädlichem und symbolischem Gesetzgebungsaktionismus und Polizeimaßnahmen geschützt zu werden.“

Die teilnehmenden Bürgerrechtsorganisationen fordern die Bundesregierung auf, von einer Zuwanderungsregelung Abstand zu nehmen, die diesen Namen nicht mehr verdient und stattdessen die Situation der bei uns lebenden Ausländerinnen und Ausländer gravierend verschlechtern wird.

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