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Vergöt­tertes Deutschtum! – Die CDU Unter­schrif­te­n­ak­tion und das 1. Gebot

01. Januar 1999

Pressemitteilung des HU-Ortsverband Marburg, veröffentlicht am 11. Jan. 1999

Mitteilungen Nr. 165, S. 10

Für die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft spricht sich die Humanistische Union aus. In der von der CDU geplanten Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft sieht der HU-Ortsverband Marburg eine „populistische Bauernfängeraktion auf Kosten unserer ausländischen Mitbürger“.
Die Marburger Ausländerbehörde hat auch in der Vergangenheit schon eine doppelte Staatsbürgerschaft geduldet, wenn Bewerber um die Einbürgerung keine Chance hatten, aus ihrer angestammten Staatsbürgerschaft entlassen zu werden oder die Dokumente ihrer Ausbürgerung beizubringen. Menschen aus dem Iran, aber auch aus ehemaligen Sowjetrepubliken hätten sonst keine Chance auf den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft. Der HU-Ortsverband Marburg fordert die Behörden von Stadt und Landkreis auf, menschliche Gesichtspunkte vor eine gnadenlose Prinzipienreiterei zu stellen.
„Die Kampagne der CDU zielt einzig und allein auf Stimmenfängerei“, meint der stellvertretende HU-Ortsvorsitzende Dragan Pavlovic. „Die Christdemokraten wollen die hessische Landtagswahl am 7. Februar gewinnen, indem sie das rechtsextreme und nationalkonservative Wählerpotential mobilisieren und ausschöpfen. Sie wollen aber auch verunsicherte Mitmenschen auf ihre Seite ziehen, die Angst vor einer vermeintlichen Überfremdung haben.“
Die Unterschriftenkampagne der CDU gegen eine doppelte Staatsbürgerschaft ist nach Auffassung der HU „ein gefährliches Spiel mit dem Feuer“. Deutschtümelnde Denkmuster wie die unsägliche Das-Boot-ist-voll-Ideologie werden wieder bemüht, um Angst und Haß zu schüren. Die deutsche Staatsbürgerschaft und damit das Deutschtum werden zur alleinigen Gottheit erhoben, die keine fremden Götter neben sich duldet.
Die Tatsachen sprechen gegen Befürchtungen vor einer Überfremdung Deutschlands: In den letzten Jahren war die Migrationsbilanz negativ; weniger Menschen wanderten nach Deutschland ein als von hier aus. Ohne die tätige Mitwirkung ausländischer Mitbürger wären die deutschen Renten niedriger, die Auslagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland unvermeidbar und unser erreichter Wohlstand nicht haltbar.
Die Humanistische Union fordert alle Marburger Unionspolitiker auf, die Unterschriftenkampagne ihrer Parteioberen zu boykottieren und sich stattdessen demonstrativ auf die Seite der ausländischen Mitbürger zu stellen. Alle Bürgerinnen und Bürger bittet die HU um Unterstützung für die Pläne der Bundesregierung, eine doppelte Staatsbürgerschaft in Ausnahmefällen zuzulassen. „Wer hier lebt“, erklärt Dragan Pavlovic, „der muß auch alle Bürgerrechte genießen. Nach aller Erfahrung ist die Einbürgerung in vielen Fällen aber nur unter Einschluß einer zusätzlichen Staatsbürgerschaft möglich. Vor dieser Realität dürfen wir nicht die Augen verschließen!“

Dragan Pavlovic, (Pressespr.), Humanistische Union Ortsverband Marburg Tel. 06043/401866

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