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Zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung dienst­recht­li­cher Vorschriften

31. März 1974

Humanistische Union

vorgelegt von der Bundesregierung zur Ablösung des sogenannten Ministerpräsidentenbeschlusses und gegen die dem Bundesrat vorgelegten Entwürfe Bayern und Baden-Württembergs

1.
Die HUMANISTISCHE UNION verkennt nicht, daß der von der Bundesregierung am 6. März 1974 zur Ablösung des Ministerpräsidentenbeschlusses vom 28. Januar 1972 vorgelegte Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache 204/ 74) gemessen an der bisherigen Praxis und an dem von Bayern und Baden-Württemberg vorgelegten Entwurf Fortschritte enthält.
2.
Die HUMANISTISCHE UNION hält es jedoch auch diesem Entwurf gegen-über für geboten, darauf hinzuweisen, daß das Grundgesetz die Rechtskonstruktion einer verfassungswidrigen, aber nicht verbotenen Organisation bewußt ausgeschlossen und die Zuständigkeit für Parteienverbote und Verwirkungserklärungen von Grundrechten aus gutem Grund ausschließlich dem Bundesverfassungsgericht zugesprochen hat. Wenn aus politischen Gründen der Antrag zum Verbot bestimmter politischer Parteien nicht gestellt wird, dann darf bei konsequenter Anwendung der im Grundgesetz festgelegten Prinzipien ausschließlich das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden, ob ein einzelner, der einer vom Bundesverfassungsgericht nicht verbotenen Partei angehört, als jemand behandelt werden kann, der die „Grundrechte im Kampf gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung mißbraucht“ (Art. 18 GG). Die durch das Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht zugesprochene Kompetenz darf dem Gericht nicht genommen und der Verwaltung zu-gesprochen werden. Nur eine ausschließliche Entscheidungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts darüber, wer Grundrechte im Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht und deshalb in seinen staatsbürgerlichen Rechten beeinträchtigt werden darf (den Begriff des „Verfassungsfeindes“ kennt das Gesetz bekanntlich nicht) entspricht dem vom Grundgesetz für derartige Fälle vorgesehenen Rechtsweg und verbürgt die durch den Gesetzentwurf angestrebte Rechtseinheitlichkeit. Durch Bildung eirles dritten Senats beim Bundesverfassungsgericht könnte das Gericht ohne
Schwierigkeiten in die Lage versetzt werden, Verfahren gemäß Art. 18 GG durchzuführen.
3.
Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Anhörungen lassen im übrigen ein zwingendes Gebot der Rechtsstaatlichkeit außeracht, das bei derartigem Verwaltungshandeln strikte Förmlichkeit und für den Betroffenen die Möglichkeit der Heranziehung eines Rechtsbeistandes vorschreibt.
4.
Der Gesetzentwurf stellt ferner für die Zulassung zu einer Ausbildung, die nur in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Ausbildungsverhältnis erfolgen kann, nicht sicher, daß die Ausbildung bestimmter Kandidaten nicht in dis-qualifizierender Weise (etwa in Form eines Anstellungsverhältnisses gegenüber dem üblichen Ausbildungsverhältnis als Beamter auf Widerruf) erfolgt. Gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung darf im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses nicht verstoßen werden. Beispielsweise müssen entweder alle Referendare im Angestelltenverhältnis ausgebildet werden oder alle Referendare müssen zu Widerrufsbeamten ernannt werden.

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