Beitragsbild Diskriminierung im Namen der Neutralität. Human Rights Watch kritisiert Kopftuchgesetze
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Diskri­mi­nie­rung im Namen der Neutra­li­tät. Human Rights Watch kritisiert Kopftuch­ge­setze

30. April 2009

Kurz-Mitteilung

Aus: Mitteilungen Nr. 204 (1/2009), S. 29

Diskriminierung im Namen der Neutralität. Human Rights Watch kritisiert Kopftuchgesetze

(SL) Human Rights Watch (HRW) hat eine Untersuchung über die verschiedenen Ländergesetze zum Neutralitätsgebot für deutsche Lehrer und Angestellte des öffentlichen Dienstes vorgelegt. Die Menschenrechtsorganisation kommt in ihrem Report zu dem Ergebnis, dass die „Kopftuchgesetze“ gegen menschenrechtliche Standards verstoßen, da sie die Religionsfreiheit der betroffenen Frauen unverhältnismäßig einschränken, deren Zugang zum Arbeitsmarkt behinderten und Vertreter verschiedener Glaubensrichtungen ungleich behandeln. Die Autorin Haleh Chahrokh kommt zum dem Schluss, dass praktisch alle Ländergesetze entweder offen oder indirekt muslimische Frauen diskriminieren. Offen geschehe dies, indem (bspw. in Baden-Württemberg) christliche Kleidungsstücke von den Verboten ausgenommen und als Bestandteil der abendländischen Kultur deklariert werden. Aber auch religiös-weltanschaulich neutral formulierte Gesetze wie die Berliner Regelung würden in der Praxis ausschließlich gegen kopftuchtragende Frauen angewandt.

Bei der Vorstellung des Reports wies HRW darauf hin, dass alle bisherigen Verfahren gegen kopftuchtragende Lehrerinnen von den Schulverwaltungen initiiert wurden. Die Organisation sieht dies als Hinweis darauf, dass nicht von einer generellen Beeinträchtigung der negativen Relgionsfreiheit der Schüler durch kopftuchtragende Lehrerinnen ausgegangen werden könne. HRW empfiehlt deshalb, bei konkreten Hinweisen auf die religiöse Beeinflussung/Indoktrination durch gläubige Lehrer/innen auf die normalen disziplinarrechtlichen Sanktionen für öffentlich Bedienstete zurückzugreifen.

Für die Untersuchung hatte HRW zahlreiche betroffene Frauen, Vertreter der Schulverwaltungen, der Justiz und von Menschenrechtsorganisationen (darunter auch der HU) interviewt. Der Report ist im Internet verfügbar unter: www.hrw.org/en/reports/2009/02/26/diskriminierung-im-namen-der-neutralit-t.

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