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Meinung

01. September 1998

Franz-Josef Hanke

Mitteilungen Nr. 163, S. 80

Zum vorstehend abgedruckten Leserbrief von Rudolf Ladwig erreichte uns noch folgende Stellungnahme via e-Mail.

Nur kurz meine Meinung zum Thema Kopftuch-Entscheidung: Generell bin ich der Meinung, daß der Schutz gerade von Kindern, die wegen ihres Alters noch nicht in ihrer Weltanschauung gefestigt sind, absolute Zurückhaltung des Lehrpersonals bei allen Formen möglicher Beeinflussung verlangt. Andererseits stehe ich auch auf dem Standpunkt, daß das Recht der freien Meinungsäußerung nicht vor den Schultoren Halt machen darf.
Ich wäre nicht besonders glücklich, wenn in der Schule keine Meinungsknöpfe (Buttons) getragen werden und keine Äußerungen zu politischen Vorgängen verlautbart werden dürften. Der Mensch ist ein politisches Wesen. Ich kann mir kaum vorstellen, daß jedes Kreuz, jedes Kopftuch und sogar jegliches Amulett verboten wären. Wo kämen wir da hin? Gesinnungsschnüffelei?
Das Thema Kopftuch ist ein Schwieriges, weil es unterschiedliche Positionen der HU aus unterschiedlichen Richtungen berührt. Klar scheint, daß der Aufstand sich aber weniger gegen religiöse Beeinflussung oder Fundamentalismus richtete als gegen muslimische „Unterwanderung“ der armen katholischen oder evangelischen Schulkinderchen.
Dergleichen haben wir in Marburg ja auch mit unserer Glocken-Debatte erlebt (Anm. d. Red.; vgl. Mitteilungen Nr. 161, S.9): Der Muezzin ist verpönt, die Glockenkritik ein Sakrileg. Die Oberhessische Presse geißelte uns gar als „Glocken-Hasser“. Es wird mit zweierlei Maß gemessen: Recht katholisch ist recht, evangelisch liberal wird gerade noch akzeptiert, und Muslime wie Atheisten halten sich gefälligst zurück und den Mund!
Damit keine Zweifel aufkommen: Auch ich bin gegen islamische Fundamentalisten im Schuldienst, aber ich setze dann doch eher auf die pfiffigen Kids: Meine beste Erziehung zum politisch denkenden Menschen verdanke ich neben meinem altsozialdemokratischen Geschichtslehrer meiner Französisch- und Englischlehrerin, die aus ihren faschistischen Positionen keinen Hehl machte. Ihr Mann – Oberst a.D. – war Direktkandidat der NPD bei der Bundestagswahl 1969.
Nun habe ich Euch genug vollargumentiert. Bevor ich mich verabschiede, eine Anmerkung zur e-Mail-Adresse: MAIL an die HU Marburg bitte künftig an: hu-marburg@t-online.de. Diese Adresse nutzen Dragan Pavlovic und ich gemeinsam, so daß alle Mitteilungen an den OV Marburg auch schnell bei den Verantwortlichen ankommen. An meine Privatadresse künftig bitte nur persönliche, wichtige oder eilige Mitteilungen!
Schöne Grüße mit Kopfbedeckung (wegen Hitze) von Franz-Josef Hanke.
Internet-Homepage: www.info-line.scm.de/hu.html

Franz-Josef Hanke

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