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Den Frieden politisch und mit zivilem Aufbau gewinnen - Ausstieg aus dem militä­ri­schen Engagement in Afghanistan

24. November 2009

Positionspapier der Humanistischen Union anlässlich der bevorstehenden Entscheidung des Bundestages zur Verlängerung des ISAF-Mandats für den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan im Dezember 2009.

Quellenhinweise zu Zitaten sowie Zahlenangaben finden sich in der angehängten PDF-Datei am Ende des Artikels.

Übersicht

Vorbemerkung 

1. Einstieg in einen Deeskalationsprozess 

2. Mangelnder politischer Wille zu umfassendem Polizeiaufbau

3. Missverhältnis beim finanziellen Aufwand für Militär und ziviles Engagement

4. Zivil-militärische Zusammenarbeit – ein Schönreden, dem Bundesregierung und Teile der Opposition immer noch anhängen 

5. Kein „Weiter so“ beim „Krieg gegen den Terrorismus“ 

6. Die neue Rolle der Bundeswehr 

7. Deutschland als Initiator einer „Konferenz für Frieden und Zusammenarbeit im mittleren Osten“ 

Anhang 1: Der Verteidigungsbegriff des Art. 51 UN-Charta 

Anhang 2: Vorgeschichte und Verlauf der deutschen Beteiligung des Krieges in Afghanistan 

Vorbemerkung

Friedensbewegung und Bürgerrechtler sind seit Beginn des Afghanistan-Krieges zutiefst skeptisch gegenüber den vorgeblichen Zielen dieses Einsatzes: dem Krieg gegen den Terror verbunden mit der Stabilisierung sowie dem Aufbau und der Entwicklung des Landes. Mehr denn je zeichnet sich ab, dass der Krieg in Afghanistan verheerende Folgen für das Land hat. Angesichts der zunehmenden Eskalation droht offenkundig ein politisch-militärisches Scheitern der westlichen Allianz. Die jüngsten, auf Anforderung der Bundeswehr in Afghanistan erfolgten, Bombardements zweier Benzin-Lastzüge, die zahlreiche – auch zivile – Opfer forderten, haben die Öffentlichkeit aufgeschreckt und erneut die Sinnhaftigkeit des deutschen militärischen Engagements in Afghanistan in Zweifel gezogen bzw. die Ablehnung jeglichen militärischen Engagements verstärkt. Nach acht Jahren Krieg mit schätzungsweise 50.000 Opfern, darunter 865 toten US-Soldaten und 570 Toten der verbündeten Truppen sowie extrem verschlechterter Sicherheitslage wird mehr denn je der Fokus der Diskussion auf Bedingungen und Zeithorizonte für einen Abzug der deutschen und internationalen Truppen gelegt. Das Spektrum der Forderungen reicht vom Sofortabzug bis zum „Abzug in verantwortbarer Weise“, wobei Voraussetzungen und Bedingungen des Verantwortbaren umstritten und höchst vielfältig sind. 

Der Versuch einer Positionsbestimmung der HU in dieser Diskussion orientiert sich u.a. an folgenden Prinzipien:

  • Auf Koexistenz und Kooperation angelegte westliche Akzeptanz aller gesellschaftlichen Kräfte in Afghanistan, die auf einen fairen, innerafghanisch verhandelten gesellschaftlichen Interessenausgleich abzielt.
  • Anwendung des Konzepts gemeinsamer Sicherheit durch Dialog und Einbeziehung der Sicherheitsbedürfnisse des Gegners.
  • Glaubwürdige Vermittlung der dem deutschen Engagement in Afghanistan zugrunde liegenden Motive und Ziele, die primär an der Herstellung und Sicherung menschenrechtlicher Standards orientiert sein müssen, d.h. Reduzierung von Gewalt, Not und Unfreiheit und die zügige Herstellung von Rechtsstaatlichkeit
  • Grundsätzlicher und entschiedener Vorrang entwicklungspolitischen und zivilgesellschaftlichen Engagements vor militärischem Einsatz.
1. Einstieg in einen Deeska­la­ti­ons­pro­zess

Der Einstieg in einen Prozess militärischer Deeskalation könnte nach regionalen Waffenstillstandsverhandlungen als erster Schritt durch einen Abzug  von 1.000 Soldaten der Bundeswehr aus Afghanistan umgehend begonnen werden. Nato und Bundeswehr sollten für Afghanistan einen Abzugsplan ausarbeiten, der bis 2013  jährlich die Rückführung der restlichen deutschen Einheiten vorsieht. Dass der Abzug von rund einem Viertel der Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan bereits im Jahr 2010 möglich ist, wird u.a. durch die jüngste Ansage der Bundesregierung bekräftigt, wonach die Sicherheitssituation durch entschiedene Anstrengungen in Qualität und Umfang bei der Ausbildung und dem Aufbau von afghanischen Sicherheitskräften (Polizei und Armee) verbessert werden soll. Die zunehmende Übernahme von Sicherheitsverantwortung durch die Afghanen selbst ist erklärtes Ziel der Bundesregierung und der westlichen Allianz insgesamt. Zudem würden durch den Abzug eines ersten Kontingents von Bundeswehrsoldaten Finanzmittel frei, die für zivilen Aufbau in Afghanistan umgeschichtet werden könnten.

Kanada und die Niederlande haben in ihren Ländern die politische Diskussion über einen Abzug aus Afghanistan erfolgreich geführt. Das niederländische Parlament hat mit breiter Mehrheit beschlossen, den Einsatz der niederländischen Truppen nicht über das Jahr 2010 hinaus zu verlängern.  Kanada wird seine Truppen bis Ende 2011 abgezogen haben. Dadurch wird u.a. Druck auf die afghanische Regierung ausgeübt, sich intensiver um den Ausbau von Sicherheitsstrukturen zu bemühen. Die afghanische Regierung verhandelt inzwischen mit den Taliban, US-Präsident Obama wirbt für einen Dialog mit moderaten, gewaltfrei agierenden Taliban  bis hin zu deren Regierungsbeteiligung.

Der Rückzug von internationalen Truppen aus Afghanistan sollte durch verstärktes Engagement ziviler Organisationen und der UN mit einem neuen Mandat abgelöst werden. Parallel zum militärischen Deeskalationsprozess müssen neben weitaus stärkeren Bemühungen um den Aufbau afghanischer Polizeikräfte funktionierende Strukturen auf kommunaler und regionaler Ebene als zentralem Bestandteil der zivilen Aufbauhilfe hergestellt werden. Zivile Projekte und Aufgaben sind primär in einheimische Verantwortung zu legen. „Afghans in the lead“, „Federführung durch Afghanen“ – das ist die Forderung des „Afghan Civil Society Forum“. Sie muss oberste Zielsetzung der strategischen Diskussion um die zivilgesellschaftliche Zukunft Afghanistans sein.

Die Beseitigung von Gewalt, Not und Unfreiheit sind die drei wesentlichen  Bestandteile eines Friedensprozesses. Diese Ziele müssen gleichberechtigt in konkrete Projekte umgesetzt werden. So liegen ökonomische Alternativen zum Drogenanbau in der Schaffung legaler Verdienstmöglichkeiten für die Menschen Afghanistans, etwa durch zertifizierten Mohnanbau für medizinische Zwecke und vor allem durch die Wiederaufnahme der einheimischen Erzeugung von Grundnahrungsmitteln. Über 90 Prozent aller Waren in Afghanistan stammen aus Importen; die Arbeitslosigkeit im Norden beträgt 70, im Süden und Osten gar 90 Prozent. Untersuchungen zeigen, dass Straßen, Brücken und Wasserleitungen im Rahmen von Projekten gebaut werden, ohne dass einheimische Arbeitskräfte in nennenswertem Umfang beschäftigt und ihnen damit Perspektiven eröffnet werden.

Es ist unerlässlich, entsprechend der UN Resolution 1325 „Frauen, Frieden und Sicherheit“ Frauen in den Friedensprozess in Afghanistan einzubeziehen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen nationalen Aktionsplan für die Erfüllung dieser Resolution vorzulegen. Die Durchsetzung von Frauenrechten ist für den Aufbau einer Zivilgesellschaft in Afghanistan und die Demokratisierung des Landes wesentlich.

Forderung: Notwendig ist eine grundlegende Richtungsänderung. Es ist vordringlich Sache der neuen Bundesregierung, insbesondere bei den Nato-Partnern darauf hinzuwirken, dass ein Umdenken von der militärischen Priorität hin zu massivem zivilgesellschaftlichem und entwicklungspolitischem Engagement des Westens dringend erforderlich ist, soll der ganze Einsatz nicht scheitern.
Vor der anstehenden Abstimmung über eine Verlängerung bzw. Neu-Mandatierung des ISAF-Mandats ist von der Bundesregierung ein verbindlicher Abzugsplan vorzulegen, der die sofortige Rückführung von 1.000 Bundeswehr-Soldaten und bis 2013  jährlich den Abzug der restlichen deutschen Einheiten vorsieht. Die Umschichtung des neuen Bundeshaushalts mit erheblich mehr Mitteln für den zivilen Bereich in Afghanistan ist auszuweisen.

2. Mangelnder politischer Wille zu umfassendem Polizei­aufbau

Als wichtigste Voraussetzung für einen Abzug ausländischer Streitkräfte aus Afghanistan wird immer wieder genannt, dass die Afghanen in die Lage versetzt werden müssen, ihre Sicherheit selbst gewährleisten zu können. Nach aktuellen Schätzungen müssen dafür rund 130.000 afghanische Soldaten und mindestens ebenso viele Polizisten ausgebildet werden. Inzwischen sollen rund 90.000 Soldaten und maximal 60.000 Polizisten geschult worden sein. Trotz aller Bemühungen blieb die Zahl der entsandten Polizei-Ausbilder weit hinter Zusagen und Erfordernissen zurück. Die afghanischen Polizeikräfte sind bislang  zu schlecht ausgebildet, zu gering bezahlt und vielfach anfällig für Korruption.

Für den Polizeiaufbau, der von 2002 bis 2007 in deutscher Verantwortung und seitdem von der EU-Mission EUPOL AFGHANISTAN unterstützt wird, standen jährlich 12 Mio. Euro aus dem „Stabilitätspakt Afghanistan“ zur Verfügung. In den zwei deutschen Polizeimissionen sind 54 Beamte mit Schwerpunkt Ausbildung tätig, rund 50 Experten mit Schwerpunkt Beratung und Koordinierung (EUPOL AFGHANISTAN). Mehrfach hat Deutschland angekündigt, die Polizeiausbildung zu verstärken. Was bisher geleistet wurde, ist alles andere als eine Erfolgsgeschichte.  Verluste gehören zur Tagesordnung. Mehr als 1.000 Polizisten sind bis Ende 2008 getötet worden, viele Ausgebildete sind vorwiegend wegen schlechter Bezahlung zu den Taliban oder Warlords übergelaufen (vgl. Protokoll Nr. 16/81 der 81. Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, S. 12 u. 19ff.)

Entscheidend für die Zukunft Afghanistans wird sein, dass Wiederaufbau und Entwicklung in Verbindung mit einem funktionierenden Staatsapparat stattfinden, der demokratischen Mindest-Standards entspricht  und von der Bevölkerung legitimiert ist. Wenn die UN-Mission in Kabul – und die internationale Öffentlichkeit – aus dem „massiven Wahlbetrug“ (EU-Wahlbeobachter Gunter Mulack) der Regierung Karsai Konsequenzen gezogen und sich zumindest  um  eine – bizarr gescheiterte – Stichwahl  bemüht hat, so wird erkennbar, dass sie nicht um jeden Preis auf vermeintliche staatliche Stabilität auf Kosten der ursprünglichen Ziele Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte setzt. Der Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte darf nur einer Regierung dienen, die über ausreichende demokratische Legitimation verfügt.

Aber selbst  die auch durch die internationale Anerkennung des Wahlergebnisses halbwegs legitimierte Regierung Karsai kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie von Korruption durchsetzt und weitgehend ineffektiv ist. „Karsai muss Korruption, schlechter Regierungsstil und mangelnde Kooperation angelastet werden, aber nicht weniger chaotisch handeln die Akteure aus dem Ausland – die UN, die Truppensteller, die USA als wichtigster Partner. Ihre Beiträge zum Aufbau sind nach wie vor unkoordiniert und mangelhaft finanziert. Vor allem aber fehlt es vielen Helfern an einem gemeinsamen politischen Ziel“, so die Einschätzung der Süddeutschen Zeitung am 21.10.2009.

Meinungsumfragen belegen, dass die Bevölkerung in Deutschland und in den USA mehrheitlich nicht bereit ist, für einen weiteren Kriegeinsatz Verständnis zu haben und Opfer zu bringen. Das Konzept des Aufbaus einer Demokratie mit Hilfe des Militärs ging von unrealistischen Voraussetzungen aus und greift daher nicht. Der mit der Petersberger Konferenz im Jahr 2001 verbundene Anspruch einer demokratisch legitimierten Zentralregierung Karsai für ganz Afghanistan stößt sich mit der Wirklichkeit: Afghanistan besteht aus regionalen Herrschaftsgebieten von Warlords, Stammesführern  und heterogenen Widerstandsgruppen wie den Taliban.

Ein großes Hindernis für eine gesamtstaatliche Ordnung sind die ethnische Zersplitterung der Bevölkerung und die historische Dominanz der Paschtunen, die aber dennoch nur 40 Prozent der Bevölkerung ausmachen und nicht das Staatsvolk eines Nationalstaates repräsentieren.

Forderung: Es muss Schluss sein mit „best case“ Annahmen. Das deutsche Engagement muss den Polizeiaufbau mit erheblich mehr Mitteln betreiben. Dazu hat die neue Bundesregierung verbindliche Haushaltsplanungen vorzulegen. Statt Unterstützung einer korrupten und ineffektiven Regierung muss weiter internationaler Druck in Richtung demokratischer Reformprozesse ausgeübt werden. Polizei und Militär müssen erkennbar strikt getrennt sein. Illegale Milizen sind aufzulösen bzw. in die Polizeikräfte zu integrieren, wo das möglich ist. 

3. Missver­hältnis beim finan­zi­ellen Aufwand für Militär und ziviles Engagement

Die Priorität des Militärischen beim deutschen Engagement in Afghanistan zeigt der jeweilige finanzielle Aufwand von 2002 bis 2009: Drei Viertel für die Bundeswehr, ein Viertel für zivilen Wiederaufbau und Entwicklung.

Im Rahmen des Parlamentsvorbehalts beschließt der Bundestag über deutsche Beteiligungen bei Auslandseinsätzen und auch über die finanziellen Mittel dafür im Rahmen seines Haushaltsrechts. Die Ausgaben für den Afghanistan-Einsatz werden in einem Gesamttitel für Auslandseinsätze ausgewiesen. Summiert man die Angaben zu einsatzbedingten Zusatzausgaben im jeweiligen Antrag der Bundesregierung, so belaufen sie sich in den Haushaltsjahren 2002 – 2009 auf ca. 3,5 Mrd. Euro – ohne dass darin beispielsweise Folgekosten wegen einsatzbedingter physischer oder psychischer Verletzungen berücksichtigt wurden.

Mit dem „Afghan Compact“ im Jahr 2006 wurden drei Pfeiler des internationalen Engagements in Afghanistan definiert: 1. Sicherheit, 2. Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, 3. Wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Der deutsche zivile Wiederaufbau in Afghanistan begann 2002 und erforderte 80 Mio. Euro pro Jahr; er wurde vollständig aus dem BMZ-Etat finanziert, wobei dem Auswärtigen Amt ein Teil z.B. für den Polizeiaufbau zufloss. Seit 2008 hat das Auswärtige Amt eigene Haushaltsmittel für den zivilen Wiederaufbau Afghanistans. Für die Jahre 2002 bis  2009 nennt das BMZ den Gesamtbetrag von 830 Mio. Euro als Gesamtaufwand für zivile Hilfe.

Die deutsche Hilfe für Afghanistan bedarf nicht nur besserer Mittelausstattung, sie ist auch in ihrer Qualität zu verbessern. Neben anderen Defiziten weist sie einen erheblichen Mangel auf: Die Ausrichtung der Projekte berücksichtigt unzureichend die Bedürfnisse der Bevölkerung. Die Vorsitzende der Hilfsorganisation Kinderberg International, Suzanna Lipovac, nennt ein Beispiel: Frage man einen Afghanen in einer der Provinzen, was denn geschehen müsse, damit sich seine/ihre Lebenssituation verbessert, so würden weder eine Brücke noch eine Autobahn oder eine Spezialklinik in einer der Großstädte genannt. Viel wichtiger sei den Menschen dort der regelmäßige Zugang zu einem Hausarzt, sauberes Trinkwasser und eine Grundbildung für die Kinder.

Forderung: Notwendig ist ein Strategiewechsel, der durch Umschichtung der Haushaltsmittel klare Priorität auf zivilen Aufbau und Entwicklung zu Lasten militärischer Aufwendungen legt. Konkrete, mit den Afghanen erarbeitete Entwicklungsziele sind von Seiten der Bundesregierung zu benennen, über deren Erreichung dem Bundestag regelmäßig Bericht zu erstatten ist. Insbesondere sind zivile Projekte zu definieren, die in enger Abstimmung mit lokalen Einrichtungen und der lokalen Bevölkerung Afghanistans für deren Bedürfnisse entwickelt werden. Grundlage für ein Gelingen dieser Entwicklungsarbeit sind die Herstellung von Rechtsstaatlichkeit und der Schutz von Bürger- sowie Menschenrechten, notfalls auch durch die Sicherheitskräfte.

4. Zivil-­mi­li­tä­ri­sche Zusam­me­n­a­r­beit – ein Schönreden, dem Bundes­re­gie­rung und Teile der Opposition immer noch anhängen

Die Bundeswehr als Entwicklungshelfer in Uniform – dass dieses Bild entstehen konnte, verdankt sich den Aktivitäten von CIMIC (Civil-Military Cooperation) als einem NATO-Konzept, das „wenig mit zivilem Wiederaufbau, aber viel mit dem Versuch, Militäreinsätze ‚erfolgreich‘ zu gestalten, zu tun hat“ (Ute Finckh, „Zeit für Frieden“, S. 165). Ebenfalls unter militärischen Gesichtspunkten wurden die „Provincial Reconstruction Teams“ (PRT) in Afghanistan entwickelt. Ursprünglich von den USA im Rahmen von „Operation Enduring Freedom“ eingeführt, unterstanden die PRT einem Militärkommandeur und sollten für mehr Akzeptanz der militärischen Präsenz der US-Armee sorgen. Seit 2003 wurde das PRT-Konzept auf den ISAF-Einsatz ausgedehnt, wobei für die beiden deutschen PRT in Kundus und Faisabad eine formal gleichberechtigte Zusammenarbeit militärischer und ziviler Strukturen vereinbart wurde (Ute Finckh, ebenda, S. 165). Der neue Begriff „vernetzte Sicherheit“ meint nichts anderes als zivil-militärische Zusammenarbeit und steht für entsprechende Konzepte der Einbeziehung von Hilfsorganisationen in die Arbeit der Militärs.

Mittlerweile schlagen nahezu alle bedeutenden Hilfsorganisationen Alarm und greifen vor allem das verfehlte Konzept der zivil-militärischen Zusammenarbeit an. Jede Art militärisch-ziviler Zusammenarbeit steht bei einer Zuspitzung militärischer Aktionen vor dem Dilemma, dass „die Zusammenarbeit die zivilen Helfer selber in die Nähe einer Kriegspartei (rückt). Sie gefährdet die Sicherheit der Mitarbeiter, macht den Kontakt zur lokalen Bevölkerung schwieriger und kann zu Angriffen auf Projekte führen und damit auch das Leben der Menschen gefährden, die von diesen Projekten profitieren. Die zunehmende Zahl der Angriffe auf zivile Helfer in Afghanistan ist ein Beispiel dafür.“

Zum PRT-Konzept in Afghanistan heißt es in einem Positionspapier des „Verband Entwicklungspolitik deutscher Nicht-Regierungsorganisationen“ (Venro) vom Januar 2009: „Die Arbeit der Hilfsorganisationen in einem Postkonflikt-Land wie Afghanistan beruht vor allem auf der Akzeptanz in der Bevölkerung. Diese Akzeptanz kann nur dann aufrechterhalten werden, solange der Unterschied zwischen militärischen und zivilen Akteuren für die afghanische Bevölkerung erkennbar und nachvollziehbar bleibt. Nach Einschätzung der humanitären Hilfsorganisationen birgt die institutionalisierte Form der zivil-militärischen Zusammenarbeit in Form der PRTs mehr Risiken als Vorteile.“

Die 1985 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Ärzteorganisation IPPNW fordert, die Bundesregierung solle „jegliche Vermengung von zivilem und militärischen Engagement beenden“ (PM v. 8.9.2009). Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Wolfgang Jamann, spricht in diesem Zusammenhang von einem „Sündenfall“ und fordert eine strikte Trennung von Wiederaufbau und Militär (zit. nach Freitag, 26.08.2009).

Forderung: Angesichts der klaren Benennung von Fehlern und Defiziten in der internationalen und deutschen zivil-militärischen Zusammenarbeit muss die  neue Bundesregierung sich endlich mit der Kritik der Nichtregierungsorganisationen an der zivil-militärischen Zusammenarbeit auseinandersetzen und ein realistisches Bild der Gefährdungen der zivilen Akteure akzeptieren.

5.  Kein „Weiter so“ beim „Krieg gegen den Terrorismus“

Al-Qaida war der Grund für die Intervention der Nato in Afghanistan, weil die Terrororganisation von dort aus die Attentate des 11. September 2001 plante. Nach Aussage des Oberkommandierenden der Nato in Afghanistan, des US-Generals McChrystal, hat er „keine Hinweise darauf, dass Al-Qaida derzeit in Afghanistan eine größere Präsenz hat“. Dennoch geht der „Krieg gegen den Terror“ in Afghanistan weiter. Er hat allein im Jahr 2009 vorläufig 1.500 zivile Opfer gefordert. Statt „nation building“ betreiben die USA Terroristenjagd. Das Verheerende militärischer Luftschläge und die von politischen Zielen losgelöste Aufstandsbekämpfung („Counter Insurgency“) haben inzwischen die USA unter Präsident Obama veranlasst, einen Strategiewechsel für Afghanistan zu überdenken.

Der Nato-Oberkommandierende General McChrystal wurde angewiesen, bei Militär-Aktionen primär den Schutz der Zivil-Bevölkerung zu gewährleisten. Obgleich innerhalb der US-Regierung umstritten, setzen die USA in Afghanistan nach wie vor auf Verstärkung von Truppen, die den Aufwand der ebenfalls angekündigten zivilen Hilfe um ein Vielfaches übersteigen wird. Der Friedensnobelpreisträger Barack Obama wird durch Auflösung des Gefangenenlagers in Baghram bei Kabul, das die Haftbedingungen von Guantanamo an Schrecken noch übertreffen soll, und durch Beendigung willkürlicher Verhaftungen Terrorismusverdächtiger und deren Verschleppung in die Hände ausländischer Sicherheitsdienste, die foltern, beweisen müssen, dass der Strategiewechsel hin zur Vertrauensbildung in der moslemischen Welt ernsthaft beschritten wird.

Der Ruf der Deutschen ist in Afghanistan (vorläufig noch) besser als der amerikanische, weil das ISAF-Mandat grundsätzlich Waffeneinsatz nur zur Verteidigung vorsieht. Dieser Ruf wird durch Aktionen wie die jüngste vom deutschen ISAF-Kommandeur in Kundus veranlasste Bombardierung zweier entführter Tanklastzüge mit zahlreichen zivilen Opfern zusehends gefährdet, wenn nicht verspielt. Dadurch werden die Möglichkeiten Deutschlands reduziert, als Vermittler vertrauensbildend tätig zu werden. Es ist absehbar, dass die Bundeswehr weiter in eine ausweglose militärische Gewaltspirale gerät. Anzeichen dafür gibt es zur Genüge: Die Jagd  auf Taliban statt Abwehr von Angriffen, der Einsatz von Tornado-Flugzeugen, Bombardements aus der Luft mit zivilen Opfern. Der Bundeswehroberstleutnant Jürgen Heiducoff, der in Kabul zwei Jahre als militärpolitischer Berater der Bundesregierung tätig war, hat in einem von Monitor zitierten internen Schreiben an Außenminister Steinmeier festgestellt, es wäre „unerträglich, dass unsere Kampftruppen und ISAF inzwischen bewusst Teile der Zivilbevölkerung und damit erhoffte Keime einer Zivilgesellschaft bekämpfen. Westliche Jagdbomber und Kampfhubschrauber verbreiten Angst und Schrecken unter der Zivilbevölkerung. Das müssen die Paschtunen als Terror empfinden.“ Im Schreiben wird vor einer schleichenden, völkerrechtswidrigen Ausweitung des ISAF-Mandats gewarnt: „Das Militär droht sich zu verselbständigen und von den politischen und völkerrechtlichen Vorgaben zu lösen.“  Es wäre Aufgabe der Bundeswehrführung, dafür zu sorgen, dass jeder Soldat und jede Soldatin ein entwickeltes Bewusstsein dafür haben, dass ihre Handlungen im Einsatz jederzeit den Grundsätzen des humanitären Kriegsvölkerrechts entsprechen müssen. Die Geltung von Menschenrechten bezieht sich auf alle am Kriegsgeschehen Beteiligten – Gegner ebenso wie Zivilisten.

6.  Die neue Rolle der Bundeswehr

Die Präsenz und das Vorgehen der Bundeswehr in Afghanistan muß auch im Zusammenhang mit dem Paradigmenwechsel gesehen werden, der von der Politik bei der Umdeutung von Funktion und Aufgabenstellung der deutschen Streitkräfte vorgenommen wurde – und zwar ohne breiten Diskussionsprozess mit einer gegenüber militärischen Optionen kritisch eingestellten Öffentlichkeit. Die Umwidmung der vom Bund nach Art. 87a Grundgesetz aufzustellenden „Streitkräfte zur Verteidigung“, wie dies jahrzehntelang für die Bundesrepublik Deutschland zu Zeiten des Kalten Krieges galt, zu einer „Armee im Einsatz“ weist der Bundeswehr nach deren „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“ vom 24. Oktober 2006 außer der Landesverteidigung auch weltweite Aufgaben zu. Dieser grundlegende Politikwechsel sieht für die deutschen Streitkräfte beispielsweise die Sicherung des Zugangs zu Rohstoffquellen im Ausland und  der Transportwege für diese Rohstoffe nach Deutschland mit militärischen Mitteln vor. Das Weißbuch stellt die Bundeswehr als ein universelles Instrument deutscher Außenpolitik vor. Eine Politik, die sich zur Durchsetzung ihrer außenpolitischen Ziele militärischer Optionen bedienen will, löst sich von dem in Art. 87a des Grundgesetzes beschriebenen Verteidigungsauftrag. Auch wenn es unterschiedliche Auffassungen über die Reichweite des Verteidigungsbegriffes gibt – einen Einsatz der Bundeswehr zur Verfolgung, Durchsetzung und Sicherung ökonomischer oder politischer Interessen schließt er jedoch grundsätzlich aus. Die Geschichte Afghanistans ist anschauliches Beispiel dafür, welchen Schaden dieses Land durch die Indienstnahme für geostrategische Interessenpolitik von Großmächten genommen hat.

Forderung: Beendigung des als „Krieg gegen den Terror“ praktizierten Einsatzes von Flugzeugen und Drohnen mit dem Ziel eines – inzwischen auch von zahlreichen Militärs als illusorisch bezeichneten – militärischen Sieges über die Taliban. Der Schutz der Zivilbevölkerung muß Vorrang vor der Bekämpfung angeblicher oder tatsächlicher Gegner haben.

7. Deutschland als Initiator einer „Konferenz für Frieden und Zusam­me­n­a­r­beit im mittleren Osten“

Bereits in ihrer EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2007 hat die Bundesregierung eine EU-Zentralasienstrategie entwickelt und einen Dialog mit dem Iran zu regionalen Fragen eingeleitet. In Fortsetzung dieser Initiativen kann Deutschland als wichtiger Beteiligter im Afghanistan-Konflikt Motor einer Konferenz sein, die nach Art der KSZE für den Interessen-Ausgleich der Nachbar-Staaten Afghanistans und der in der Region engagierten Staaten wirken. Übergeordnetes Ziel einer solchen Konferenz wäre es, militärische Interventionspolitik zurückzudrängen und zivile Konfliktbearbeitung zur gängigen Praxis werden zu lassen. Vergegenwärtigt man sich die Brisanz des regionalen Konfliktpotentials, so wären diese Ziele alle Anstrengungen wert. In der Region stoßen Atommächte wie Russland, China, Indien, Pakistan und Länder mit nuklearen Ambitionen wie Iran und Irak aufeinander. In der Vergangenheit wurden zahlreiche Regionalkriege geführt – vom Kaschmir-Konflikt zwischen Indien und Pakistan über den ersten Golfkrieg 1980-1988 bis zu den Bürgerkriegen in Tadschikistan (1992-1998) und Usbekistan (1999/2000). 
 
Forderung: Vordringliche außenpolitische Aufgabe der neuen CDU-FDP-Bundesregierung muss es sein, alle Chancen wahrzunehmen,  mit einer „Konferenz für Frieden und Zusammenarbeit im mittleren Osten“  Wegbereiter politisch-diplomatischer Initiativen zu sein, die aus der Sackgasse militärischer Verstrickung in Afghanistan herausführen.

Anhang 1: Der Vertei­di­gungs­be­griff des Art. 51 UN-Charta

Auszug aus Dr. Dieter Deiseroth: Das Friedensgebot des Grundgesetzes – Anspruch und Wirklichkeit nach 60 Jahren. Erweiterte Fassung des Vortrags des Autors zur Tagung „60 Jahre Grundgesetz“ der Gustav-Heinemann-Initiative am 12. Juni 2009 in der „Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte“ im Schloss Rastatt:

„Art. 51 UN-Charta gewährleistet – und begrenzt – für jeden Staat das Recht zur „individuellen“ und zur „kollektiven Selbstverteidigung“ gegen einen „bewaffneten Angriff“ („armed attack“). Er schließt die bewaffnete erbetene Nothilfe etwa im Rahmen der NATO zugunsten eines von einem Dritten angegriffenen Staates und damit auch Einsätze im „NATO-Bündnisfall“ ein, soweit diese nach den Regeln der UN-Charta erfolgen. In jedem Falle darf ein Militäreinsatz eines Staates in Wahrnehmung seines Notwehr- oder Nothilferechts jedoch nach Art. 51 UN-Charta (nur) so lange dauern, „bis der Sicherheitsrat (der UNO) die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat.“ Das gilt damit auch für Einsätze der Bundeswehr „zur Verteidigung“ nach Art. 87a GG.

Der Einsatz der Bundeswehr „zur Verteidigung“ ist mithin ausschließlich in den Grenzen des Art. 51 UN-Charta als Abwehr gegen einen „militärischen Angriff“ erlaubt  jedoch nicht etwa zur Verfolgung, Durchsetzung und Sicherung ökonomischer, politischer oder geostrategischer Interessen. Die Ziele, z.B. Behinderungen beim Zugang zu Bodenschätzen und anderen wichtigen Ressourcen, zu Ölpipelines oder zu Absatzmärkten zu beseitigen oder gar politische und wirtschaftliche Einflusszonen zu schaffen und zu sichern, berechtigen ebenso wenig zu militärischer Gewaltanwendung in Gestalt individueller oder kollektiver Selbstverteidigung wie etwa die Wahrnehmung der wichtigen Aufgabe der Bekämpfung von individueller, organisierter oder terroristischer Kriminalität. Auch wenn es sehr mühsam und schwierig ist, terroristische, also kriminelle Täter zu ermitteln, vor Gericht zu stellen und den Nachweis ihrer individuellen Schuld zu führen, rechtfertigt dies nicht, diese Schwierigkeiten dadurch zu umgehen, dass man stattdessen auf militärische Schläge, so genannte „gezielte Tötungen“ („targeted killing“) oder gar militärische Vergeltungs- und Bestrafungsaktionen setzt.“

Anhang 2: Vorge­schichte und Verlauf der deutschen Beteiligung des Krieges in Afghanistan

Auszug aus dem Artikel von Dr. Ute Finckh „Wie weiter in Afghanistan?“ in: „Zeit für Frieden“. Sozialdemokratische Beiträge zur Friedens- und Sicherheitspolitik, hrsg v. Niels Annen, Ute Finckh, Tim Rohardt u. Burkhard Zimmermann, spw Verlag, Dortmund 2009

  • Am 12. September 2001 verabschiedete der VN-Sicherheitsrat einstimmig eine Resolution, die die Terroranschläge vom 11. September 2001 verurteilte und in diesem Zusammenhang das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der VN-Charta betonte. In einer weiteren Resolution (Nr. 1373 (2001) vom 28. September 2001) wurde dies nochmals bekräftigt und konkretisiert. 
  • Ebenfalls am 12. September 2001 beschloss der NATO-Rat, dass der Bündnisfall nach Artikel 5 des NATO-Vertrags gegeben sei, falls die USA Beweise dafür vorlegen könnten, dass es sich bei den Anschlägen um einen militärischen Angriff handle . Am 4. Oktober 2001 beschloss der NATO-Rat dann, dass die von den USA vorgelegten Beweise ausreichten, um den Bündnisfall zu erklären. 
  • Daraufhin begannen die USA und Großbritannien am 7. Oktober 2001 mit der „Operation Enduring Freedom“ (OEF) in Afghanistan. Die Resolution 1368 (2001) des VN-Sicherheitsrats vom 12. September 2001 wurde als Legitimation für diesen Angriff, der mit dem Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der VN-Charta begründet wurde, herangezogen. 
  • Am 7. November 2001 stellte die Bundesregierung im Bundestag einen Antrag zum „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Artikels 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolution 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen“  In diesem Antrag ging es um eine Beteiligung an OEF, was in Bezug auf Afghanistan der Einsatz von bis zu 100 Soldaten des Kommandos Spezialstreitkräfte (KSK) im Rahmen von OEF bedeutete (andere Teile des Antrags betrafen u.a. den Einsatz der Bundesmarine am Horn von Afrika). Am 16.11.2001 wurde über diesen Antrag namentlich abgestimmt . Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte die Abstimmung mit der Vertrauensfrage verbunden. Das führte dazu, dass sämtliche Abgeordnete der CDU und der FDP, die an sich für eine Beteiligung der Bundeswehr an der OEF eintraten, gegen den Antrag stimmten.
    · Mit den Resolutionen 1378 (2001) vom 14. November 2001 , 1383 (2001) vom 6. Dezember 2001  und 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001 legte der VN-Sicherheitsrat die Grundlagen für die „International Security Assistance Force in Afghanistan“ (ISAF).
  • Am 22. Dezember 2001 folgte dann die Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung zur „Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan auf der Grundlage der Resolutionen 1386 (2001), 1383 (2001) und 1378 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen“ . Diese Abstimmung war nicht mit der Vertrauensfrage verbunden, daher stimmten auch CDU/CSU und FDP fast geschlossen zu. Seitdem wurden jedes Jahr sowohl die deutsche Beteiligung an OEF als auch an ISAF vom Bundestag verlängert. Die Beteiligung an OEF wird nach wie vor mit dem Selbstverteidigungsrecht der USA nach Artikel 51 der VN-Charta begründet, der ISAF-Einsatz wurde bislang jedes Jahr vom VN-Sicherheitsrat um jeweils 12 Monate verlängert (zuletzt mit Resolution 1833 (2008) vom 22. September 2008). 
  • Zunächst war ISAF auf Kabul und Umgebung beschränkt, wurde dann aber sukzessive auf das ganze Land ausgeweitet. Die deutschen Truppen übernahmen hierbei die Verantwortung für die Region Nord. 2003 übernahm die NATO das Kommando der ISAF-Truppen, 2006 wurde ein Großteil der US-Truppen in Afghanistan von OEF- in ISAF-Truppen umgewandelt. 
  • Am 9. März 2007 wurde vom deutschen Bundestag zusätzlich die Entsendung von Tornados zur Unterstützung des ISAF-Einsatzes beschlossen.  Hierbei stimmte in namentlicher Abstimmung eine nennenswerte Anzahl von SPD-Abgeordneten (69) gegen den Antrag, zwei enthielten sich. Der zunächst für 6 Monate beschlossene Tornado-Einsatz wurde im Herbst zusammen mit der Truppenstationierung um ein Jahr verlängert . 
  • Die Übernahme der „Quick Reaction Force“ von Norwegen im Norden Afghanistans zum 1. Juli 2009 wurde im Rahmen des ISAF-Mandats ohne separate Abstimmung im Bundestag geregelt.  Die bisher letzte Abstimmung über die Beteiligung der Bundeswehr am ISAF-Einsatz erfolgte am 16. Oktober 2008, dabei wurde eine Aufstockung des Bundeswehrkontingents auf bis zu 4.500 Soldaten und wiederum die Verlängerung des Tornado-Einsatzes (und der Bereitstellung der „Quick Reaction Force“ im Norden Afghanistans) beschlossen. Abweichend von früheren Abstimmungen wurden wegen der Bundestagswahl am 27. September 2009 das Mandat – vorbehaltlich der Verlängerung des gesamten ISAF-Mandats durch den VN-Sicherheitsrat – nicht für 12, sondern für 14 Monate beschlossen.  Bei der letzten Verlängerung der Beteiligung an OEF wurde Afghanistan nicht mehr als Einsatzgebiet genannt und in der Begründung des Antrags der Bundesregierung ausdrücklich formuliert: „Deutschland beteiligt sich zukünftig nicht mehr an der OEF-Mission auf afghanischem Boden. Mit dem Verzicht auf die Bereitstellung von 100 Spezialkräften im Rahmen der dortigen OEF-Mission zieht die Bundesregierung die Konsequenzen aus der Schwerpunktverlagerung in Afghanistan von OEF hin zu ISAF. Deutschland wird sich zukünftig militärisch in Afghanistan nur noch im Rahmen von ISAF engagieren.“
  • Am 8. Oktober 2009 verlängerte der UN-Sicherheitsrat das Mandat für die von den USA und der Nato gestellte Internationale Sicherheitsbeistandstruppe (ISAF) um weitere zwölf Monate.

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