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Fritz-­Bau­e­r-­Preis für Dieter Schenk. Humanis­ti­sche Union ehrt Publizisten und Polizei­ex­perten

04. November 2002

Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union (HU) verleiht den Fritz-Bauer-Preis für herausragendes Engagement um Demokratie und Bürgerrechte an den Publizisten, Forscher und Polizeiexperten Dieter Schenk.

Der frühere Kriminaldirektor im Bundeskriminalamt Dieter Schenk (geb. 1937) war nach langjährigem Polizeidienst u.a. Berater des Auswärtigen Amtes zur Sicherheit des diplomatischen Dienstes im Ausland. 1989 schied er auf eigenen Antrag aus dem Polizeidienst aus. Als freier Publizist arbeitet er seither zu Themen der Inneren Sicherheit, der Menschenrechte und des Nationalsozialismus und schrieb hierzu Sachbücher, Romane, Jugendbücher, Drehbücher und Hörspiele, Kommentare und Aufsätze. Basierend auf großem Sachwissen und geradezu kriminalistischer Recherche forscht er zum Schwerpunkt Nationalsozialismus und dessen Kontinuitäten bis heute.

Maß gebend für die Entscheidung der HU, Dieter Schenk auszuzeichnen, sind seine Verdienste im Geiste ihres Mitbegründers, des früheren hessischen Generalstaatsanwaltes Dr. Fritz Bauer (1903-1968), sein ausgeprägtes Gespür für und sein entschiedenes Engagement gegen institutionelle und personelle Kontinuitäten zum Nationalsozialismus in der Entwicklung der bundesdeutschen Sicherheitsorgane. Hiermit führt Dieter Schenk ein Anliegen und eine Aufgabe fort, die zentrale Elemente der beruflichen und politischen Existenz Fritz Bauers gewesen sind.

Dieter Schenk hat das BKA im Jahre 1989 wegen unüberbrückbarer Gegensätze verlassen, insbesondere wegen der behördlichen Ignoranz gegenüber Menschenrechtsverletzungen in Folterregimen. In drei Bänden beschrieb er seitdem eine minutiös dokumentierte Geschichte des Bundeskriminalamtes: Dem Tatsachenroman „BKA – Die Reise nach Beirut“. (1990) folgten: „Der Chef – Horst Herold und das BKA“ (1998) und „Auf dem rechten Auge blind – Die braunen Wurzeln des BKA“ (2001) zum Aufbau der Behörde durch Vasallen des NS-Staates. Mit diesen Büchern hat sich Dieter Schenk beim BKA unbeliebt gemacht; trotz Genehmigung durch den Bundesminister des Innern Otto Schily erhielt der Autor keine Akteneinsicht im BKA.

Darüber hinaus erwarb Dieter Schenk große Verdienste um die Förderung der polnisch-deutschen Beziehungen durch die Aufklärung und historische Aufarbeitung des Leides und des Unrechts, das dem polnischen Volk durch den kriminellen NS-Staat und seine Sicherheitsorgane zugefügt worden waren.

Aus dem engen Kontakt Dieter Schenks zu polnischen Archiven und Gewährsleuten entstanden seine Bücher „Die Post von Danzig – Geschichte eines deutschen Justizmordes“ und die hierdurch erreichte Rehabilitation polnischer Widerstandskämpfer vor deutschen Gerichten sowie „Hitlers Mann in Danzig – Gauleiter Forster und die NS-Verbrechen in Danzig-Westpreußen“ (2000). Für seine Aufklärungsarbeit im Interesse der Versöhnung und eines Miteinander beider Länder und Völker wurde er in Polen und in Deutschland mehrfach mit hohen Auszeichnungen geehrt. Seit 1998 ist Schenk Honorarprofessor an der Universität Lodz mit einem Lehrauftrag für Geschichte des Nationalsozialismus. Nach Günter Grass (1997) gewinnt die Humanistische Union in Dieter Schenk einen weiteren Träger des Fritz-Bauer-Preises, mit dem die besonderen Bemühungen und Verdienste um die Verständigung mit dem polnischen Nachbarvolk gewürdigt werden.

Der ideelle Bürgerrechtspreis wird im Gedenken an Dr. Fritz Bauer, den 1968 verstorbenen hessischen Generalstaatsanwalt und Mitbegründer der Humanistischen Union verliehen. Die Reihe der prominenten Preisträger, darunter Gustav Heinemann (1970), Lieselotte Funcke (1990), Regine Hildebrandt (2000) oder die 28 Pazifistinnen und Pazifisten, die gegen den Kriegseinsatz im Kosovo aufgerufen hatten (2001), zeichnet Zivilcourage und unbequemes Eintreten für Gerechtigkeit und Menschlichkeit aus.

Mit der Preisverleihung an Dieter Schenk verspricht sich die HU einen Beitrag gegen die Tendenz einer die Freiheit bedrohenden staatlichen Sicherheitsaufrüstung und zum Wiedererstarken des kritischen Blicks auf die Vorgänge innerhalb der Polizei sowie der sonstigen Organe der inneren und äußeren Sicherheit. Nur ganz wenige „Insider“ wie Dieter Schenk haben einen Blick für die Gefahren und Irrtümer entwickelt, die sich aus solchen Tendenzen für das soziale und freiheitliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft ergeben.

Die Humanistische Union möchte mit der Preisverleihung zugleich die Sensibilität und Wachsamkeit gegenüber den politisch geschürten gesellschaftlichen Sicherheitsbedürfnissen schärfen. Ort und Zeitpunkt der Preisverleihung stehen noch nicht fest; hierzu wird noch gesondert eingeladen.

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